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Es ist noch nicht lange her, da ging es nur mit ihnen. Wollte die Schweizer Langlauf-Staffel an WM oder bei Olympia um das Podest mitlaufen, dann brauchte es dazu neben Überflieger Dario Cologna auch Toni Livers (34) und Curdin Perl (33).
Die beiden Bündner waren während eines Jahrzehnts die wichtigsten Sekundanten von Cologna. Die einzigen Schweizer Langläufer, die sich im Weltcup auch in Richtung Top 10 orientieren durften.
Diese Zeiten sind vorbei, für die Winterspiele in Pyeongchang müssen sich die beiden Dinosaurier zuerst einmal teamintern durchsetzen. Den reservierten Platz in der Staffel gibt es nicht mehr. Diese Tatsache ist nicht nur dem Alter der zwei oder der aufstrebenden Konkurrenz geschuldet. Bei beiden lief in den letzten Jahren einiges schief.
Toni Livers versuchte in den letzten Wintern den Spagat, startete für die Schweiz im Weltcup und für das Team Rossignol in der prestigeträchtigen Serie der Langdistanzrennen (World Loppet Cup). Angesichts dieser Doppelbelastung vielleicht kein Zufall, dass Livers im Frühjahr genau zum Saisonhöhepunkt, der WM in Lahti, krank wurde. Für die Staffel fiel er aus, das 50-km-Rennen endete mit einem mehr als enttäuschenden 37. Rang.
Höchste Zeit also, um für die letzten Olympischen Spiele der Karriere etwas zu ändern. Livers verzichtet in dieser Saison auf Einsätze in der Volkslaufserie. Er gibt Vollgas für den Weltcup und lässt die Extrawurst, die er bisher im Schweizer Männerteam einforderte, links liegen. Bei Livers selbst hat die teaminterne Konkurrenzsituation offensichtlich in der Saisonvorbereitung zu einer Spur zu viel Trainingsfleiss geführt.
Weil er sich belastungsmässig am Anschlag bewegt und deswegen das Training dosieren muss, steigt der 34-Jährige erst beim Heimweltcup in Davos (9./10. Dezember) in die Saison. Ob es seine letzte im Nationalkader sein wird, darüber macht er sich noch keine Gedanken: «Solange es Spass macht und ich konkurrenzfähig bin, ist ein Rücktritt für mich kein Thema.»
Nicht nur ein Thema, sondern bereits beschlossene Sache ist der Rücktritt hingegen für Curdin Perl. Der 34-Jährige hat bereits im letzten Winter bekannt gegeben, dass er nach der Olympiasaison aufhören wird. Macht ihn diese Gewissheit nicht zu einer Art «lame duck»? Kann er im Training wirklich noch einmal alles aus sich herauspressen?
«Es war das Beste, das ich machen konnte», verneint Perl negative Auswirkungen entschieden. «Ich bin praktisch bei jeder Trainingseinheit topmotiviert – gerade im Wissen, dass ich mich zum letzten Mal quälen muss.»
Perl hat auf seine dreijährige Durststrecke – sein letzter Top-10-Platz im Weltcup liegt vier Jahre zurück – reagiert und quasi die Extrawurst von Toni Livers übernommen. Zum ersten Mal in seiner Karriere trainiert Perl privat und nicht mit der Nationalmannschaft.
Ohne mit dem Finger auf seinen Trainer zu zeigen, wird im Gespräch schnell klar, wem er die Mitverantwortung für seine Baisse gibt. Seit der Slowake Ivan Hudec vor drei Jahren das Zepter im Schweizer Männerteam übernommen hat, ging es mit Perls Leistungen bergab.
Für den Olympiawinter hat der Engadiner deshalb reagiert und nach einer Saison zum Vergessen den Bruch mit Hudec vollzogen. Seine persönliche Bezugsperson im Kader ist der neue Frauentrainer Peter von Allmen. Er hat auch das Okay gegeben für Perls Extrawurst. Perl hat gerade darum den erstmaligen Alleingang gewagt, weil ihm sein letzter Auftritt bei Olympia derart wichtig sei. «Ich habe ein gutes Gefühl dabei. Ich fühle mich bereit.»