FC Basel
Ein Tritt in den Hintern zur richtigen Zeit

Die Analyse von Basel-Trainer Urs Fischer und YB-Coach Adi Hütter nach dem Super-League-Knüller, das die Berner mit 4:3 für sich entschieden.

Markus Brütsch, Bern
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Michael Lang am Boden: Der FCB verliert in der Bundeshauptstadt.

Michael Lang am Boden: Der FCB verliert in der Bundeshauptstadt.

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Die Mehrheit der 17 420 Zuschauer ist aus dem Häuschen. Sie kann es kaum fassen, was sich in den letzten neunzig Minuten zugetragen hat. Endlich haben es die Young Boys dem Serienmeister FC Basel wieder einmal gezeigt. Und dank dem überragenden Doppeltorschützen Alexander Gerndt sowie den Treffern von Milan Gajic und Guillaume Hoarau den Tabellenführer mit 4:2 aus dem Stade de Suisse gefegt.

4:2? 17 420 Zuschauer? Gajic? Hoarau?

Natürlich, am Mittwoch hat YB gegen den FCB mit 4:3 und nicht mit 4:2 gewonnen; es sind 19 403 Zuschauer gekommen und neben Gerndt hat auch Miralem Sulejmani geglänzt und zwei Tore geschossen; Hoarau hat verletzt gefehlt und Gajic ist nur Einwechselspieler gewesen. «Schwarmfussball zum Schwärmen», hat die «Berner Zeitung» tags darauf getitelt und treffend beschrieben, wie die YB-Spieler dem FCB mit einem unerbittlichen Pressing zugesetzt haben.

Vielleicht gibt es indes auch ein paar Berner, die in der Euphorie um den neuen Trainer Adi Hütter nicht gleich alles vergessen haben, was in den letzten Monaten in der Hauptstadt los gewesen ist. Möglicherweise ist ihnen der 4:3-Triumph auch als ein Déja-vu-Erlebnis erschienen; nach dem Motto: Das hatten wir doch alles schon mal!

Die Erinnerung an den Februar

Fast auf den Tag genau sieben Monate ist es erst her, seit die Young Boys mit einer begeisternden Leistung den FC Basel 4:2 wegspielten und bis auf fünf Punkte an den Leader heranrückten. «YB führt den FC Basel vor», hatte die Lokalzeitung auf der Frontseite gejubelt. Was danach gekommen ist, wissen wir: Der Meister von 1986 hielt nicht, was er versprach und am Ende der Saison war Basel mit zwölf Punkten Vorsprung Meister.

Gewiss, YB hat im dritten Spiel unter dem neuen Trainer Adi Hütter stark gespielt und den dritten Sieg eingefahren. Ohne Zweifel haben die aus einem homogenen Team noch herausragenden Gerndt, Sulejmani und Yvon Mvogo ihre Fans begeistert. Doch weil YB halt seit dem letzten Titelgewinn, dem Cupsieg 1987, zu einem Synonym für Erfolglosigkeit geworden ist, muss kein Ketzer sein, wer sich noch nicht zu den Hütter-Jüngern bekennt. Schon am Sonntag beim Kantonalderby in Thun muss YB zeigen, dass dieses Mal alles anders ist und der neue Trainer Konstanz in die Leistungen bringt.

Zu Recht freute sich Hütter über die imponierende Vorstellung seines Teams und dass seine Rechnung, den Gegner mit einem forschen Pressing zu Fehlern zu verleiten, aufgegangen war. «Aber ich habe schon auch gesehen, dass uns noch eine Menge Arbeit bevorsteht», sagte der Österreicher. «Drei Gegentore, davon zwei nach ruhenden Bällen, sind zu viele», sagte der 45-Jährige. Zu viele vor allem dann, wenn es ohne die Glanzleistung von Goalie Mvogo auch fünf oder sechs Basler Treffer hätten werden können. Und natürlich ist es Hütter auch ein Dorn im Auge, dass YB jedes zweite Spiel in Unterzahl beendet. In 15 Pflichtspielen musste schon sieben Mal ein Berner frühzeitig unter die Dusche.

Xhakas rote Karte

Von einer solchen Quote ist der FC Basel weit entfernt. Auch wenn Taulant Xhaka am Mittwoch mit seiner Tätlichkeit (siehe Box) gegen Renato Steffen nach dem Abpfiff für eine unrühmliche Basler Premiere sorgte. «Wir wissen, dass Steffen kein Kind von Traurigkeit ist», sagte Urs Fischer und meinte damit, dass der Flügel weitherum den Ruf eines Provokateurs hat. «Doch Emotionen gehören zum Fussball», sagte der Basler Trainer. Aber er werde der Angelegenheit nachgehen. «Wenn es eine Tätlichkeit war, werden wir die Sache intern behandeln», sagte Fischer.

Er, der bisher einen überzeugenden Eindruck hinterlassen hat, seit er im Sommer Trainer des FCB geworden war, zeigte sich auch in der Niederlage, der ersten im 16. Pflichtspiel, souverän. «Wir haben den Gegner richtiggehend zu Toren eingeladen. Wir haben individuell zu viele Fehler begangen», sagte der Zürcher. Aber Fischer wäre nicht Fischer, hätte er nicht auch Positives von seiner Mannschaft gesehen. «Wir haben nie aufgegeben, und am Schluss gar noch die Chance zum 4:4 gehabt.»

Doch unter dem Strich überwog verständlicherweise die Enttäuschung. Und so beendete Fischer den Abend mit einem Satz, wie er typisch für ihn ist; frisch von der Leber weg: «Zum richtigen Zeitpunkt einen Tritt in den Hintern zu bekommen, hat noch keinem geschadet.»