Champions League
Zahnarzttermin für YB im Champions-League-Spiel gegen Atalanta Bergamo

Mit seiner modernen, offensiven Spielweise ist Atalanta Bergamo, YBs Champions-League-Gegner am Mittwoch, wie geschaffen für die Königsklasse.

Lukas Plaschy
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Atalanta jubelte am 1. Spieltag der Champions League nach dem Ausgleich zum 2:2 gegen Villarreal.

Atalanta jubelte am 1. Spieltag der Champions League nach dem Ausgleich zum 2:2 gegen Villarreal.

Alberto Saiz / AP

Im Schatten der beiden Grossvereine Inter und Milan etablierte sich in den letzten Jahren mit Atalanta Bergamo ein drittes Team aus der Lombardei an der Spitze der Serie-A. Dreimal hintereinander klassierte sich die 1907 gegründete «Atalanta Bergamasca Calcio» auf dem dritten Platz.

Mit 90 Toren aus 38 Spielen stellte man im letzten Jahr gar die torgefährlichste Offensive der Liga. Dabei galt «La Dea», die Göttin, wie Atalanta wegen seines Vereinswappens auch genannt wird, lange als klassischer Ausbildungsclub.

Spieler wie die Juve-Legenden Scirea oder Cabrini, Italiens Ex-Nationalcoach Roberto Donadoni oder in jüngerer Vergangenheit Riccardo Montolivo und Franck Kessié durchliefen die Nachwuchsabteilung Atalantas.

Obwohl Bergmo eine Kleinstadt ist, geniesst «La Dea» grosse Unterstützung.

Obwohl Bergmo eine Kleinstadt ist, geniesst «La Dea» grosse Unterstützung.

Keystone

Dass sich die bergamaskische Göttin in der Champions League nun gar regelmässig mit den Grossen Europas misst, hängt stark mit der Figur von Trainer Gian Piero Gasperini zusammen. Seit 2016 arbeitet der 63-jährige Piemontese mit den «Nerazzurri».

Gasperini verpasste Atalanta eine für italienische Mannschaften ungewöhnliche, sehr offensive Ausrichtung. Seine Elf bearbeitet die Gegner mit hoher Intensität, frühem Pressing und ständigen Positionswechseln. Bei der ersten Champions-League-Teilnahme 2020 scheiterte man erst im Viertelfinale heroisch gegen den späteren Finalisten Paris St. Germain.

Vergleich mit Alex Ferguson

Gasperini hat zwar noch keinen einzigen Titel gewonnen. Der Respekt vor dem Schaffen des ehemaligen Mittelfeldspielers ist nichtsdestotrotz riesig. «Maestro» nennen sie ihn in Italien. Manchester City-Coach Pep Guardiola sagte, gegen Gasperinis Teams zu spielen, sei wie ein Zahnarzttermin – unangenehm.

Und auch José Mourinho lobte ausdrücklich dessen taktisches Verständnis. 1994 in der Jugendabteilung von Juventus Turin hatte «Gasp» einst als Ausbildner begonnen. Einen Namen machte er sich danach beim FC Genoa, welchen er in die Serie-A und danach gleich in die Europa-League führte.

Mit Gasperini als Trainer setzte Atalanta zum Höhenflug an.

Mit Gasperini als Trainer setzte Atalanta zum Höhenflug an.

EPA

Ein kurzes Intermezzo 2010 bei Inter Mailand endete nach nur fünf Spielen vorzeitig. Nach einem Abstecher in Palermo und der Rückkehr nach Genua führte ihn sein Weg 2016 schliesslich in die 120'000 Einwohner zählende lombardische Provinzhauptstadt. Seitdem steigen Formkurve und Renommee von Coach und Club kontinuierlich.

Lukrative Angebote mehrerer Topvereine sowie eine Offerte als «Commissario tecnico» schlug der «Mister» dankend aus. Der «Alex Ferguson von Bergamo» wird Gasperini mittlerweile genannt, ausgestattet mit Kompetenzen, welche weit über den grünen Rasen hinausreichen.

Renoviertes Stadion

Clubboss Antonio Percassi, selbst ehemaliger Profifussballer und heute Unternehmer mit einem geschätzten Vermögen von einer Milliarde Euro, garantiert im Hintergrund sowohl fachliches als auch wirtschaftliches Knowhow. Nachdem man bei den ersten beiden Champions-League Teilnahmen noch ins Mailänder «Giuseppe Meazza» ausweichen musste, bietet das renovierte, 23'000 Zuschauer fassende «Gewiss Stadium» nun zeitgenössischen Komfort.

Das Ambiente ist südländisch heiss, auch wenn sich die bekannteste Fangruppierung, die «Curva Nord» vor wenigen Wochen nach 23 Jahren selbst aufgelöst hat. Bergamos Nachwuchsteams gehören weiterhin zu den besten des Landes.

Atalanta als Talentschmiede

Das Talentscouting findet immer wieder einheimische und ausländische Rohdiamanten. Nach Remo Freuler oder dem Deutschen Robin Gosens, welche bei Bergamo zu Nationalspielern wurden, sind nun Matteo Pessina oder Ruslan Malinovsky der Reihe. Der 24-jährige Pessina, erst kurz vor der EM von Roberto Mancini in das siegreiche italienische Kader berufen, hält als Spielmacher die Balance zwischen Offensive und Defensive.

Ruslan Malinovskyi per Weitschuss zum 1:1 im Spiel gegen Inter Mailand vergangenen Samstag.

Ruslan Malinovskyi per Weitschuss zum 1:1 im Spiel gegen Inter Mailand vergangenen Samstag.

Matteo Bazzi / EPA

Der ukrainische Linksfuss Malinovsky, dessen Marktwert mittlerweile 30 Millionen Euro übersteigt, ist ein gefürchteter Distanzschütze. Dem 28-jährigen Offensivmann aus Zhytomyr gelangen seit 2019 bereits 10 Tore ausserhalb des Strafraums. Das letzte am vergangenen Wochenende beim 2:2-Unentschieden im San Siro gegen Meister Inter Mailand.

Mit elf Punkten aus sechs Spielen ist der Saisonstart zwar nicht perfekt geglückt. Dennoch müssen sich die Young Boys heute Abend warm anziehen. Im Europacup kommen nämlich Atalantas und Gasperinis Stärken erst so richtig zum Tragen.