Social Media im Fussball
Facebook-Stars: Dieses Bild gefällt 6,1 Millionen Menschen

Im Fussball werden die Tore auf dem Rasen geschossen. Doch die virtuellen Treffer im Internet sind marketingstrategisch ebenso wichtig. Und der König im World Wide Web ist? Genau: Cristiano Ronaldo.

Thomas Renggli
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Cristiano Ronaldo posiert mit seinem Sohn im Badezimmer: Der private Schnappschuss begeistert weltweit über sechs Millionen Menschen.

Cristiano Ronaldo posiert mit seinem Sohn im Badezimmer: Der private Schnappschuss begeistert weltweit über sechs Millionen Menschen.

facebook.com

Wer ist der beste Fussballer der Gegenwart? Eine Kurzumfrage unter den Ballkünstlern Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und Neymar würde vermutlich drei verschiedene Antworten liefern. Zlatan Ibrahimovic freilich hätte dafür nur ein müdes Lächeln übrig und würde sagen: «Jag är Zlatan» («Ich bin Zlatan»).

Ein Blick in die virtuelle Realität ergibt aber ein klares Bild: Neu-Europameister Cristiano Ronaldo schwebt in einer eigenen Umlaufbahn – mit rund 116 Millionen Fans auf Facebook und 45 Millionen Followern auf Twitter. Trotz Twitter-Verweigerung landet Messi mit rund 87 Millionen Facebook-Fans auf Platz zwei. Dahinter steht Neymar (rund 58 Millionen Fans auf Facebook und 23 Millionen Follower auf Twitter). Der schwedische Lautsprecher Zlatan Ibrahimovic agiert auf dem Parkett der sozialen Medien ähnlich glücklos wie zuletzt an der Euro in Frankreich – gut 25,5 Millionen Facebook-Fans und vier Millionen Follower auf Twitter. Im World Wide Web der Superstars ist Zlatan ein Wasserträger.

Ronaldo wie Shakira

Als Ronaldo im Herbst 2014 der erste Sportler war, der auf Facebook die 100-Millionen-Grenze knackte, war dies dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin «Forbes» eine grosse Schlagzeile wert. Zuvor hatte nur die Popsängerin Shakira diesen Wert überschritten. «Forbes» schrieb über Ronaldo vom «Social Media Superstar». Der Geadelte selber sagte: «Ich bin sehr geehrt, die 100-Millionen-Marke erreicht zu haben. Dieser Wert ist ein Meilenstein in meiner Karriere und erlaubt mir, mich mit allen Fans rund um die Welt zu unterhalten. Die grossartige Unterstützung inspiriert mich und ich danke allen.»

Es ist davon auszugehen, dass dieser Kommentar aus der Feder von Ronaldos Management stammte. Denn seine Berater können am besten abwägen, wie wertvoll die Popularität in der virtuellen Welt für die Sponsorenverträge ist. Verweist Ronaldo auf Facebook oder Twitter auf eine Mitteilung seiner Partner (Nike, Tag Heuer, Emirates oder Samsung), geht das per Mausklick um den Globus. Die Fans allerdings wollen noch lieber hinter die Fassade blicken: Ronaldos populärster Post auf Facebook ist ein Foto mit seinem Sohn. Es generierte 6,1 Millionen «Likes».

Im Kosmos der «Likes» und «Tweets» spielen auch die Schweizer mit. Der hiesige Sportler mit den meisten virtuellen Freunden ist Roger Federer – 14,6 Millionen auf Facebook, 6 Millionen auf Twitter. Doch schon eine Liga tiefer kommt dem gezielten Umgang mit sozialen Medien eine immer wichtigere Rolle zu. Der Bündner Giusep Fry, einer der führenden Schweizer Sportmanager, bezeichnet die Präsenz im Internet kommerziell als «matchentscheidend»: «Es gibt Firmen, die wollen mit einem Sportler mit weniger als 100 000 Facebook- und Twitter-Freunden nicht zusammenarbeiten.»

Mountainbike-Weltmeister (und Fry-Klient) Nino Schurter kann auf den «Support» von 264 000 Facebook-Freunden zählen. Und weil er sich im WWW ähnlich geschickt bewegt wie auf der Rennstrecke und proaktiv auf seine Sponsoren verweist, zahlt sich dies für alle Beteiligten aus. «Viele Partner lassen sich eine gewisse Anzahl Posts vertraglich zusichern», sagt Fry. Zu Schurters Partnern gehört die Tessiner Bank Cornèrcard.

Marketingchef Beat Weidmann bestätigt Frys Aussage: «Wenn eine Interaktion mit den Kunden entsteht, ist das besonders wertvoll. Deshalb platzieren wir oft Wettbewerbe oder Videos auf Facebook oder Instagram.» In konkreten Zahlen kann Weidmann den Wert aber nicht benennen: «Wir transportieren Emotionen und erreichen so potenzielle Kunden auf einer persönlicheren Ebene als mit Inseraten oder TV-Spots – eine Erhebung über die finanzielle Relevanz haben wir aber nicht.»

Im Schweizer Fussball dominiert der FC Basel auch in den sozialen Medien. Mit 1,9 Millionen Facebook-Freunden weist er eine dreimal so grosse Popularität auf wie die neun anderen Super-League-Klubs zusammen. Seit dem 1. Januar beschäftigt der FCB einen Social Media Manager: Simon Walter. «Als grosser Klub kann man es sich nicht erlauben, abseits zu stehen – gerade weil einzelnen Sponsoren die Präsenz auf Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat erwarten», sagt der FCBInternet-Fachmann. Dabei gehen die Ansprüche aber auseinander. Während etwa Adidas in den sozialen Medien sehr offensiv agiert, hält sich Novartis vornehm zurück.

Brachte dem FC Basel viel Popularität in Ägypten: Ex-FCB-Star Mohamed Salah.

Brachte dem FC Basel viel Popularität in Ägypten: Ex-FCB-Star Mohamed Salah.

Keystone

Die Ägypter lieben den FC Basel

Dass die Zusammensetzung der Facebook-Freundschaften einer gewissen Zufälligkeit untersteht, zeigt gerade das Beispiel des FCB. Als der Verein 2012 den Ägypter Mohamed Salah unter Vertrag nahm, stieg die Basler Popularität in Ägypten sprunghaft. Noch heute sind überproportional viele Internet-Freunde des FCB in Kairo und Umgebung zu Hause.

Egal ob Rhein, Nil oder Isar. Hüben wie drüben macht man die Erfahrung, dass ein grosser Freundeskreis im Internet wirtschaftlichen Vorteil verspricht – gerade bei ausländischen Topstars. Spieler wie Mesut Özil von Arsenal oder David Alaba von Bayern verdanken viele ihrer persönlichen Werbeverträge dem Auftritt in den sozialen Medien. So ist es nicht verwunderlich, dass ein Markt für Facebook-Freunde und Twitter-Follower besteht. Die Firma «Social Media Daily» beispielsweise verkauft 1000 Follower (plus je 50 Favorisierungen und Retweets) für 39 Euro. Auch im Internet gilt: Nicht jeder Freund ist ein echter Freund – und Liebe ist auch käuflich.

So hat die beste Facebook-Beziehung ihre menschlichen Grenzen. Können nicht positive Botschaften und Erfolgsmeldungen verbreitet werden, steigt die Gefahr von anonymen Verunglimpfungen und virtuellen Pöbeleien. Doch letztlich gilt überall eine einfache Gleichung: Nur wer im Stadion das Tor trifft, kann auch im Internet jubeln. Denn die virtuelle Welt ist unbarmherzig: Nach dem sportlichen Regen kommt der Shitstorm.