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Die Schweiz gewinnt gegen Slowenien im Penaltyschiessen. Zuvor hatten sie eine 4:0-Führung verspielt. Solche Einbrüche wie jener der Schweizer gegen Slowenien sind keine Seltenheit.
Eine der faszinierendsten Facetten der Sportart Eishockey ist, dass innert kürzester Frist der gesamte Spielverlauf auf den Kopf gestellt werden kann. Eine Mannschaft kann einen Grossteil des Spiels dominieren, das Heft scheinbar sicher in der Hand halten, bis eine Aktion die Strömung völlig verändert. Im Spiel zwischen den Schweizern und Slowenien war es das Unterzahltor der Slowenen kurz vor Ende des Mitteldrittels, welches den Glauben an eine Wende zurück in die Köpfe der slowenischen Spieler transferierte.
Im gleichen Mass, wie der Mut bei Slowenien zurückkehrte, schlichen sich bei den Schweizern leichte Zweifel ein. Ganz unbewusst. Aber es war bis auf die Tribünen spürbar, dass hier eine Mannschaft am Werk ist, die nicht in sich gefestigt ist. Die beim geringsten Widerstand aus der Balance kippen kann. 1:4, 2:4, 3:4, 4:4. Am Schluss hätten die Schweizer beinahe noch das Spiel verloren. Ein Szenario, welches nach 20 Spielminuten und der 4:0-Führung der Eisgenossen kaum denkbar gewesen war.
Selbst der Internationale Eishockeyverband musste in den Annalen ziemlich weit zurückblättern, um auf vergebene Viertore-Führungen zu stossen. Es gab in der Geschichte der Weltmeisterschaften erst drei vergleichbare Fälle:
- 1963 führte die DDR gegen Kanada 4:0 und verlor am Ende noch 5:11
- 1990 führte Finnland gegen Kanada 4:0 und verlor trotzdem noch 5:6
- 2003 führte Finnland im Viertelfinal gegen Schweden mit 5:1 und verlor am Ende noch 5:6. Das ist quasi die Mutter aller WM-Niederlagen.
Immerhin behielten die Schweizer trotzdem noch das bessere Ende für sich. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Slowenen am Ende der regulären Spielzeit ihr letztes Überzahlspiel auch noch ausgenutzt hätten. Die Schweizer Spieler waren schon mit dem verlorenen Punkt ordentlich bedient. «Dieser Sieg fühlt sich wie eine Niederlage an», sagte Damien Brunner, der seiner Mannschaft mit seinem verwandelten Versuch in Penaltyschiessen wenigstens noch zwei Zähler gesichert hatte.
Wie wenig Wert eine klare Führung im Eishockey hat, ist derzeit auch eindrücklich in den laufenden NHL-Playoffs zu beobachten. In der Nacht auf Samstag verspielten die Edmonton Oilers in ihrem Viertelfinalspiel auf fast unglaubliche Art und Weise eine 3:0-Führung. Die Anaheim Ducks nahmen etwas mehr als drei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit ihren Torhüter vom Eis und schafften noch das scheinbar Unmögliche.
Sie erzielten mit einem Mann mehr drei Tore, das 3:3 15 Sekunden vor der Schlusssirene – und gewannen schliesslich auch noch das Spiel in der zweiten Verlängerung. Das ist Eishockey. Das ist faszinierend. Auch wenn es die Schweizer nach ihrem Beinahe-Kollaps gegen Slowenien natürlich anders sahen.