US Open
Boris Becker über Federers Zauberschlag: «SABR ist ein Bluff»

Den letzen Vergleich hat Roger Federer in Cincinnati gewonnen. Im Final des US Open will sich Novak Djokovic vom Schweizer nicht noch einmal überraschen lassen. Boris Becker sieht Federers speziellen Return als eine geschickte Taktik.

Petra Philippsen, New York
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Federer steht mit seinem neuen Schlag im Fokus.

Federer steht mit seinem neuen Schlag im Fokus.

Keystone

Novak Djokovic wusste genau, was er sagen musste. «Marin hat Applaus dafür verdient, dass er rausgekommen ist und trotz seiner Verletzung gespielt hat.» Und prompt applaudierten sie auf den Rängen des Arthur Ashe Stadium. Der 28 Jahre alte Serbe hatte gerade den einseitigsten Halbfinal in der Geschichte der US Open mit 6:0, 6:1 und 6:2 gegen Titelverteidiger Marin Cilic gewonnen, doch es wäre heikel gewesen, sich zu sehr selbst für seine Leistung zu loben. Denn alle Zuschauer hatten gesehen, dass sich der Kroate aufgrund einer Knöchelverletzung nicht richtig bewegen konnte.

Und Djokovic ist vorsichtig geworden, hat er doch längst gemerkt, wie schnell die Stimmung der Fans gegen ihn kippen kann. Djokovic polarisiert, geliebt wird er vom Publikum immer noch nicht so, wie sich der Weltranglistenerste das wünscht. Und daran wird sich auch heute im Final am US Open nichts ändern, im Gegenteil. Die Amerikaner werden wie eine Wand hinter Roger Federer stehen.

SABR erstmals in Cincinnati eingesetzt

Dass Djokovic in sein 16. Grand-Slam-Endspiel eingezogen ist und erstmals in seiner Karriere alle vier Finals einer Saison bestreitet, goutieren sie zwar, dennoch wünschen sie Federer den sechsten Titel in New York. Und mittlerweile scheint Djokovic diese Situation richtig zu nerven. So reagierte der Sieger von 2011 dieser Tage recht dünnhäutig, wenn er auf Federers neue Waffe, den SABR, angesprochen wurde. Die Abkürzung SABR steht für «sneaky attack by Roger», also in etwa «listige Attacke von Roger». Im Endspiel von Cincinnati hatte der Schweizer ihn erstmals gegen Djokovic eingesetzt – und ihm damit nicht nur einiges zum Nachdenken gegeben, sondern ihn wohl auch gereizt.

«Ich werde das auf keinen Fall machen», sagte der Serbe über den SABR, «Roger hat es in Cincinnati versucht, und es funktionierte ein paar Mal. Es ist ein begeisternder Schlag für ihn – für den Spieler auf der anderen Seite des Netzes nicht so sehr. Mehr habe ich nicht dazu zu sagen.» Die extrem offensive und aggressive Returnweise, bei der Federer bereits fast an der T-Linie steht, empfinden manche Spieler als tollkühne Variante. Andere wiederum als unsportlich und respektlos. Federer selbst stört sich nicht daran. «Ich habe mit anderen Spielern kaum über den SABR gesprochen», meinte der Baselbieter, «und deshalb habe ich auch kein direktes Feedback. Aber alles, was funktioniert und was innerhalb der Regeln ist, sollte man nutzen.»

"Viel Gedöns um wenig"

Auch Djokovic’ Trainer Boris Becker hatte Federer zuletzt öffentlich für den SABR kritisiert. «Ich habe mir nur erlaubt, etwas zu sagen, was in der Umkleide Thema ist und sich keiner sonst zu sagen traut, weil es eben Roger Federer ist», sagte Becker gestern, «die Spieler finden, dass er den gegnerischen Aufschlag nicht ernst nimmt. Es gibt auch im Tennis ungeschriebene Regeln.»

Dennoch versteht der dreifache Wimbledonsieger, warum Federer die Taktik für sich einsetzt: «Er nutzt es als strategische Variante, als Bluff, um den Aufschläger im Ungewissen zu lassen», erklärte der dreimalige Wimbledonchampion, «aber es ist im Grunde viel zu viel Gedöns um wenig. Es ist nicht spielentscheidend, denn Roger setzt ihn ja kaum ein. Und deshalb denkt Novak auch nicht darüber nach.»