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Das Schweizer WM-Team steht fest. Und das sind die Gewinner, Verlierer, Pechvögel und die Perspektiven des Kaders. Wenige Plätze lässt Patrick Fischer auch dieses Jahr wieder für die NHL-Spieler offen.
Am Mittwoch reist die Schweizer Eishockey-WM-Delegation in die slowakische Hauptstadt Bratislava. Dazu gehören 25 Spieler, die seit Samstagabend feststehen. Nach dem 2:0-Sieg im zweiten Testspiel gegen Lettland benannte Nationaltrainer Patrick Fischer seinen definitiven WM-Kader. Vom Silber-Team des vergangenen Jahres sind noch 14 Spieler dabei.
Die prominentesten Abwesenden sind sicher die beiden NHL-Stürmer Nino Niederreiter und Timo Meier, die zu den offensiven Triebfedern der letztjährigen Auswahl gehörten. Ihre Wucht und physische Präsenz werden vor allem in der Vorwärtsbewegung fehlen. «Dafür sind wir noch schneller. Mit unserem Speed sind wir für jeden Gegner gefährlich», umschreibt Nationaltrainer Patrick Fischer die Hauptqualität seiner WM-Truppe.
Grosse Zweifel gab es angesichts ihrer Leistungen eigentlich nicht. Dennoch bestand wegen ihres jugendlichen Alters noch eine gewisse Unsicherheit, ob Verteidiger Janis Moser (18) und Center Philipp Kuraschew (19) den Sprung in den WM-Kader tatsächlich schaffen würden.
Nun: die beiden Teenager sammelten auch in den Länderspielen gegen Lettland genügend Pluspunkte, um allfällige Restzweifel zu vertreiben. Moser überzeugte an der Seite von Captain Raphael Diaz einmal mehr mit seiner unaufgeregten, fast fehlerfreien Spielweise. Der Bieler strahlt für einen 18-Jährigen eine bemerkenswerte Ruhe auf dem Eis aus.
Kuraschew ist mit seiner Pucksicherheit und seinem Spielwitz eine Bereicherung für die Schweizer Auswahl. Er behauptete sich auch gegen die physisch starken Letten in den Zweikämpfen. Insgesamt stehen fünf WM-Neulinge im Team. Neben Moser und Kuraschew sind das Alessio Bertaggia (Lugano), Christophe Bertschy (Bern) und Nico Hischier (New Jersey).
Ein WM-Neuling wäre auch Marco Müller gewesen. Der Center des Ambri-Piotta, der zusammen mit Dominic Zwerger und Dominik Kubalik in der vergangenen Saison eine der besten Sturmlinien der National League bildete, hatte sein WM-Ticket vor dem letzten Vorbereitungswochenende eigentlich schon so gut wie sicher in der Tasche.
Doch dann avancierte der polyvalent einsetzbare Solothurner zum grossen Pechvogel. Bereits im ersten Einsatz des Freitagsspiels gegen Lettland (4:1) wurde er von einem gegnerischen Schuss am Finger getroffen. Der 25-Jährige spielte die Partie zwar zu Ende, doch danach war klar: Der Finger ist gebrochen. Und damit auch die WM-Träume Müllers dahin.
«So ist der Sport. Damit muss ich leben», nahm er den unglücklichen Lauf der Dinge mit Fassung. Auch er weiss: Wenn er seine eindrücklichen Leistungen bestätigen kann, dann ist er im Hinblick auf die Heim-WM 2020 wieder ein ernsthafter Kandidat für das Nationalteam.
Für Denis Hollenstein endete die Eishockey-Saison ebenfalls am Samstagabend in der Garderobe in Weinfelden. Der Stürmer der ZSC Lions gehörte zusammen mit Marco Müller und den beiden Verteidigern Samuel Kreis (Biel) und Andrea Glauser (Langnau) zu den letzten vier Spielern, die aus dem Team gestrichen wurden.
Es gab gewisse Indizien, die darauf hindeuteten, dass es für den Routinier eng werden könnte. Dass er schliesslich den Kürzeren zog, lässt tief blicken. Für den sechsfachen WM-Teilnehmer Hollenstein geht damit ein weiteres Seuchen-Jahr zu Ende. Vor zwölf Monaten hatte der 29-Jährige nach dem Abstieg mit den Kloten Flyers keinen Platz mehr im Schweizer WM-Team gefunden. Heuer verpasste er mit den ZSC Lions die Playoffs – und jetzt auch noch die Weltmeisterschaft.
Bis zum WM-Auftakt am kommenden Samstag gegen Italien (12.15 Uhr) wird Patrick Fischer wohl 22 oder 23 seiner insgesamt 25 WM-Slots vergeben bzw. diese Anzahl Spieler für das Turnier registrieren. Damit hält er sich die Möglichkeit offen, die Mannschaft mit Spielern aus Nordamerika zu verstärken.
Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Akteure: Einerseits Verteidiger Dean Kukan, der in der Nacht auf Sonntag zwar sein erstes NHL-Tor erzielte, mit seinen Columbus Blue Jackets aber 3:4 in Boston verlor und somit nur noch eine Niederlage vom Ausscheiden entfernt ist. In der Nacht auf Dienstag steht Spiel sechs auf dem Programm.
Theoretisch könnte Kukan im Fall einer weiteren Niederlage rechtzeitig zum WM-Auftakt in Bratislava sein. Patrick Fischer würde den 25-Jährigen, der in den letzten Monaten enorme Fortschritte gemacht hat und bei den Blue Jackets zum Leistungsträger avancierte, mit Handkuss nehmen.
Dasselbe gilt für Stürmer Sven Andrighetto, der mit den Colorado Avalanche nach der 1:2-Niederlage in San Jose ebenfalls nur noch einen Schritt vom Playoff-Out entfernt ist. Beim 26-Jährigen, der in Denver zuletzt einen schweren Stand hatte und nur noch punktuell zum Einsatz kam, bestehen aber noch offene Fragen betreffend seiner Zukunft.
Sein Vertrag mit Colorado läuft aus. Es sieht jedoch danach aus, dass er sich mit einer guten WM gerne für weitere Aufgaben in der NHL (oder in der russisch geprägten KHL) empfehlen möchte. Kein Thema ist Luca Sbisa, der bei den New York Islanders eine schwierige Saison erlebte. Der Verteidiger steht vor einer ungewissen Zukunft. Gut möglich, dass seine NHL-Karriere zu Ende gegangen ist.