Eishockey WM
Der Neue und ein Luxusproblem: Weshalb Sven Andrighetto unbedingt an die WM kommen wollte

Mit Sven Andrighetto kann die Schweiz gegen Österreich auf einen weiteren NHL-Stürmer zählen. Die Schweizer überzeugten bei ihren ersten beiden WM-Auftritten. Die Frage stellt sich deshalb: Wer muss weichen für Andrighetto? Patrick Fischer hat ein Luxusproblem.

Marcel Kuchta
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Soll noch mehr Schwung in die Schweizer Offensive bringen: Sven Andrighetto.

Soll noch mehr Schwung in die Schweizer Offensive bringen: Sven Andrighetto.

KEYSTONE

7:50. 6:48. 9:19. 8:54. 6:56. Auf total knapp 40 Minuten belief sich die Eiszeit, die Sven Andrighetto in den fünf Playoff-Spielen, die er für die Colorado Avalanche bestreiten durfte. Er stand also im Schnitt knapp acht Minuten auf dem Eis. In sieben Partien musste er sogar komplett mit der Zuschauerrolle vorliebnehmen.

Kurz: Der letzte Monat verlief für den 26-Jährigen mehrheitlich enttäuschend. Andrighetto spielte in den Planungen von Avalanche-Headcoach Jared Bednar nur noch eine Nebenrolle. Kein Wunder, ist er glücklich, dass er seine Saison nach dem Ausscheiden seines NHL-Arbeitgebers nun im Kreis der Schweizer Nationalmannschaft an der WM in der Slowakei ausklingen lassen kann.

Und das hoffentlich mit einem positiven Ende. Der Zürcher sagte im Anschluss an das freiwillige Training, welches die Schweizer am spielfreien Tag absolvierten: «Es geht mir sehr gut. Ich freue mich sehr, hier an der WM dabei sein zu können.»

Grosse Lust auf die WM

Sven Andrighetto liess keine Zweifel aufkommen, ob er nach der langen NHL-Saison noch Lust hat, für die Schweiz aufzulaufen. Im Gegenteil: Seine unbefriedigende Rolle bei Colorado steigerte den WM-Hunger umso mehr: «Da ich nicht mehr viel gespielt habe, fühle ich mich entsprechend sehr frisch. Für mich war immer klar, dass ich an die WM fahren will, wenn ich mit der Avalanche aus den NHL-Playoffs ausscheide.»

Trotzdem ist es alles andere als selbstverständlich, dass Sven Andrighetto hier in Bratislava die Schlittschuhe für die Eisgenossen schnürt. Sein Vertrag bei Colorado ist ausgelaufen. Der letztjährige Silberheld von Kopenhagen hat noch keinen neuen Arbeitgeber. Und geht entsprechend ein nicht unerhebliches Risiko ein, sollte er sich an der WM schwerwiegend verletzen.

Er winkt jedoch ab, wenn er auf seine spezielle Situation angesprochen wird: «Es spielt für mich keine Rolle, ob ich einen Vertrag in der kommenden Saison habe oder nicht. Ich bin noch jung. Und ich weiss nicht, wie viele Chancen ich noch bekomme, für die Schweiz an einer WM zu spielen. Deshalb will ich immer dabei sein, wenn sich die Gelegenheit bietet. Ich bin sehr stolz, für die Schweiz spielen zu dürfen.»

Dass auch Swiss Icehockey, der Schweizer Verband, keine Kosten und Mühen scheute, Andrighetto an die WM zu lotsen, zeigt die Tatsache, dass man punkto Versicherung tiefer in die Tasche greifen musste aufgrund seines vertragslosen Zustands. Der Flügelstürmer selbst lässt sich durch die besonderen Umstände, die etwa einen Timo Meier, der mit den San Jose Sharks noch in NHL-Playoffs engagiert ist, davon abgehalten hätte, an der WM teilzunehmen, nicht beirren: «Punkto Zukunft mache ich mir noch überhaupt keine Gedanken. Der Sommer ist lang, da kann noch viel passieren.»

Meldungen, wonach er schon einen Vertrag bei einem Team in der russischen KHL unterschrieben habe, so wie dies im Vorfeld der WM verschiedentlich kolportiert wurde, dürften ins Reich der Märchen gehören. Sven Andrighetto sieht seine WM-Teilnahme auch nicht als Anlass, sich mit guten Leistungen in die Notizbücher potenzieller neuer Arbeitgeber zu spielen.

«Ich brauche die WM nicht als Schaufenster. Man hat es letztes Jahr gesehen: Die NHL-Teams schauen kaum darauf, wie man an diesem Turnier spielt», sagt der Zürcher, der im Silberteam von Kopenhagen zu den Leistungsträgern gehörte, seine Situation bei Colorado deswegen aber nicht besser wurde – im Gegenteil.

Klar ist aber auch, dass gute Auftritte in den kommenden Tagen in Bratislava seinem Marktwert mit Sicherheit nicht schaden dürften. Sein Agent Andy Rufener, der unter anderem auch die Geschicke der Schweizer NHL-Spieler Nino Niederreiter, Sven Bärtschi oder Mirco Müller managt, wird für den schnellen Flügel mit grösster Wahrscheinlichkeit wieder einen geeigneten Arbeitgeber in Nordamerika finden. Und wenn nicht, dann würden sich in Russland oder in der Schweiz genügend Klubs finden, die ihm lukrative Offerten unterbreiten würden.

Wer muss weichen?

Das alles ist vorderhand aber Zukunftsmusik. Für Sven Andrighetto zählt nur das Hier und Jetzt in Bratislava. Und damit auch die Frage, wo er seinen Platz in der bisher überzeugenden Nationalmannschaft findet. Er selbst hatte keine Ahnung, wo ihn der Nationaltrainer einplant. Es ist in der Tat schwierig, abzuschätzen, wo der Zürcher eingesetzt wird. Anstelle von Praplan neben Hischier und Fiala? Und wer muss auf die Tribüne? Patrick Fischer hat ein Luxusproblem.