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Was für ein Drama für die Schweizer Hockeynati! An der WM in der Slowakei verlieren die Schweizer ihren Viertelfinal gegen Kanada 2:3 nach Verlängerung. Den 2:2-Ausgleich erzielten die Kanadier mickrige 0,4 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit.
Ein Schweizer Spieler nach dem anderen schleicht durch die Mixed-Zone der Steel-Arena in Kosice. Den Blick nach unten gesenkt. Reden will man nach so einem Spiel lieber nicht. Und doch muss einer nach dem anderen den wartenden Journalisten Auskunft geben. Den meisten stehen die Tränen zuvorderst in den Augen.
Und sie ringen allesamt nach Worten, um zu erklären, was eigentlich gar nicht erklärbar ist: Eine Niederlage, nachdem man 0,4 Sekunden vor Schluss der regulären Spielzeit noch mit 2:1 geführt hatte, die Halbfinal-Qualifikation eigentlich schon perfekt war, ein paar Spieler auf der Bank bereits jubelten.
Wie hatte es so weit kommen können? Gaetan Haas hatte die Chance, den Puck entscheidend aus dem Schweizer Drittel hinauszubefördern, zögerte aber einen Hauch zu lange. Die Scheibe kam an die blaue Linie zum kanadischen Verteidiger Damon Severson. Der zog ab, sah seinen Schuss aber von Simon Moser geblockt.
Doch der Puck kam erneut auf die Schaufel von Severson, der wieder schoss. Diesmal fand das Spielgerät den Weg durch eine Vielzahl von Körpern hindurch zum Schweizer Tor, am starken Goalie Leonardo Genoni vorbei und trudelte irgendwie über die Linie. Fast gleichzeitig ertönte im Stadion die Schlusssirene, was die Schiedsrichter dazu veranlasste, sich die Bilder nochmals anzusehen. Und dort war dann klar ersichtlich: Die Uhr blieb bei 0,4 Sekunden stehen, als der Puck vollumfänglich im Tor war. Das 2:2 zählte.
Severson cuts it close, tying the game with 0.4 seconds left for @HC_Men #CANSUI #IIHFWorlds
— IIHF (@IIHFHockey) 23. Mai 2019
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Dass die Kanadier das Spiel am Ende in der Verlängerung zu ihren Gunsten entschieden, entsprach irgendwie der Logik. Man sah es kommen. Die Schweizer rappelten sich zwar wieder auf. Aber man spürte: Die letzte Überzeugung fehlt. Mark Stone, der beste Spieler der Ahornblätter, schloss einen Konter schliesslich kaltblütig ab. 3:2 für Kanada. Aus, vorbei, Ende.
.@18Dubois to @MStoner61, and @HC_Men are off to the semifinals! #CANSUI #IIHFWorlds
— IIHF (@IIHFHockey) 23. Mai 2019
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Kehren wir zurück in die Mixed-Zone: Wie soll man so eine Niederlage erklären? Andres Ambühl, der mit diesem Viertelfinal Mathias Seger als Schweizer WM-Rekordspieler (es war sein 107. WM-Spiel) ablöste, sagt: «Es hat so wenig gefehlt, um auf der lachenden Seite zu sein. Jetzt bist du auf der anderen Seite.» Oder Roman Josi: «Das ist unglaublich bitter. Aber ich bin stolz auf die Mannschaft, wir sind immer unseren Weg gegangen. Ganz zum Schluss hat es halt nicht ganz gereicht.»
Oder Simon Moser: «Wir hatten den Gameplan perfekt umgesetzt, haben unsere Chancen im Powerplay zweimal genutzt. Wenn dies dann um 0,4 Sekunden nicht reicht, dann ist das einfach nur bitter. Manchmal ist alles eng beieinander. Vielleicht ist das Glück, das wir vor einem Jahr hatten, nun einfach aufgebraucht gewesen. Im Moment überwiegt der Frust, aber ich bin stolz, Teil einer so talentierten und hungrigen Mannschaft zu sein.
Captain Raphael Diaz vermutet sogar, dass irgendwo eine versteckte Kamera platziert gewesen sein muss und irgendwer sich einen schlechten Scherz erlaubt hat: «So am Schluss den Ausgleich zu kassieren, ist unglaublich bitter. Aber was willst du machen? Es ist eine Hundertstel-Entscheidung, fast wie beim Skifahren. Wir können aber wirklich stolz sein, auf unsere Leistung. Wir wissen, dass wir mit den besten Teams mithalten können. Aber es tut extrem weh.»
Ja, die Schmerzen, die die gebrochenen Herzen verursachen, werden die Schweizer Spieler in ihre Ferien, die jetzt beginnen, wohl noch eine Weile begleiten.
Kosice. - 7440 Zuschauer. - SR Frano/Rantala (CZE/FIN), Lhotsky/Sormunen (CZE/FIN). - Tore: 19. Andrighetto (Diaz, Fiala/Ausschluss McCann) 0:1. 26. Stone (Fabbro, Dubois) 1:1. 40. (39:57) Hischier (Martschini, Niederreiter/Ausschluss Marchessault) 1:2. 60. (59:59) Severson (Stone) 2:2. 66. (65.07) Stone (Dubois, Theodore) 3:2. - Strafen: 3mal 2 Minuten gegen Kanada, 1mal 2 Minuten gegen die Schweiz.
Kanada: Murray; Fabbro, Theodore; Severson, Nurse; Stecher, Chabot; Myers; Jost, Turris, McCann; Stone, Dubois, Marchessault; Reinhart, Couturier, Cirelli; Joseph, Strome, Henrique.
Schweiz: Genoni; Frick, Fora; Loeffel, Genazzi; Diaz, Josi; Ambühl, Bertschy, Simon Moser; Fiala, Hischier, Niederreiter; Andrighetto, Haas, Hofmann; Martschini, Kuraschew, Scherwey; Praplan.
Bemerkungen: Kanada ohne Mantha (gesperrt), Schweiz ohne Weber und Janis Moser (beide verletzt), Berra (Ersatzgoalie), Mayer (überzähliger Torhüter) und Bertaggia (nicht gemeldet). - Timeouts: Kanada (59:07); Schweiz (57.). - Lattenschuss Marchessault (22.). - Schüsse: Kanada 36 (12-7-17); Schweiz 20 (5-9-6). - Powerplay-Ausbeute: Kanada 0/1; Schweiz 2/3.