Eishockey
«Back to the future» beim HC Ambri-Piotta

Die Rekursfrist lief am Mittwoch ab. Ohne Einsprache. Damit kann Ambri im Frühling 2016 mit dem Bau des neuen Stadions beginnen. Es soll dem Klub aus der Leventina den Schritt in die Neuzeit ermöglichen.

Othmar von Matt
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Die «Nuova Valascia» von Stararchitekt Mario Botta.

Die «Nuova Valascia» von Stararchitekt Mario Botta.

Zur Debatte standen zwei Architekten mit Weltruhm: Renzo Piano und Santiago Calatrava. Der italienische Architekt Piano projektiert zurzeit den Palais de Justice in Paris, baute The Shard in London und das Zentrum Klee in Bern. Der spanische Architekt Calatrava baute den Telefonturm von Barcelona, den Turning Torso in Malmö, die Samuel-Beckett-Bridge in Dublin und den Bahnhof Stadelhofen.

Filippo Lombardi, Ambris Verwaltungsratspräsident, kennt Piano über Drittpersonen und war in Kontakt mit ihm. Und Calatrava studierte an der ETH Zürich und besitzt eine Wohnung in der Nähe von Locarno. Bei beiden Architekten wäre ein neues Stadion aber schnell auf 100 Millionen zu stehen gekommen.

Zu viel für Ambri. Es ist nun ebenfalls ein Star, der das Projekt für das neue Stadion erarbeitet hat: der Ur-Tessiner Mario Botta. Zu seinen Werken gehört das Museum of Modern Art in San Francisco, La Fortezza in Maastricht, die Stadt- und Landesbibliothek in Dortmund und die Chiesa di San Giovanni Battista in Mogno. «Es ist gut, dass eine Tessiner Lösung möglich wurde», sagt Lombardi. «Botta gehört zu den bekanntesten Schweizer Architekten. Es ist logisch, dass wir mit ihm arbeiten. Er war in seiner Jugend Ambri-Fan, seine ganze Familie ist es auch.»

Botta stammt aus Genestrerio, einem kleinen Dorf in der Nähe von Mendrisio. Er war dort in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. «Als arme Bauern solidarisierten wir uns mit dem armen Ambri gegen das reiche, städtische Lugano», erzählt Botta. Als Kind war er oft an Ambri-Spielen. «Wir fuhren mit dem Velo nach Mendrisio und mit dem Zug nach Ambri», sagt er. «Das war damals ein ganztägiger Sonntagsausflug.»

Halbierung der ursprünglichen Kosten

Auch Bottas erste Skizzen für das Stadion wären auf gegen 80 Millionen zu stehen gekommen. Zu viel für Ambri. Zusammen mit ihm und einem ETH-Geophysiker reduzierte Lombardi die Kosten auf 35 bis 40 Millionen. Alleine die millimetergenauen Bemessungen des Geophysikers zur Absenkung des Stadions ermöglichen Einsparungen von 20 Millionen. Auch Lombardi ist bautechnisch vorbelastet. Sein Vater Giovanni ist als Bauingenieur Vater des Gotthard-Strassentunnels. Er ist beteiligt am Bau des Gotthard-Basistunnels, war beim Bau von 1000 Kilometern Tunnel dabei.

15 der 35 bis 40 Millionen Kosten übernimmt die öffentliche Hand (Bund, Kanton und Sport Toto). 20 bis 25 Millionen kommen von Schweizer oder ausländischen Investoren zusammen, die in der Schweiz leben. «Dieser Betrag, den wir aufbringen müssen, ist erträglich», sagt Lombardi. Die Bemerkung, dass er selbst so gute Beziehungen zu wohlhabenden Leuten habe wie nur wenige, kontert er lakonisch: «Wäre ich UBS-Chef Sergio Ermotti, hätte ich noch bessere Beziehungen.»

Keine Einsprachen

Die Rekursfrist gegen die Nuova Valascia ist am Mittwoch abgelaufen. «Es gibt keine Einsprachen», sagt Lombardi. «Das zeigt, wie wichtig dieses Projekt für die ganze Region ist.» Die Gemeinde müsse jetzt die Baubewilligung erteilen, danach fänden die Ausschreibungen statt. Lombardi: «Mit dem Baubeginn rechnen wir im Frühjahr 2016, mit der Eröffnung des Stadions im September 2018.» Dieses Projekt sei «extrem ernsthaft», kontert er alle Skeptiker, die nach den 20 Jahren Stadion-Diskussionen in Ambri noch nicht daran glauben wollen. «Ernster könnte es gar nicht sein. Es geht um das Überleben des Klubs.»

Dieses Überleben kann aber nicht mit dem Stadion alleine gesichert werden. Wir investieren nicht nur in Beton, sondern auch in den eigenen Nachwuchs», sagt Lombardi. Ambri will zurück zur ursprünglichen Strategie mit den eigenen Kräften, um in die Zukunft durchstarten zu können.

«Das haben wir in den letzten Jahren ein wenig vernachlässigt», sagt Lombardi. Deshalb habe sich der Verwaltungsrat dazu entschieden, Ivano Zanatta als Sportchef zu engagieren. «Zanatta ist der richtige Mann dafür, weil er aus den Bergen stammt wie wir.» In drei Jahren, wenn die Nuova Valascia steht, soll auch der eigene Nachwuchs bereit sein für die erste Mannschaft. Zanatta setzt hier den Schwerpunkt.

Zurück zu den Wurzeln

Auch was die Fans betrifft, will der Klub zurück zu den Wurzeln. 20 Ambri-Fan-Klubs gibt es, von Asti und Borgonuovo di Pontecchio (Italien) über Gambarogno, Locarno, Malcantone, Uri, Buochs (NW), Muotathal (SZ), Luzern, Sihl (ZH), Fribourg und Biel (BE). Im Vergleich zu den 1980er-Jahren sind sie deutlich zurückgegangen: Damals gab es 43 Fanklubs, bis nach Deutschland.

«Ambri hat grosse Sympathien in der ganzen Schweiz», sagt Lombardi. «Das wollen wir nutzen.» Die Fanklubs vor allem in der Deutschschweiz sollen «wieder belebt» werden, wie es der Ständerat formuliert. «Viele sind nach wie vor sehr aktiv, andere hingegen ein wenig eingeschlafen.» Die Sympathien in der Deutschschweiz sollen aber auch für Sponsorengelder besser genutzt werden. «Wir hatten im Februar eine sehr erfolgreiche Gala in Brunnen», sagt Lombardi. «Das wiederholen wir im November. Es ist der richtige Weg, um neue Sponsoren in der Deutschschweiz zu finden.»

Dass Ambri die Nähe zu den Fans sucht, können die Supporter des Ambri-Fanclubs Biel-Bienne bestätigen. Nach dem Spiel Ambris vom kommenden Samstag in Biel laden sie das Team zum Essen ein. Ambri hat in corpore zugesagt.