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Macht und Ohnmacht in Zeiten des Spengler Cups – wieso unsere Hockey-Funktionäre mit René Fasel und dem Spengler Cup nicht zurecht kommen und was der Rücktritt Fasels vom höchsten Hockey-Amt für das Schweizer Eishockey bedeutet.
Eine Seelenverwandtschaft. Ja, das ist es, was den Spengler Cup und René Fasel verbindet. So wie unsere Hockey-Funktionäre nicht sehen, was sie mit dem Spengler Cup haben, so kommen sie auch mit René Fasel (68) nicht zurecht.
Der Spengler Cup ist eine weltweit bestaunte Hockey-Institution. In allen europäischen Hockey-Ländern würden die Klubs viel Geld zahlen, damit jemand eine solche Werbeveranstaltung über die Festtage organisiert. Aber die Klubgeneräle im Unterland würden den Spengler Cup am liebsten abschaffen und haben den HC Davos mit einer jährlichen Strafsteuer von 800 000 Franken belegt.
René Fasel ist die einflussreichste Persönlichkeit, die unser Eishockey je hatte. Seit 1994 ist er Präsident des Internationalen Eishockey-Verbandes. Er öffnet Türen, die unserem Bundespräsidenten verschlossen bleiben. Er müsste in höchsten Ehren stehen. Aber unsere Funktionäre überbieten sich ihm gegenüber in Respektlosigkeiten. Zuletzt wagte es Verbands-Geschäftsführer Florian Kohler (inzwischen nicht mehr im Amt) beim letzten Kongress während der Silber-WM 2018, die Integrität der IIHF-Führung anzuzweifeln.
So wie der Spengler Cup für unsere Klubs, so ist René Fasel für die helvetischen Hockey-Fürsten eine Nummer zu gross. Es ist kaum Zufall, dass René Fasel jedes Jahr zum Spengler Cup kommt, sich hier wohl fühlt und zu den Organisatoren des Turniers beste Beziehungen unterhält.
Item, 2020 wird René Fasel nicht mehr fürs höchste Hockey-Amt kandidieren. Mit ihm verlässt der letzte grosse helvetische Sportfunktionär der alten Schule die internationale Bühne. Fifa-Präsident Gianni Infantino ist ja einer der neuen Schule. Einst sassen bis zu fünf Schweizer im IOC, und unser Land war die heimliche politische Sportweltmacht. Wenn René Fasel 2020 geht, bleibt mit Dennis Oswald (71) noch ein einziger übrig.
Verliert die Schweiz ihre globale sportpolitische Bedeutung? «Nein», sagt René Fasel. «Nach wie vor haben bedeutende internationale Sportverbände ihren Sitz in der Schweiz. Allein daraus ergibt sich ein gewisser Einfluss. Vielleicht erreichen wir, dass der Präsident des schweizerischen Olympischen Komitees automatisch IOC-Mitglied wird.»
Seit alle wissen, dass der oberste Chef geht, gibt es im internationalen Hockey eine gewisse politische Unruhe. Die Nachfolgekandidaten bringen sich in Position. Kandidaten aus der Schweiz gibt es nicht. Ja, unser Hockey muss froh sein, wenn es gelingt, jemanden ins Council, in die 13-köpfige Hockey-Weltregierung zu bringen. Der ehemalige NHL-Profi Mark Streit solle für diese Wahl im Herbst 2020 aufgebaut werden. Er hat allerdings nullkommanull sportpolitische Erfahrung.
Wenn René Fasel 2020 zurücktritt, dann wird sich auch die Amtszeit seines tüchtigen deutschen Generalsekretärs Horst Lichtner (59) dem Ende zuneigen. René Fasel sagt, ideal wäre ein Schweizer auf dem Posten des Generalsekretärs. «Schon deshalb, weil wir unseren Hauptsitz in Zürich haben und gute Beziehungen zu den lokalen Behörden wichtig sind.»
Zwei Jahre Regierungszeit bleiben dem Präsidenten. Er arbeitet weiterhin an der Verbesserung des Eishockeys. «Ich denke, das Eishockey war weltweit nie besser als jetzt.» Diese Attraktivität gelte es zu erhalten. Beim interessantesten Vorschlag geht es um die Breite des Eisfeldes. Gut möglich, dass die WM spätestens ab 2022 auf dem kleinen nordamerikanischen NHL-Eisfeld gespielt wird und sich weltweit die kleinere, um vier Meter schmälere Fläche durchsetzt. «Das Eishockey ist auf den kleineren Eisfeldern viel attraktiver. Auf den breiteren europäischen Eisfeldern verlagert sich das Spiel weg vom Tor auf Kreisel in den Ecken.» Das sei nicht das, was das Publikum wolle.
Und was wird aus René Fasel nach 2020? Er ist ein Freund von Wladimir Putin und manche sagen, er könnte ein «Gerhard Schröder des Eishockeys» werden. Der deutsche Ex-Kanzler weibelt seit Jahren für russische Interessen durch die Welt. René Fasel, werden Sie künftig der Gerhard Schröder des Eishockeys? Er lächelt und sagt: «Wir werden sehen.»