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Der 250-fache Nationalspieler Andres Ambühl (35) macht beim HC Davos die sportlich schwierigste Phase seiner Karriere durch. Im Kreis der Schweizer Nationalmannschaft hofft er auf belebende Impulse.
In wenigen Tagen geht das Jahr 2018 zu Ende. Es ist die Zeit, in welcher man seine persönliche Jahresbilanz zu ziehen pflegt. Im Fall von Andres Ambühl fällt die sportliche Auslegeordnung der vergangenen zwölf Monate nicht sehr erfreulich aus. Sie sieht – in aller Kürze und in chronologischer Reihenfolge – folgendermassen aus: Verlorener Cupfinal mit Davos (2:7 gegen den damaligen B-Ligisten Rapperswil). Enttäuschendes Achtelfinal-Out mit der Schweizer Nationalmannschaft an den Olympischen Spielen in Pyeongchang. Viertelfinal-Out in den Playoffs mit dem HCD (gegen Biel), kombiniert mit einer schweren Fussverletzung. Dadurch das Verpassen der WM in Kopenhagen (nach 14 Teilnahmen in Serie!) und somit auch des Gewinns der Schweizer Silbermedaille. In der neuen Saison sportlicher Kriechgang mit Davos (nur sieben Siege in 25 Spielen, Tabellenplatz 11). Der Rücktritt von Kult-Trainer Arno Del Curto. Mit vier Toren und sechs Assists in 25 Spielen punkto Skorerwerten bei Halbzeit der Qualifikation auf Karriere-Minusrekordkurs.
Es hat sich also eine ganze Menge angesammelt beim 35-Jährigen, der seit weit über einem Jahrzehnt zu den zuverlässigsten Werten im Schweizer Eishockey gehört. Dass er in dieser Woche trotzdem zum Aufgebot der Nationalmannschaft im Rahmen des Lucerne-Cups gehört, spricht für sich. Auch ein Andres Ambühl, der mit sich und seiner Form kämpft, ist offensichtlich immer noch ein unverzichtbarer Bestandteil der Auswahl von Nationaltrainer Patrick Fischer. Es gibt eben nur wenige Spieler in der Schweiz, die mit einer vergleichbaren Energie und Intensität auf dem Eis zu Werke gehen.
Aber eben: Die Nationalmannschaft holte im Mai WM-Silber ohne das «Perpetuum mobile» aus Davos. Trotz seiner 250 Länderspiele und 14 WM-Teilnahmen muss sich Andres Ambühl wieder für höhere Aufgaben im Kreis der «Nati» empfehlen. Die Konkurrenz ist sicher nicht kleiner geworden. Er sagt: «Ich hatte noch nie das Gefühl, dass ich einfach so dazugehöre. Das war nie eine Selbstverständlichkeit für mich. Jeder Spieler muss sich immer wieder von neuem beweisen. Am Ende ist es ganz simpel: Wenn man seine Leistung zeigt und der Nationaltrainer zufrieden ist, ist man dabei. Sonst eben nicht.»
Es gehört zu den bemerkenswerten Eigenschaften des Bergbauern-Sohns, dass man ihm emotionale Schwankungen gegen aussen kaum anmerkt. Immer wieder huscht dieses lausbübische Grinsen mit der prägnanten Zahnlücke über sein Gesicht, wenn er spricht. Tiefe Einblicke in sein Seelenleben gewährt er nicht. Das würde auch nicht seiner Mentalität entsprechen. Darum nimmt man es Andres Ambühl ab, wenn er erzählt, dass er sich unabhängig vom Erfolg im Klub jedes Mal darauf freut, wenn er in den Kreis der Nationalmannschaft kommt. «Es tut so oder so gut, wenn man sich nach ein paar Wochen wieder mal in einem anderen Umfeld bewegen kann. Man kann den Kopf durchlüften und an andere Sachen denken.»
Immerhin: eine gewisse Nachdenklichkeit ist bei Ambühl feststellbar. Auf die komplizierte Situation beim HC Davos angesprochen, sagt er, der von seinem Ex-Trainer Arno Del Curto gegen seinen Willen zwischenzeitlich sogar als Verteidiger eingesetzt wurde: «Es ist nicht einfach. Der Grat zwischen Glück und Pech ist oft schmal. Und es ist sicher so, dass man sich eher mehr Gedanken macht, wenn es nicht so läuft wie gewohnt. Wichtig ist aber, dass man ein gesundes Mass findet. Wenn man zu viel überlegt, ist das sicher nicht hilfreich für die eigene Leistung.»
Klar ist: Andres Ambühl möchte seinen Teil dazu beitragen, dass sich die Schweizer Nationalmannschaft bei ihrem Heimturnier in Luzern von ihrer besten Seite präsentiert: «Man gibt Vollgas, will ein gutes Turnier spielen und hofft darauf, dass man die positiven Gefühle wieder mit in den Klub nehmen kann», umschreibt der Davoser sein Ziel. Das Ziel des Vize-Weltmeisters, welcher mit der aktuell bestmöglichen Mannschaft antritt, ist klar der Turniersieg. Dazu braucht es heute Abend (20.15 Uhr) einen Sieg im ersten Spiel gegen Österreich. Sollte der gelingen, dann würde die Schweiz am Freitagabend (20.15 Uhr) im Final auf den Gewinner des Duells zwischen Russland und der Slowakei (Donnerstag, 16.15 Uhr) treffen.