Servette
Cheftrainer Chris McSorley wird vom Hockey-General zum «Frühstücksdirektor» befördert

Nach 16 Jahren wird der kanadische Cheftrainer Chris McSorley bei Servette nicht entlassen, sondern zum General Manager «wegbefördert». Bei der Wahl des neuen Trainers hat er fast kein Mitspracherecht mehr.

Klaus Zaugg
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16 Saisons stand Chris McSorley an der Bande von Servette Genf.

16 Saisons stand Chris McSorley an der Bande von Servette Genf.

Keystone

War alles nur ein 16-jähriger Irrtum? Hat Chris McSorley (55) als Hockey-Trainer seinen Beruf verfehlt? Haben ihm endlich die gütigen neuen Besitzer von Servette den Weg ins Glück gewiesen? So scheint es, wenn wir uns auf den Eindruck verlassen, den Chris McSorley bei Servettes Medienkonferenz hinterlassen hat. Dort ist seine Beförderung vom Cheftrainer zum General Manager verkündet worden.

Der Auftritt von «Happy Chris» war eine grandiose schauspielerische Leistung des charismatischen Kanadiers. Er hat unfreiwillig freiwillig die Degradierung vom Banden-General zum «Frühstücks-Direktor» akzeptiert und sich dafür artig bedankt.

Der Anfang vom Ende

Servettes neue kanadische Investoren um Mike Gillis hatten ein heikles Problem zu lösen: Wie können wir uns Chris McSorleys entledigen, ohne dass es in der Stadt zu Aufruhr kommt? Mit ihrem Marionetten-Präsidenten Hugh Quennec haben sie nun einen famosen Plan umgesetzt: Sie haben Chris McSorley auf den prestigeträchtigen Posten eines General Managers «hinaufgeschoben».

Götterdämmerung. Es ist der Anfang vom Ende eines Hockey-Märchens, das mit der Ankunft von Chris McSorley als Trainer/Sportchef und seinen US-Investoren im Sommer 2001 und dem Aufstieg in die NLA im Frühjahr 2002 begonnen hat.

McSorleys cleverer Schachzug

Die Amerikaner sind längst ausgestiegen und haben den Klub Chris McSorley überlassen, der vorübergehend als Besitzer, Manager und Cheftrainer «Alleinherrscher» wird. Als die Finanzierung immer schwieriger wird, holt Präsident Hugh Quennec kanadische Investoren und kauft Chris McSorley die Anteile am Unternehmen für rund vier Millionen ab – plus Rentenvertrag im Wert von noch einmal drei Millionen. Der Kanadier ist eben auch ein smarter Geschäftsmann, sieht die heraufziehenden finanziellen Probleme ohne neues Stadion besser als sein Präsident und nützt schlau die Gunst der Stunde zum Verkauf.

McSorley mimt an der Medienkonferenz den «Happy Chris».

McSorley mimt an der Medienkonferenz den «Happy Chris».

Keystone

Chris McSorley personifiziert den Klub. Eine Entlassung des charismatischen Schöpfers des modernen Servette ist nicht möglich. Er ist zu beliebt in der Stadt und bei den Sponsoren. Und ohne ihn würden auch noch die letzten minimalen Chancen auf eine neue Arena entschwinden. Also ist er nun zum «König von Genf» befördert worden. So wird der Anschein erweckt, alles sei in bester Ordnung und man gehe herrlichen Hockey-Zeiten entgegen. Happy Chris, Happy Servette, Happy Genf.

Aber Chris McSorley hat, da er seine Anteile verkauft hat, als General Manager nur noch symbolische Macht. Wie die Königin oder der König von England. Die wichtigste Aufgabe eines General Managers ist ja die Anstellung des Cheftrainers. Des wichtigsten Angestellten der Sportabteilung. Kann der General Manager den Trainer nicht bestimmen, dann ist er mehr oder weniger nur noch ein «Frühstücks-Direktor».

Wird ein Kanadier neuer Cheftrainer?

Chris McSorley gibt seine Ohnmacht freimütig zu und sagt: «Ich kann den neuen Trainer nicht bestimmen und ich suche ihn auch nicht aus. Ich werde dann wohl nach meiner Meinung zu den Kandidaten gefragt. Aber entschieden wird auf der Ebene des Verwaltungsrates.»

Servettes neuer General Manager hat in der Trainerfrage nicht einmal ein Vorschlagsrecht: «Ich habe keine Ahnung, wer die Kandidaten sind.» Aber die Besitzer seien «Smart Guys», die schon wüssten, was zu tun sei. Es darf erwartet werden, dass einer aus dem «Old Boys Network» der kanadischen Besitzer, aus dem Umfeld von Vancouver, neuer Cheftrainer wird.

McSorley (links) stieg in seinem ersten Jahr als Cheftrainer gleich in die NLA auf.

McSorley (links) stieg in seinem ersten Jahr als Cheftrainer gleich in die NLA auf.

Keystone

Chris McSorley sagt, er habe inzwischen wohl 2000 Spiele gecoacht und sei ganz froh um eine neue Herausforderung. Aber der Geruch und die Kameraderie der Garderobe werden ihm schon ein wenig fehlen. Und ist ein Chris McSorley überhaupt zu ertragen, der früh vom Büro nach Hause kommt? »Das ist eine gute Frage. Entweder bringe ich meine gute Ehe in Gefahr oder der Freund meiner Frau wird nervös ...»

Warten auf die erste Krise

Nervös dürfte aber in erster Linie der neue Trainer werden. Beim Heraufziehen der ersten Krise werden nicht nur die Medien eine Rückkehr von Chris McSorley an die Bande thematisieren. Wer wettet, dass Chris McSorley nächste Saison nicht bis nach dem letzten Spieltag ruhig in seinem Büro sitzen bleiben und sich auf Dauer mit der Rolle eines fürstlich honorierten «Frühstück-Direktors» zufriedengeben wird, hat allerbeste Gewinnchancen.