Basketball
Er gab Trump einen Korb: Warum Basketball-Trainer Steve Kerr auch fernab des Spielfeldes begeistert

Coach Steve Kerr könnte die Golden State Warriors zum dritten NBA-Titel in Serie führen. Kerr ist als Trainer ebenso erfolgreich wie einst als Spieler, doch bewundernswert ist er aus einem ganz anderen Grund: Der 52-Jährige macht immer wieder auf soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam - und versetzte einst sogar Präsident Trump.

Nicola Berger
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Erfolgstrainer Steve Kerr nutzt seine Plattform und nimmt kein Blatt vor den Mund.

Erfolgstrainer Steve Kerr nutzt seine Plattform und nimmt kein Blatt vor den Mund.

Keystone

Sollte es mit dem Titel nicht klappen – Kerr wird damit umgehen können. Seit der Ermordung seines Vaters durch islamische Terroristen in den 1980er-Jahren hat sich die Perspektive des Amerikaners auf das Leben verändert.

Steve Kerr war 19, als er seinen Vater verlor. Islamische Terroristen richteten Malcolm Kerr mit zwei Schüssen in den Hinterkopf hin, 1984 in Beirut, im Pulverfass Libanon. Kerr senior, ein belesener, intelligenter Mann mit Doktortitel und differenzierter Weltsicht, hatte dort als Universitätsprofessor gearbeitet, es war sein Traumjob.

Er bezahlte ihn mit dem Leben. Für die Familie Kerr hat das Attentat alles verändert, Steve ist da keine Ausnahme. Doch es ist bemerkenswert, dass die Reaktion nicht aus blindem Hass besteht, in den USA ist das ja oft genug der Reflex.

Ein Vordenker

Steve ist dafür die Antithese. Er sagt, man dürfe nicht den Fehler machen, alle Muslime in einen Topf zu werfen. Er sagt: «Die meisten Muslime sind friedliebende Menschen. Das gilt allgemein für die Mehrheit der Menschen.»

In den vier grossen US-Profiligen ist Kerr einer der smartesten, progressivsten Vordenker, eine besonnene liberale Stimme der Toleranz, ein Mann, der sich nicht zu schade ist, auf soziale Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen.

In einem Gastbeitrag für «Sports Illustrated» forderte er Präsident Trump auf, endlich damit aufzuhören, die Gesellschaft zu spalten. Und in einem Interview kritisierte er Trump nach einem Schulmassaker dafür, «dass es ihm wohl egal sei, wenn mit Waffen Kinder ermordet würden», weil der Präsident sich weigert, die Gesetze zu verschärfen.

Seine Plattform genutzt

Nach dem Meistertitel von 2017 wurden Kerr und die Warriors von Trump ins Weisse Haus eingeladen, so ist die Tradition. Die Warriors sagten ab – und besuchten stattdessen mit einer Schulklasse das nationale Museum für afroamerikanische Geschichte.

Trump wird die Kritik aus Oakland mässig interessiert haben, es gibt bei ihm ja eine gewisse Beratungsresistenz, doch es ehrt Kerr, dass er die Plattform als aktuell erfolgreichster Coach der NBA aktiv nutzt.

Er passt damit sehr gut zu den Warriors, deren Präsident Rick Welts offen zu seiner Homosexualität steht, was im US-Profisport noch immer rar ist. Gerade schickt sich Kerr an, Golden State, dieses unverschämt talentierte Dream Team in seiner fünften Saison zum vierten Titel zu führen, dem dritten in Folge.

Perspektive auf die Welt verändert

Kaum jemand hätte es für möglich gehalten, doch Kerr, 52, ist als Coach ebenso erfolgreich wie einst als Spieler; zu Aktivzeiten war er fünfmal NBA-Champion geworden. Es hört sich bizarr an, doch die Ermordung seines Vaters spielt dabei offenbar eine zentrale Rolle.

Vertraute Kerrs sagen, seine Perspektive auf die Welt habe sich an jenem Tag verändert, es liege ihm fern, die Bedeutung des Sports zu überhöhen – ein Fehler, den viele begehen, seit der Sport der Moderne zum Milliardengeschäft auswuchs. Kerr war ein ungewöhnlicher Spieler – und er ist es auch als Coach