Der Nordisch-Kombinierer Tim Hug hofft auf die beste Saison seiner Karriere. Zumindest stehen die Vorzeichen gut, dass der Solothurner nochmals einen Schritt nach vorne machen könnte. Dazu kann er neuerdings auf die Kooperation mit dem norwegischen Team zählen.
Die grossen Zeiten der Schweizer Nordisch-Kombinierer sind längst passé. Der Name Hippolyt Kempf verblasst im Bewusstsein vieler Sportfans. Und der Name Tim Hug tauchte dort nie so richtig auf, selbst wenn der 29-Jährige aus Gerlafingen seit acht Jahren im Weltcup startet und am 4. Januar 2014 in der tiefen russischen Provinz sogar ein Rennen auf Weltniveau gewonnen hat.
Mehr als ein erfreulicher Ausreisser nach oben war dieser Erfolg nicht. Seither bewegt sich Hug wieder im vorderen Mittelfeld der Rangliste, fernab der deutschen TV-Kameras, welche auf die eigenen Seriensieger fokussieren. Und das Schweizer Fernsehen widmet Hug, thematisch eingequetscht zwischen dem Skispringen und Langlauf mit den nationalen Helden Ammann und Cologna, kaum je eine Sendesequenz. Zwar darf sich Hug rühmen, im letzten Winter zur oft vermissten Konstanz gefunden zu haben, doch wer interessiert sich in einer Randsportart schon für Ränge zwischen 10 und 30?
Wer interessiert sich in der Schweiz überhaupt für die Nordische Kombination? Diese Frage musste sich Tim Hug auch deshalb ernsthaft stellen, weil er seit vier Jahren als tapferer Einzelkämpfer im Weltcup unterwegs ist. Quasi der Letzte seiner Art. Nach der WM in Falun vor zwei Jahren stellte sich der fröhliche Krauskopf die Sinnfrage. Für ihn war klar: «So wie bisher geht es nicht weiter». Hug kam zum Schluss, dass er den Zenit noch nicht erreicht hat.
Er entschied sich, die Karriere bis zu den Winterspielen 2018 in Südkorea zu verlängern. Und er suchte neue Herausforderungen. Sportlich die Kooperation mit dem US-Team, beruflich der Beginn eines Studiums in erneuerbaren Energien und Umwelttechniken. Obwohl die Doppelbelastung auf Kosten der Freizeit und der Erholung geht, bereut er den Schritt bis heute nicht. «Die Abwechslung tut mir extrem gut, mein Leben war in den letzten Jahren sehr einseitig», sagt Hug. Dass etwas weniger Zeit für Sport bleibt, nimmt er locker. «Man kann sich auch kaputt trainieren».
Und nun also die neuste Wendung im Bemühen der sportlichen Leitung, für den einsamen Schweizer Nordisch-Kombinierer ein gutes Plätzchen zu finden. Anstatt mit den Amerikanern arbeitet er nun mit dem norwegischen Team zusammen. Wobei ein von den Norwegern vorgeschlagener kompletter Anschluss für Hug keine Option war. Erstens wegen dem Studium und zweitens, weil er sich in der Wohngemeinschaft mit den Spezialspringern Kilian Peier, Gregor Deschwanden und Gabriel Karlen ausgesprochen wohl fühlt. So profitiert Hug nun primär bei der Skipräparation. Und das tönt verheissungsvoll, denn keine andere Nation besitzt in diesem Bereich derart viel Know-how wie die Norweger.
Am letzten Wochenende hat sich Tim Hug seinen neuen Partnern anlässlich der nationalen Meisterschaften vorgestellt. Und dabei gleich eine Duftmarke hinterlassen. Der dritte Rang im Klassefeld bestätigte dem Solothurner das Gefühl, welches ihn bereits durch den ganzen Sommer trägt. «Ich habe ein megagutes Empfinden. Auf der Schanze läuft es sehr gut und auch im Langlauf habe ich Fortschritte erzielt», sagt Hug. Selbst eine mehrwöchige Pause wegen eines Innenband-Anrisses im Knie konnte den Solothurner nicht ernsthaft aufhalten. «Er ist für mich ein Kandidat für regelmässige Top-10-Plätze» legt auch Disziplinenchef Berni Schödler die Messlatte hoch.
Tim Hug will die Challenge annehmen. Er glaubt, auf der immerwährenden Suche nach der perfekten Mitte zwischen Springen und Laufen sein Ideal erreicht zu haben. Und das ist keine einfache Aufgabe, denn Hug betont: «Als Kombinierer kannst du nicht trainieren wie ein Skispringer und auch nicht wie ein Langläufer.» Im letzten Winter war er erstmals seit langem auf der Schanze stärker als in der Loipe.
Nun konnte der Student das gute Gefühl bei seinen Sprüngen offensichtlich im Sommer konservieren und im Langlauf zulegen. Er setzte im Training bewusst auf neue Ideen und neue Reize, suchte die Zusammenarbeit mit einem Trainer für den Langlauf. «Ich habe auch jetzt das Gefühl, ich könne noch besser werden», sagt Hug voller Selbstbewusstsein. Für den Saisonstart am Wochenende schraubt er die Erwartungen allerdings ein wenig zurück: «Wegen meiner Verletzungspause fehlen mir doch einige intensive Einheiten beim Laufen». Die Topform will er sich ohnehin für die WM in Lahti aufheben.