Der frühere Profi Daniele Moro ist Präsident der Disziplinarkommission der Swiss Football League. Er verhängte eine Sperre von acht Spielen gegen den Luzerner Dario Lezcano nach seiner Tätlichkeit gegen den Schiedsrichtet.
Daniele Moro ist unterwegs im Auto, als die «Nordwestschweiz» ihn erreicht. «Sie denken, acht Spiele sind ein bisschen wenig? Für uns ist die Strafe angemessen.»
Soeben hat die Swiss Football League in einer Medienmitteilung bekannt gegeben, dass Dario Lezcano vom FC Luzern für acht Partien gesperrt worden ist. Im Gremium hat die Disziplinarkommission der Swiss Football League unter der Leitung von Moro dieses Strafmass festgelegt. Für eine Tat, die Lezcano im Super-League-Spiel vom 13. September gegen GC in der 88. Minute begangen hatte.
Von Schiedsrichter Fedayi San wegen Reklamierens und einer Unsportlichkeit mit der gelb-roten Karte des Feldes verwiesen, sind dem Leader des Torschützenklassements danach die Sicherungen durchgebrannt. Er baute sich vor dem Unparteiischen auf und verletzte mit einem leichten Kopfstoss und einem Schubser im Brustbereich dessen körperliche Unantastbarkeit.
Nur acht Spiele Sperre? Warum, Daniele Moro, ist die Strafe für eine Tätlichkeit so milde ausgefallen? «Sie glauben, es sei eine milde Strafe? Lezcano hat eine Tätlichkeit begangen. Diese wird gemäss Reglemente der SFL mit mindestens vier Spielsperren sanktioniert.» Während der FC Luzern noch darüber nachdenkt, ob er Rekurs einlegt, hat sich Cyril Zimmermann schon eine Meinung gebildet: «Ich denke, das Mass ist okay. Ich habe sogar mit einer geringeren Strafe gerechnet», sagt der Leiter Ressort Spitzenschiedsrichter.
Nicht immer erhält Moro diese Zustimmung. «Wir können es nicht allen recht machen», sagt der 47-Jährige, der in vielen Fällen selber entscheidet, bei heikleren Ereignissen wie bei Lezcano oder dem Verstoss gegen das Fremdprämienreglement sich aber im Dreiergremium berät. «Ich treffe gerne Entscheidungen und trage gerne Verantwortung», sagt Moro. «Man könnte denken, ich hätte einen langweiligen Schreibtischjob, aber es sind immer viele Emotionen da.»
Was nicht bedeutet, dass der Beruf ihm schlaflose Nächte bereitet. «Ich kann gut abschalten», sagt Moro. «Und auch Kritik aushalten. Das muss ich können, sonst wäre ich am falschen Platz.» Dass die Rekurskommission sein Urteil, die Lugano-Spieler Patrick Rossini und Igor Djuric für zwölf Spiele zu sperren, auf zwei reduziert hat, will er nicht kommentieren. Die beiden Profis hatten in einem Couvert Spielern von Schaffhausen 20 000 Euro übergeben, weil die Nordschweizer Aufstiegskonkurrent Servette geschlagen hatten. «Unsere Reglemente verbieten jegliche Beeinflussung durch Dritte. Deshalb haben wir zwölf Spielsperren als richtige Sanktion betrachtet», sagt Moro.
Im Jahr 2010 ist er Präsident des Rekursgerichts beim Innerschweizerischen Fussballverband geworden, ein Jahr später Vorsitzender der Disziplinarkommission der Swiss Football League. Er hat sich seither mit einigen brisanten Fällen beschäftigen müssen, ist aber noch nie bedroht worden. Mit dem FC Sion, der sich über die Transfersperre der Fifa hinweggesetzt hatte, lag schon bald ein grosser Brocken auf seinem Tisch.
«Wir haben bei unseren Entscheiden grundsätzlich eine hohe Akzeptanz und somit wenig Rekurse. Das ist für uns die Messlatte.» Sechs Monate hatte ihn dieser Fall beschäftigt. «Auch Xamax war eine grosse Nummer», sagt Moro. «Erstmals überhaupt wurde einem Verein die Lizenz entzogen.»
Der faire Spieler ohne Titel
Gerade ihm musste dies besonders nahe gehen. Denn Moro war selber Spieler von Xamax gewesen. Was nur wenige wissen: Der Tessiner war einst ein durchaus begabter Profi. In Mendrisio aufgewachsen, spielte er für Chiasso, Baden, den FC Zürich, Servette, Basel und Lausanne. Einen Meistertitel hat er nie gewonnen, doch er wurde mit dem FCZ Nachwuchscupsieger. Er bestritt über 100 Spiele in der höchsten Liga, schoss zwölf Tore und sah dreizehnmal die gelbe Karte. «Aber nie die rote», sagt Moro. «Ich war ein fairer Spieler.»
Als er bei der Auswahl des U19-Nationalteams war, riss er sich das Kreuzband. «Und als ich auf einem möglichen Sprung in die erweiterte Nationalmannschaft war, erlitt ich dieselbe Verletzung.» 25 Jahre alt war er damals, aber nach der Genesung spielte er noch drei Jahre weiter. «Dann fehlte mir die Motivation und ich nahm 1996 in Neuenburg mein Studium auf.»
Rechtsanwalt wollte er werden und sich später einmal auf Sportrecht konzentrieren. Er erwarb in Genf sein Anwaltspatent und eröffnete in Lugano eine Kanzlei. Sie lief gut und Moro richtete in Luzern ein zweites Büro ein. Das Pendeln erwies sich aber als zu anstrengend und er entschloss sich, in der Zentralschweiz, der Heimat seiner Frau, zu bleiben.
Heute hat er in der Innenstadt ein Büro mit sechs Mitarbeitern. Eine erfolgreiche Kanzlei und Moros Schwerpunkte sind Strafrecht und Sportrecht. Er ist auch im Golfsport, Eishockey, Rad und bei Pro Basket engagiert und sitzt in der Disziplinarkommission des internationalen Turnverbandes in Lausanne. Er übt Beraterfunktionen bei grossen Fussballklubs in grossen Ligen aus und hilft bei der Abwicklung von Transfers. «Und ich begleite junge Spieler auf dem Weg zum Profi», sagt Moro.
Überzeugung notwendig
Seine Tage sind ausgefüllt. «Was die Swiss Football League betrifft, muss ich flexibel und immer erreichbar sein.» Er arbeitet auch am Abend und am Wochenende. Wenn nicht, schaut er sich oft ein Fussballspiel an. Oder nimmt seinen Sohn Qwin mit nach Ambri in die Valascia. Wie am letzten Wochenende, «als wir gegen Lugano das Derby gewannen». Moro, inzwischen geschieden, aber mit seiner Ex-Frau befreundet, muss noch etwas Überzeugungsarbeit leisten, damit aus dem Neunjährigen auch ein eingefleischter Ambri-Fan wird. «Es ist wichtig, dass in ihm die Tessiner Kultur erhalten bleibt.»
Moro macht kein Hehl daraus, dass er glücklich darüber ist, seine Leidenschaft für den Fussball mit seinem Beruf als Rechtsanwalt verbinden zu dürfen. Fälle wie Lezcano, das Fremdprämienverbot, Sion, Xamax oder das abgebrochene Zürcher Derby sind für ihn Highlights. Dann kribbelt es in seinem Bauch wie früher, wenn er ins Stadion einlief. «Ist einmal ein Entscheid gefallen, dann gibt es immer einen Adrenalinschub. Wie damals als ich Profi war», sagt Moro.
«Fussball ist mein Leben», sagt Moro.