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Corinne Suter gehört zu den schnellsten Frauen im Weltcup. Der Sprung auf das Podest scheint nur eine Frage der Zeit. Weil die 22-Jährige gelernt hat, sich selbst zu sein.
Die Wegbeschreibung ist kompliziert. Doch verunsichern lässt sich Corinne Suter von solchen Dingen schon lange nicht mehr. Die 22-Jährige fühlt sich daheim im Weltcup, in dieser Welt, die ihr zu Beginn noch so viel Respekt einflösste. «Also: Ich laufe links, dann rechts, dann wieder links und dann?» Corinne Suter lacht herzhaft. Den Slalomhang wird sie schon finden. «Und wenn ich doch verloren gehe, habe ich ja noch mein Handy.»
2014, als sie erstmals für Weltcuprennen nach Val d’Isère kam, war das noch anders. Als Junioren-Weltmeisterin in der Abfahrt und im Super-G war sie angereist mit der Überzeugung, im Weltcup durchzustarten. «Und dann kommt man an, sieht alle Stars, beobachtet, was sie machen, denkt sich, man muss das jetzt auch so machen, und weiss erst recht nicht mehr, was richtig ist», sagt sie.
Es ist einer der wichtigsten Gründe, warum Corinne Suter heute zu den schnellsten Frauen im Weltcup gehört. Sie lässt sich nicht mehr ablenken. Denn schnell war sie schon immer. «Ich musste lernen, auf mich zu schauen.» Darum geht sie heute alleine los und sucht den Trainingshang. Sie muss niemandem mehr nachlaufen. Sie geht ihren Weg.
Die Saison 2014/15 war hart. Aber wichtig. Der Aufstieg war weit weniger rasant, als es sich Corinne Suter vorgestellt hatte. Und als sie sich Ende Januar ein Innenband riss und den Schienbeinkopf quetschte, kam das Saisonaus vielleicht gerade recht. «Weil ich Zeit hatte, mir Gedanken zu machen, was ich will», wie sie später einmal sagte. Denn zuvor wollte sie oft zu viel – und konnte Rückschläge nicht verarbeiten. «Ich nahm die negativen Gedanken mit in die nächsten Tage.»
Als Corinne Suter im Dezember 2015 in den Weltcup zurückkehrte, war sie anders geworden. Zwar treibt sie noch immer ein unbändiger Ehrgeiz an, der sie stark macht und der manchmal fast an Didier Cuche erinnert. Doch nach Rückschlägen fällt sie nicht mehr in ein tiefes Loch. Sie hatte gelernt, ihren Ehrgeiz zu kanalisieren. «Auch heute gibt es noch Tage, wo ich gar nicht mit mir zufrieden bin. Doch ich hake das am Abend sofort ab.»
Der Winter 2015/16 wurde ein Erfolg. Nun gelang der rasante Aufstieg. In sechs Speedrennen klassierte sie sich in den Top 10 – mit Platz fünf in der Abfahrt in Val d’Isère als Highlight. Auch der Start in diese Saison glückte. Platz vier in der zweiten Abfahrt in Lake Louise und Platz sieben im Super-G an gleicher Stelle. «Ich bin nochmals selbstsicherer geworden. In der ersten Abfahrt in Lake Louise (Rang 20; die Red.) lief es mir gar nicht. Doch schon am nächsten Tag war ich frei im Kopf und erzielte mein Bestresultat.»
Nun hat sie bereits nach drei Rennen die Selektionskriterien in der Abfahrt und im Super-G für die Heim-WM im Februar in St. Moritz erfüllt. Das nimmt Druck und gibt Freiheit. Genau wie der Abschluss der Hotelfachschule in Engelberg im Sommer. «Jetzt kann ich mich nur auf das Skifahren konzentrieren. Früher musste ich am Abend im Zimmer immer noch lernen und fühlte mich schlecht, wenn ich es mal sein gelassen habe.»
Die neu gewonnene Freizeit nutzt sie am liebsten, um sich ihrem grössten Hobby zu widmen. «Im Stall bei den Pferden fühle ich mich wohl. Dort kann ich abschalten.» Immer, wenn sie zu Hause in der Innerschweiz ist, versucht sie so oft wie möglich, Reiten zu gehen. «Leider fehlt mir die Zeit für ein eigenes Pferd.» Besonders im Winter. Denn da liegt ihr Fokus voll und ganz auf dem Skisport.
Den Slalomhang hat sie gestern ohne Hilfe gefunden. Der Notruf blieb aus. Und geht Corinne Suter konsequent ihren Weg, wird sie bald schon auf dem Podest stehen. Da sind sich alle sicher. Vielleicht ja schon an diesem Wochenende?