Startseite
Sport
Eishockey
Zum 12. Mal seit Einführung der NLA-Playoffs sind die Top 4 der Regular Season in den Halbfinals unter sich. Titelverteidiger ZSC trifft auf Quali-Sieger Fribourg, Bern (2.) tritt gegen Zug (3.) an.
Fribourg: Hans Kossmann – Der Bandengeneral
Hans Kossmann (51) ist Gottérons erster Bandengeneral seit Aufstiegstrainer Gaston Pelletier (1980). Der kanadisch-schweizerische Doppelbürger hat als Stürmer in der 2. Liga bei Küssnacht am Rigi angefangen und machte eine respektable NLB-Karriere.
Als Trainer jobbte er in der NLB, ehe er während sieben Jahre in Genf bei Chris McSorley in die «Offiziersschule» ging, sich zum «Bandengeneral» ausbilden liess und bei Larry Huras als meisterlicher Assistent 2010 beim SCB auch noch die Kunst des Gewinnens erlernte.
Er ist ein Diktator im Schafspelz der Selbstironie.
Er hat die Aufgabe, seinen spielerischen Schillerfaltern den Formationsflug und seinen welschen Fröschen das Beissen beizubringen. Er hat bei Chris McSorley gelernt, dass es mit «Chüderlen» im Welschland nicht funktioniert.
Und bei Larry Huras die meisterliche Kraft einer guten Taktik und Spielorganisation erlebt. Und so versucht er in Fribourg die welsche Weichheit durch einen autoritären Führungsstil in eine Winner-Mentalität zu verwandeln.
Er sucht, anders als alle seine Vorgänger seit Gaston Pelletier, nicht den politischen Rückhalt der Mächtigen von Gottéron. Er hat genug Selbstvertrauen, um sich nur auf die Resultate zu verlassen.
Die Mächtigen von Gottéron haben Hans Kossmann alle Macht (Doppelmandat Trainer/Sportchef) übertragen und erhoffen sich von ihm, dass er Fribourg endlich den ersten Titel beschert.
Bisher ist Gottéron erst das beste Team, das nie Meister geworden ist (mit Bykow und Chomutow dreimal im Finale). Als Qualifikationssieger ist Gottéron durchs Viertelfinale gegen Biel gestolpert und getaumelt - aber nicht gestürzt.
Ein Ausscheiden hätte ihn den Job gekostet. Jetzt geht ein Bubentraum in Erfüllung: Er darf gegen einen Stanley Cup-Sieger coachen. Als Crawford 1996 mit Colorado den NHL-Titel holte, war Kossmann in Ajoie in der NLB zum ersten Mal in seiner Karriere Cheftrainer. (kza)
ZSC: Marc Crawford – Der Strippenzieher
Marc Crawford (52) ist ein passionierter Kinogänger. Es kann vorkommen, dass man ihn mehrmals pro Woche in einem der unzähligen Zürcher Lichtspiele antrifft. Zeit, seinem Hobby zu frönen, hat er momentan allerdings nicht.
Während der Playoffs dreht sich der einzige Film, der in Crawfords Kopf abläuft, nur um eines: Eishockey.
Die Viertelfinalserie gegen den HC Davos war - um sich ein paar Genres aus der Filmwelt zu bedienen - Krimi, Thriller und Heldenepos in einem - mit einem Happy End für die ZSC Lions.
Marc Crawford war der Strippenzieher, der seine Mannschaft aus einer schier aussichtslosen Rücklage (1:3-Siege) doch noch in den Halbfinal coachte.
Er behielt auch in dem Augenblick, als der Plot eine schlechte Wendung zu nehmen drohte, nicht die Übersicht und nahm die richtigen Korrekturen bei seinen Darstellern, den Spielern, vor.
Es zeichnet einen guten Trainer aus, dass er im entscheidenden Augenblick weiss, an welchen Leuten er festhalten und welche er auswechseln muss. Bestes Beispiel:
Der finnische Turm Mikko Lehtonen machte in den ersten Playoff-Partien einen ganz schlechten Eindruck in der Linie mit Roman Wick und Ryan Shannon.
Crawford reagiert und stellte den Finnen in die vierte Sturmreihe, beliess in jedoch im Powerplay, wo er mit seiner Statur vor dem gegnerischen Goalie für Verwirrung sorgen sollte. Und genau das tat er auch. Sein Treffer zum 1:0 im siebten Spiel gegen den HCD war exemplarisch.
Der coole Marc Crawford wirkt wie ein Gegenentwurf zum letztjährigen ZSC-Meistertrainer, dem zappeligen Bob Hartley.
Während Hartley seinen Spielern den Weg zum Titel mit eiserner Disziplin wies, ist Crawford in dieser Beziehung eher ein Freigeist. Er lässt seinen «Schauspielern» Raum für Improvisation, lässt sie ihre Rolle kreativer interpretieren. Ob das auch zum Happy End gegen Fribourg reicht? (ku)
SC Bern: Antti Törmänen – Der Ehrgeizige
Die finnischen Trainer beim SCB sind bunte Vögel. Da war der clowneske Olli Hietanen, der den Aufstieg 1996 nur am grünen Tisch schaffte.
Sein Nachfolger war der introvertierte Timo Lahtinen, der im Spätherbst 1987 gefeuert wurde.
Später kam der «verrückte Hund» Hannu Jortikka. Er bekam von einer Spieler-Freundin Prügel mit der Handtasche und im Viertelfinale war Sendeschluss. Der freundlichen Zigarillo-Liebhaber Pekka Rautakallio kam auch nicht über das Halbfinale hinaus.
Der bunteste von allen war Alpo Suhonen. Theaterdirektor, Weinliebhaber und Hockey-Weltreisender.
Er schrieb Geschichte, als er mit dem SCB der erste Trainer der Geschichte im Viertelfinale den Qualifikationssieger kippte (2005, Lugano). Auch er blieb im Halbfinale stecken. Sie alle haben in Bern einen Mythos kreiert: Mit Finnen kann man nicht gewinnen.
Und nun also Antti Törmänen (42). Auch er hat noch nicht gewonnen. Aber immerhin ist er der erste Final-Finne beim SCB. Törmänen war ein grosser Spieler.
Der Stürmer gehörte 1995 zu Finnlands erstem WM-Team und geniesst ewigen Ruhm. Er setzt, wie die meisten Skandinavier, als Chef auf die Eigenverantwortung der Spieler. Von allen bisherigen SCB-Finnen ist er der ehrgeizigste. Ohne Charisma zwar.
Aber seine emotionale Intelligenz hat ihm den Job beschert: SCB-General Marc Lüthi war von den persönlichen Begegnungen mit dem «gschpürigen» Assistenten so beeindruckt, dass er ihn im Herbst 2011 nach einer Niederlage gegen den ZSC zum Chef beförderte und Trainer Larry Huras feuerte. Eine Blitzkarriere.
Törmänen war erfolgreich als Juniorentrainer und in der 2. finnischen Liga. Aber erst ein Zauberlehrling in der NLA, als er im Sommer 2011 nach Bern kam.
Er steht mitten in einem Lernprozess. Im letzten Frühjahr liess er sich von ZSC-Trainer Bob Hartley im Finale noch auscoachen. Vielleicht kann der SCB mit Finnen doch einmal etwas gewinnen. (ku)
EV Zug: Doug Shedden – Der Unterschätzte
Fünf Mal in Folge hat sich der EV Zug nun bereits für die Playoff-Halbfinals qualifiziert. Flasche voll?
Vor der Serie gegen Bern lautet die Bilanz von Coach Doug Shedden in der Vorschlussrunde: 2 zu 16 Siege. Flasche leer? Wahrscheinlich ist die Flasche ganz einfach halb voll.
Denn die Konstanz fünf Mal in Folge unter die besten vier Teams vorzustossen, hat der EVZ exklusiv. Bloss können sich die Zuger davon wenig kaufen. Vom Titelgewinn waren sie stets ein ganzes Stück entfernt.
Und doch gebührt Trainer Shedden Kredit. Der Kanadier gilt in der Liga ja in erster Linie als Querkopf mit Hang zu Tobsuchtsanfällen. Zusammen mit seinem für die Defensive zuständigen Assistenten Waltteri Immonen bildet er jedoch auch eines der meistunterschätzten Trainerduos im Lande.
Die Eishockey-Lehrer haben die Erwartungen in Zug stets übertroffen - sieht man einmal von der missratenen Qualifikation im ersten Jahr (Platz 8) ab. Shedden ist stets in den Halbfinal vorgestossen, und damit auch Opfer seines eigenen Erfolgs geworden.
In den letzten Jahren sind zahlreiche Abgänge nicht kompensiert worden; das Team müsste billiger werden. Dass der grosse Absturz auch nach dem Weggang von Damien Brunner (Detroit/NHL) ausgeblieben ist, überrascht sogar Shedden.
Er sagt: «Wenn man mir vor der Saison angeboten hätte, dass wir es in den Halbfinal schaffen, hätte ich begeistert eingeschlagen.»
Da steht Shedden nun - und muss gegen Bern auf ein Wunder hoffen. Die Zuzüge Reto Suri (7 Playoff-Treffer) und Lino Martschini (30 Skorerpunkte in der Qualifikation) haben sich prächtig entwickelt, was Shedden auch sich selber zuschreiben darf.
Der frühere NHL-Angreifer fordert bisweilen viel von seinen Schützlingen. Liga-Topskorer Linus Omark etwa bekannte: «Er ist auch dann nicht zufrieden, wenn ich skore. Aber mich motiviert das, er sorgt dafür, dass wir hungrig bleiben.» (nbe)