Curling-WM
Schweizer Männerteam von WM-Neuling Yannick Schwaller kann in Las Vegas Historisches schaffen

Die vier Curler von CC Bern Zähringer mit dem Solothurner Skip Yannick Schwaller, dem Appenzeller Michael Brunner sowie den beiden Aargauern Romano Meier und Marcel Käufeler jagen das erste Schweizer WM-Gold seit 1992 und damit gleichzeitig eine Premiere in der Curlinggeschichte.

Rainer Sommerhalder
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Skip Yannick Schwaller (Mitte) und seine beiden Teamkollegen Romano Meier (links) und Marcel Käufeler.

Skip Yannick Schwaller (Mitte) und seine beiden Teamkollegen Romano Meier (links) und Marcel Käufeler.

Georgios Kefalas / KEYSTONE

In Las Vegas ist alles möglich. Dies nimmt sich auch das Curlingteam CC Bern Zähringer zu Herzen und reist mit einer erstaunlichen Portion Selbstbewusstsein in die Glücksspielmetropole in der Wüste Nevadas. Zum zweiten Mal nach 2018 finden in Sin City – der Stadt der Sünde – die Curling-Weltmeisterschaften der Männer statt.

Das Selbstvertrauen des Solothurner Skips Yannick Schwaller vor seiner WM-Premiere verblüfft, weil sein Team im vergangenen Jahr selbst dreimal gesündigt hat. Drei «Matchbälle» besass die junge Equipe, um sich für die Olympischen Spiele in Peking zu qualifizieren. Doch zwei Trials und eine Schweizer Meisterschaft reichten nicht, um zumindest einmal das Genfer Team rund um Peter de Cruz hinter sich zu lassen.

Nach dem endgültigen Scheitern Ende September rasselten Schwaller und seine Teamkollegen Michael Brunner, Romano Meier sowie Marcel Käufeler in die grösste Krise ihres gemeinsamen Weges. «Es war ein sehr bitterer Moment, immerhin arbeiteten wir vier Jahre lang auf diese Olympiateilnahme hin», sagt Schwaller.

Es folgten schwierige Monate. Lange suchte man vergeblich Antworten für das Scheitern und die richtige Reaktion darauf. An den nachfolgenden Turnieren fehlten Überzeugung, Freude und letztlich auch die Resultate. . Im Dezember legte das Team gar eine Pause ein, um die mentalen Batterien wieder aufzuladen.

Neue taktische Varianten und grosse Zuversicht

Das Schlüsselerlebnis, um das Ruder herumzureissen, folgte anfangs Januar mit einer verlorenen Spielserie gegen Deutschland. «Das konnte nicht unser Anspruch sein», sagt Yannick Schwaller. Man raufte sich zusammen, legte so etwas wie ein gemeinsames Gelübde ab, «um diese Extrameile wieder zu gehen, welche es im Spitzensport braucht und nicht einfach nach den Spielen auszustempfeln.»

Schwaller ist sich sicher, dass das Team heute noch näher zusammengerückt und stärker als je zuvor ist. «Wir haben im Training neue taktische Möglichkeiten erarbeitet. So sind wir in der Eröffnung eines Ends variabler und für die Gegner unberechenbarer, ohne dass wir dabei die Linie in unserem Spiel verlieren.»

Seit Januar nie mehr gegen internationale Gegner

Seit der Niederlage gegen Deutschland spielte der EM-Zweite von 2019 nie mehr gegen internationale Gegner. Doch der Auftritt an der gewonnenen Schweizer Meisterschaft Ende Februar reicht dem Quartett offensichtlich aus, um mit viel Zuversicht ins am Samstag startende WM-Turnier zu steigen.

Eine Medaille will man gewinnen und sich auf die eigene Stärke und nicht die der namhaften Gegnerschaft fokussieren. «Wir können jeden Gegner schlagen», sagt Romano Meier und Yannick Schwaller verweist darauf, dass die Saisonbilanz gegen den schwedischen Olympiasieger und Kronfavoriten Niklas Edin bei 2:0 steht.

Gleich in den ersten drei Spielen der Vorrunde mit insgesamt 12 Gegnern treffen die Schweizer auf Schweden und die kanadische Weltnummer 1 mit Skip Brad Gushue. Selber ist man als Konsequenz des Olympiablues auf Position 15 abgerutscht. Er habe den Spielplan noch nicht einmal studiert, sagt Schwaller, weil man Stein für Stein, Spiel für Spiel nehmen wolle. «Und ich will uns gross machen und nicht die Gegner», sagt der 27-Jährige, als er gebeten wird, etwas über die starke Konkurrenz zu sagen.

Schweizer Männer waren letztmals 1992 Weltmeister

«Wir werden so lange spielen, bis uns jemand sagt, das Turnier sei für uns zu Ende», sagt Schwaller und denkt dabei idealerweise an den Final. 2003 stand letztmals ein Schweizer Männerteam in einem WM-Endspiel, sogar bis 1992 muss man bis zum letzten Titelgewinn zurückblättern. Der Basler Skip Markus Eggler darf sich letzter Schweizer Weltmeister nennen.

Yannick Schwaller und seine Mitstreiter könnten in Las Vegas gar Historisches schaffen. Im gleichen Jahr Weltmeister bei den Männern und Frauen war die Schweiz überhaupt noch nie. Silvana Tirinzoni hat schon mal vorgelegt. «Eine extrem beeindruckende Leistung, die motiviert», nennt es Schwaller.

Gespielt wird wie 2018 im Eventzentrum des Casinos «The Orleans». Vor vier Jahren kamen beeindruckende 75 000 Zuschauer an die Spiele. Auch das Curling für Hobbyspieler erlebt in Las Vegas derzeit einen Boom. Die einzige dauerhafte Halle ist oft ausgebucht. Dennoch ist Romano Meiers Blick auf das Turnier zwiespältig. «Einerseits ist es sehr cool, in einem vollen Stadion und an einem Ort, wo viel los ist, zu spielen. Andererseits muss man sich schon fragen, wie viel Sinn Curling mitten in der Wüste macht», sagt der Aargauer.