Die Young Boys spielen in Budapest heute um den Einzug in die Champions League. Die Ausganglage ist gut.
Wäre alles gewöhnlich gelaufen, wäre YB am Samstag gegen Lugano in der heimischen Liga aufgelaufen. Es hätte wohl eine B-Elf gespielt in jenem Wettbewerb, der für den Serienmeister in dieser Phase der Saison zur Nebenrolle verkommen ist. Und doch wären einige Akteure mit müden Beinen in den Flieger in Richtung Budapest gestiegen.
Doch weil die Liga dem Wunsch der Berner zugestimmt hat, das Spiel zu verschieben, sind die Beine leicht, der Kopf erholt. Die Entscheidung zu dieser Verschiebung zeigt, wie wichtig die Partie für YB und den Schweizer Fussball ist. Endlich hat wieder ein Team die Chance, in die Champions League einzuziehen. Für den Klub geht es um nicht weniger als 13 Millionen Franken. Für die Teilnahme an der Königsklasse gibt es 25 Millionen, in der Europa League gäbe es «nur» 12 Millionen Antrittsprämie. Dazu kommen in beiden Fällen Ticketeinnahmen und Prämien.
Die Berner steigen mit Rückenwind in das Rückspiel gegen Ferencváros Budapest (heute, 21 Uhr, Blue Sport). Nach dem 3:2-Heimsieg am letzten Mittwoch, den Trainer David Wagner als «nicht alltäglich» zusammenfasst, reicht den Berner ein Remis. Der Sieg war trotz einer 65-minütigen Unterzahl verdient, weil sich die Young Boys zwar vermehrt zurückzogen, aber dennoch die besseren Torchancen herausgespielt hatten. Silvan Hefti war wegen einer harten roten Karte vom Platz gestellt worden, den fälligen Elfmeter hatten die Ungaren zwar zunächst verwertet, nach Videokonsultation war der Treffer jedoch aberkannt worden. Der Weg zum YB-Sieg war trotz Unterzahl geebnet. «Unser Charakter ist 1a. Das haben wir gezeigt», fasste es Innenverteidiger Cédric Zesiger zusammen.
Unter Zugzwang sind nun nicht die Berner, sondern das Heimteam von Ferencváros Budapest. Eine Quali-Runde zuvor hatte der ungarische Champion überraschend den tschechischen Meister Slavia Prag bezwungen, gegen YB aber enttäuschte das Team von Peter Stöger. Der ehemalige Köln- und Dortmund-Trainer fordert für das Rückspiel eine klare Leistungssteigerung. Auch sein Team musste in der Liga am Wochenende nicht antreten, das Spiel gegen Puskás wurde ebenfalls verlegt.
Und so treten zwei ausgeruhte Mannschaften in der derzeitigen Topbesetzung gegeneinander an, wobei der gesperrte Hefti fehlen wird. Ansonsten wird Wagner wohl auf eine ähnliche Aufstellung wie im Hinspiel setzen – und auf eine ähnliche Leistung hoffen. «Wir brauchen den gleichen Spirit, die gleiche Mentalität, den gleichen Hunger. Dann haben wir eine Chance, den letzten Schritt zu machen.»
Doch er stellte in dieser frühen Phase der Saison fest, dass sein Team noch zu viele Fehler macht und so den Gegner zum Toreschiessen einlädt. «Fakt ist, dass wir die Tore zu einfach hergeschenkt haben. Es gab zu viele Fehler, das müssen wir verbessern.» Die Schwäche im Berner Kader ist derzeit in der Defensive auszumachen. Mohamed Ali Camara hat Potenzial, steckt aber in einem Formtief. Er hat seinen Platz im Team dennoch, weil es an Alternativen mangelt.
Klappt es für die Young Boys mit der Qualifikation zur Champions League, käme es zur ersten Teilnahme der Berner seit 2018. Damals hatten die Berner zu Hause Juventus bezwungen. Von einer solchen Kür träumt YB wieder. Zuerst braucht es aber die Pflicht in Budapest.