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Denis Hollensteins Wechsel zu den ZSC Lions ist endlich offiziell – in Kloten bemüht man sich um Normalität.
Äusserlich ist nicht zu erkennen, ob er jetzt erleichtert ist oder nicht. Und wenn man ihn fragt, dann kommt die Antwort ebenso verklausuliert. Selbst nach der Offizialisierung seines Transfers vom EHC Kloten zu den ZSC Lions, wo er ab der kommenden Saison einen Fünfjahresvertrag besitzt, tut Denis Hollenstein so, als sei sein Wechsel von seinem Stammklub zum Erzrivalen das Normalste der Welt. «So ist das Business», sagt er schulterzuckend.
Ob denn sein Kloten-Herz nicht blute? Schon, aber er wolle sich sportlich neu orientieren. Die Lions seien eine höchst professionelle Organisation. Transfers wie den seinen gebe es immer wieder, bemerkt der 28-Jährige emotionslos und mit Pokerface. Ob er denn nicht den Zorn des Klotener Publikums fürchte?
Hollenstein wiegelt ab und erinnert an andere Sportlegenden, die zum verhassten Rivalen gewechselt sind. Er nennt Portugals Fussballstar Luis Figo als Beispiel, der einst von Barcelona zu Real Madrid überlief. Ein etwas kurioser Vergleich. Denn wir erinnern uns: Bei Figos Rückkehr mit Real nach Barcelona flog aus den Zuschauerrängen unter anderem ein Schweinekopf vor die Füsse des «Verräters».
Ein ähnliches Schicksal dürfte Hollenstein erspart bleiben, wenn er in der kommenden Saison zum ersten Mal im Dress der ZSC Lions in der Swiss Arena auflaufen wird. Auch wenn es in den Reihen der Kloten-Anhänger sicher einige Leute gibt, die ihrem Captain und Aushängeschild den Transfer übelnehmen, so ist man in der Flughafenstadt realistisch genug, um auch genügend Verständnis aufzubringen.
Die Perspektiven beim sportlich erodierenden EHCK werden sicher nicht besser. Neben Hollenstein werden den Verein mit Vincent Praplan (wechselt mit grosser Wahrscheinlichkeit nach Nordamerika) und Daniele Grassi (Bern) zwei weitere Schweizer Leistungsträger verlassen.
Sowieso: Die Konzentration bei den Fliegern gilt einzig und allein der Gegenwart. Die aktuelle sportliche Situation ist schwierig genug. Die Mannschaft steht auf dem letzten Tabellenplatz. Die Playoff-Ränge sind bereits weit entfernt. So, wie die Saison bisher gelaufen ist, dürfte der Klassenerhalt das höchste der Gefühle sein.
Entsprechend bemühen sich die Hauptdarsteller auch am Tag des Transfers, den Blick aufs Wesentliche zu lenken. Denis Hollenstein betont, dass es jetzt nur noch darum gehe, «so viele Punkte wie möglich zu sammeln», und flüchtet sich in die Welt der Sportfloskeln («voller Einsatz», «Systemtreue» etc.).
Klotens Headcoach Kevin Schläpfer nimmt den Verlust seines mit Abstand wichtigsten Schweizer Spielers derweil betont gelassen zur Kenntnis. «Mich hat das alles nicht beeinflusst in meiner Arbeit.» Schläpfer mochte der Transfer-Seifenoper um seinen Captain denn auch keine grössere Bedeutung zumessen: «Das gehört doch zum Geschäft. Spieler, die mit so einer Situation nicht umgehen können, sind mental schwach. Das ist Jammerzeugs. Das sind Ausreden.»
Kevin Schläpfer machte noch einmal deutlich, dass er den Verlust seines Schlüsselspielers natürlich bedaure. «Wir wollten ihn behalten, das ist klar. Aber was soll ich machen? Es nützt nichts, wenn ich jammere. Ich muss meinen Job auch in Zukunft mit vollem Einsatz machen – unter allen Umständen.»
Der Baselbieter ist ein Berufsoptimist und sieht durchaus Möglichkeiten, die Lücke, die Denis Hollenstein hinterlassen wird, zu schliessen. «Wir haben die Möglichkeit, in der kommenden Saison von Anfang an mit vier Ausländern zu spielen. Darum können wir seinen Abgang sicher kompensieren.» Und Schläpfer fügt an: «Nächstes Jahr macht mir weniger Sorgen als die aktuelle Saison.»
Die Suche nach einem vierten Ausländer, der die Mannschaft im aktuellen, sportlichen Überlebenskampf unterstützt, gestaltet sich weiterhin als schwierig. Der Markt ist ausgetrocknet und das Portemonnaie nur bedingt gefüllt. Immerhin durften die Klotener im Hinblick auf die kommende Saison am Tag der Bekanntgabe von Hollensteins Abgang auch noch eine positive Neuigkeit vermelden.
Mit Timo Helbling stösst im nächsten Sommer aus Zug ein gestandener Verteidiger zu den Fliegern. Er wird zumindest mit seiner Härte einen Bruchteil des Gesamtpakets Denis Hollenstein ersetzen. Mehr aber auch nicht.