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Roger Federer öffnet seine private Sammlung und versteigert einen Teil seiner Erinnerungsstücke. Der Auktionator rechnet mit einem Erlös von zwei Millionen Franken. Geld, das in Federers Stiftung fliesst. Bei der Auswahl der Objekte federführend war Federers Frau Mirka.
An den Schuhen, die er an diesem Sonntag, 7. Juni 2009 trugt, klebt noch immer der Pariser Sand. Es ist einer dieser Tage, an denen Roger Federer Sportgeschichte schreibt, als er mit einem Sieg gegen den Schweden Robin Söderling erstmals die French Open gewinnt und damit als erster fünfter Mann nach Fred Perry, Don Budge, Rod Laver und Roy Emerson alle vier Grand-Slam-Turniere gewinnen konnte. Inzwischen stiessen auch Rafael Nadal (2010) und Novak Djokovic (2016) in diesen erlauchten Kreis vor.
Nun stehen diese Schuhe und das gesamte Outfit, das Federer 2009 in Paris trug zum Verkauf – für einen Preis ab 50'000 Britische Pfund (zirka 63'000 Franken). Es ist eines von 21 Losen aus der privaten Sammlung des Tennisspielers, die in diesem Sommer vom Auktionshaus Christie's versteigert werden. Dazu gehören: die massgeschneiderten Schuhe der Marke On, die Federer im März bei seinem Comeback in Doha getragen hat, ein Cardigan, den er bei seinem Wimbledon-Sieg 2012 trug sowie das dazugehörige Racket (ab 40'000 Pfund), oder die Tasche, die er 2017 bei seinem achten Wimbledon-Sieg nutzte. Der Gesamtwert der Memorabilia aus der der Privatsammlung wird auf bis zu 2 Millionen Franken geschätzt.
20 Lose sind an Federers 20 Grand-Slam-Turniersiege angelehnt, sie kommen am Mittwoch, 23. Juni am Christie's-Hauptsitz in London unter den Hammer. Gut möglich, dass Federer bei diesem Anlass auftreten wird. In der Woche darauf beginnt das Wimbledon-Turnier. Beim Auktionshaus hält man sich bedeckt. Wie auch bei Federers Stiftung. Geschäftsführerin Janine Händel bestätigt gegenüber dieser Zeitung, dass «ein Top Erlebnis mit Roger Federer» versteigert wird. Bertold Müller, der die Geschicke von Christie's in Europa von Zürich aus lenkt, verrät, Federers Frau Mirka sei bei der Auswahl der Objekte federführend gewesen. Es sei eine sehr persönliche Kollektion aus Erinnerungsstücken der letzten 20 Jahre.
Dazu werden zwischen dem 23. Juni und dem 13. und 14. Juli 300 weitere Gegenstände aus der Karriere Federers online versteigert. Während die Memorabilia, die in London versteigert werden für Normalsterbliche unerschwinglich sind, können in der Online-Auktion auch Anhänger mit weniger grossem Budget mitbieten. Der Einstiegspreis für Schweissbänder, Schuhe und Socken beträgt jeweils 100 Pfund (zirka 125 Franken). Es sei Federers ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass auch Erinnerungsstücke in den Verkauf kommen, die für alle erschwinglich sind. Das zeige sich auch in der grossen Anzahl von Objekten, die unter den Hammer kommen.
Wer nicht mitbieten, aber die Objekte bestaunen will, kann dies auch tun: Vor der Versteigerung sing einige der Objekte in New York (1. bis 13. Mai), Hongkong (20 bis 25. Mai) und London (21. Juni bis 13. Juli) ausgestellt. Bis am 21. Mai in Zürich auf Voranmeldung zu bestaunen ist das komplette Outfit, das Federer im März in Doha getragen hat sowie ein Outfit vom Schweizer Davis-Cup-Team aus dem Jahr 2014. In Genf (8. bis 11. Mai) sind drei Rackets und Kleidungsstücke ausgestellt, die Federer 2012 bei den Olympischen Spielen in London genutzt hat, wo er Einzel-Silber gewann.
Der Erlös fliesst vollumfänglich in die Roger-Federer-Stiftung.
Im letzten Jahr sammelte die Stiftung 8,5 Millionen Franken, mit denen sie Bildungsprojekte für unterprivilegierte Kinder in sieben Ländern (Malawi, Lesotho, Südafrika, Namibia, Simbabwe, Schweiz) unterstützt. Dazu kam im letzten Jahr eine Spende in Höhe einer Million Franken, mit der Federer Mahlzeiten für Kinder und ihre Familien zur Verfügung stellte, während die Schulen wegen der Corona-Pandemie geschlossen waren. Alleine 3,5 Millionen Dollar spülte das Match in Africa im Februar in Kapstadt in die Kasse, das vor der der Rekordkulisse von 51'954 Menschen stattfand. Spiele wie dieses dürften in absehbarer Zeit nicht möglich sein.
Federer hat die Stiftung 2003 im Alter von 22 Jahren gegründet, aus dem Bedürfnis heraus, weniger Privilegierten etwas zurückzugeben. Bei seinem ersten Besuch in Port Elizabeth in Südafrika kommt er mit der Not und dem Elend in Berührung, sieht Kinder ohne Perspektive, und Kinder, die an Krebs erkrankt und dem Tod geweiht sind. «Darauf war ich nicht vorbereitet, es war ein Schock», erinnerte sich Federer. Seit der Gründung hat er mit seiner Stiftung 1,75 Millionen Kindern den Zugang zu Bildung erleichtert und knapp 60 Millionen Franken gesammelt, etwa die Hälfte davon steuerte Roger Federer aus seinem Privatvermögen bei.
Die Versteigerung der Memorabilia stellt sicher, dass die Stiftung auch in diesem Jahr einen grossen Spielraum hat. Vielleicht hat es auch noch einen praktischen Grund, weshalb Federer sich von Erinnerungsstücken trennt. Ende Jahr will er mit seiner Familie ein neues Anwesen in Rapperswil-Jona beziehen, mit dem Verkauf kann er das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Im Geschäftsbericht seiner Stiftung schreibt er im Vorwort: «Es braucht eine Welle der Solidarität, um die Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen. Es ist nicht nur eine globale Gesundheitskrise, sondern auch eine Krise für unsere Wirtschaft, für unsere Bildungssysteme und die Gesellschaft. Unsere Kinder werden für eine lange Zeit darunter leiden.»
Eine Krise, die Federer mit der Versteigerung von Erinnerungsstücken aus seiner privaten Sammlung und mit seiner Stiftungsarbeit bekämpfen will.