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Seit Monaten kämpft Australien gegen verheerende Brände. Der Auftakt in die neue Tennis-Saison bleibt davon vorerst unberührt. Mit dem ATP-Cup in Australien (3. bis 12. Januar) geht die ATP auf Konfrontationskurs mit dem internationalen Tennisverband. Grosse Profiteure sind die Spieler.
Es sind apokalyptische Bilder, welche uns seit Monaten aus Australien erreichen. Seit Oktober steht der Kontinent an allen Ecken und Enden in Flammen. Im Bundesstaat New South Wales sind 15 Menschen gestorben. Eine Fläche grösser als die Belgiens ist abgebrannt. 1298 Häuser wurden Opfer der Flammen. Auch andere Staaten kämpfen mit der Feuerwalze. Besserung ist nicht in Sicht: Am Wochenende soll das Quecksilber auf 46 Grad steigen.
Gleichwohl herrscht gerade in den Städten ein fast schon zynischer Courant normal. Keine Ausnahme ist der Tennis-Zirkus. Rafael Nadal posiert vor dem Saisonauftakt in Badehose und mit einem Quokka in Perth, Novak Djokovic in einem Zoo in Brisbane mit einem Koala. Der Serbe zeigte sich sichtlich betroffen und soll eine Spende entrichtet haben. Der Australier Nick Kyrgios rief vor dem ATP-Cup zu einem Benefiz-Spiel auf. Selber spendet der 23-Jährige pro geschlagenes Ass 200 Dollar.
Mit Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic erlebt das Männer-Tennis ein goldenes Zeitalter. Alleine die 64 ATP-Turniere lockten 2019 4,82 Millionen Zuschauer in die Stadien, 857 Millionen schauten die Spiele am Fernsehen. Doch die Dominatoren der letzten Dekaden befinden sich auf der Zielgeraden ihrer Karrieren. Darüber, wie das Tennis auch nach ihrer Zeit attraktiv bleibt, besteht kein Konsens.
Zwischen der Profi-Organisation ATP und dem internationalen Tennisverband ITF, unter dessen Schirmherrschaft die vier Grand-Slam-Turniere stehen, schwelt seit Monaten ein Machtkampf. Reformen und neue Wettbewerbe schiessen wie Pilze aus dem Boden. Zuletzt fand Mitte November der Davis Cup erstmals nach neuem Format statt: 18 Teams spielten in Madrid um den Sieg und ein Preisgeld von 20 Millionen Dollar.
Die radikale Neuorganisation hat vehemente Kritik provoziert. Nicht zuletzt von Tennis Australia. Die Australier sind Mitorganisator des von Roger Federer initiierten Laver Cups, und des neu geschaffenen ATP-Cups, der vom 3. bis 12. Januar ausgetragen wird. Er verdrängt den Hopman Cup und greift die Tradition des World Team Cups auf, der zwischen 1978 und 2012 in Düsseldorf ausgetragen wurde.
24 Nationen spielen in Brisbane, Sydney und Perth um 15 Millionen Dollar Preisgeld und bis zu 750 Punkten für die Weltrangliste. Der ATP-Cup ist damit praktisch identisch mit dem Davis Cup, der vom internationalen Tennisverband ITF durchgeführt wird. Provokation oder Revolution? Sicher ist: Die ATP hat im Machtkampf mit dem internationalen Tennisverband derzeit die besseren Karten.
Denn der ATP Cup geniesst die uneingeschränkte Fürsprache der Spieler. Zudem findet er unmittelbar vor den Australian Open statt und bietet den Spielern damit die Möglichkeit, sich an die klimatischen Bedingungen zu gewöhnen. Weniger günstig sind die Voraussetzungen für den Davis Cup, der von der Kosmos-Gruppe um Fussball-Weltmeister Gerard Piqué kontrolliert wird.
Dank dem japanischen Online-Händler Rakuten kann der Davis Cup zwar mit hohen Preisgeldern locken, doch Punkte für die Weltrangliste gibt es keine. Zudem ist der Termin nach der langen Saison lamentabel. Den Organisatoren schwebt eine Woche im September vor. Doch dort blockiert ihn Roger Federer mit dem von ihm initiierten Laver Cup. Der Kontinentalwettbewerb ist zudem im ATP-Kalender verankert.
1. Wie sieht der Modus aus?
Insgesamt sind 24 Teams am Start, die in sechs Gruppen aufgeteilt sind. Jedes Team hat drei Matches (zwei Einzel, ein Doppel), die Gruppensieger und die zwei besten Gruppenzweiten erreichen die Viertelfinals. Die Einzel werden auf zwei Gewinnsätze gespielt, im Doppel kommt die No-Ad-Regel zum Tragen (bei Einstand entscheidet der nächste Punkt über den Sieger des Games), anstelle eines dritten Satzes wird ein Champions Tiebreak gespielt.
2. Welche Spieler sind beim ATP-Cup dabei?
Aus den Top Ten fehlen nur zwei Spieler: Roger Federer machte familiäre Gründe geltend (und sorgte damit dafür, dass die Schweiz nicht vertreten ist), der Italiener Matteo Berrettini ist verletzt. Dabei sind Rafael Nadal, Novak Djokovic, Dominic Thiem, Daniil Medvedev, Stefanos Tsitsipas und Alexander Zverev. Auch die Captains sind hochkarätig: Unter ihnen sind die ehemaligen Weltnummern 1 Lleyton Hewitt, Boris Becker und Marat Safin.
3. Wie kann man den ATP-Cup verfolgen?
Der Bezahlsender Sky hat sich die exklusiven Übertragungsrechte gesichert. Die Vereinbarung gilt für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Die Gruppenspiele vom 3. Januar bis 8. Januar werden von 00:00 bis 16:30 Uhr in der Konferenz gezeigt, für die K.o.-Phase gelten folgende Sendezeiten: Viertelfinals von 07:30 Uhr bis 13:30 Uhr, Halbfinals (11.1.) von 01:00 bis 7:00 Uhr und 8:30 - 14:30 Uhr, Final (12.1.) vom 08.30 bis 14.30 Uhr.
4. Um wie viel Preisgeld und Punkte geht es?
Beim ATP Cup werden insgesamt 15 Millionen US-Dollar Preisgeld ausgeschüttet. Im Einzel können maximal 750 Punkte für die Weltrangliste gewonnen werden, im Doppel 250. Wie viele Punkte vergeben werden, ist zudem von der Weltranglistenposition des Kontrahenten abhängig. Höher klassierte Spieler erhalten eine höhere Startgage und höhere Siegprämien.
Nutzniesser des Verdrängungskampfes sind die Spieler. Sie sind einfach immer da, wo gerade Millionen über ihnen ausgeschüttet werden – ob am Davis-Cup-Finalturnier (20 Millionen Dollar Preisgeld), am ATP-Cup (15 Millionen), oder einem Schaukampf in Saudi-Arabien im Dezember, an dem Stan Wawrinka teilnahm.
Allerdings ist auch der ATP-Cup nicht über alles erhaben, der Modus leidet an Kinderkrankheiten. Das Punktesystem und der Verteilschlüssel der Preisgelder ist nicht nur kompliziert, sondern benachteiligt auch schlechter klassierte Spieler. Sowohl Startgage als auch Siegprämie sind tiefer angesetzt. Wer nicht teilnehmen kann, erfährt zudem Nachteile in der Weltrangliste. Die Punktzahl errechnet sich aus den besten 18 Turnieren eines Spielers. Der ATP-Cup wird als Bonus-Event geführt.
Heisst: Jene, die teilnehmen, erhalten eine Chance mehr auf wertvolle Ranglistenpunkte. Und auf ein stattliches Preisgeld.
Gruppe A in Brisbane: Serbien, Frankreich, Südafrika, Chile
Gruppe B in Perth: Spanien, Japan, Georgien, Uruguay
Gruppe C in Sydney: Belgien, Grossbritannien, Bulgarien, Moldawien
Gruppe D in Perth: Russland, Italien, USA, Norwegen
Gruppe E in Sydney: Österreich, Kroatien, Argentinien, Polen
Gruppe F in Brisbane: Deutschland, Griechenland, Kanada, Australien
Hinweis: Ab den Viertelfinals wird nur noch in Sydney gespielt.
Weltrangliste 1 - 3: 250'00 Dollar,
Weltrangliste 4 - 6: 225'000 Dollar
Weltrangliste 7 bis 12: 200'000 Dollar
Weltrangliste 13 bis 18: 150'000 Dollar
Weltrangliste 19 bis 24: 75'000 Dollar
Nummer-2-Spieler:
Weltrangliste 1 bis 10: 200'000 Dollar
Weltrangliste 11 bis 20: 150'000 Dollar
Weltrangliste 21 bis 30: 75'000 Dollar
Weltrangliste 31 bis 50: 60'000 Dollar
Weltrangliste 51 bis 100: 45'000 Dollar
Weltrangliste 101 bis 200: 30'000 Dollar
Weltrangliste 201 bis 300: 20'000 Dollar
Weltrangliste 301+: 15'000 Dollar
Doppel-Ranking 1 bis 20: 30'000 Dollar
Doppel-Ranking 21 bis 50: 20'000 Dollar
Doppel-Ranking 51 bis 100: 12'500 Dollar
Doppel-Ranking 101 bis 150: 10'000 Dollar
Doppel-Ranking 151 und höher: 7'500 Dollar
Einzel-Ranking 1 bis 100: 20'000 Dollar
Einzel-Ranking 101 bis 300: 12'500 Dollar
Einzel-Ranking 300 und höher: 7'500 Dollar
Final-Sieg: 290'400 Dollar
Halbfinal-Sieg: 151'000 Dollar
Viertelfinal-Sieg: 78'350 Dollar
Sieg in Gruppenspiel: 39'400 Dollar
Nummer-2-Spieler:
Final-Sieg: 204'000 Dollar
Halbfinal-Sieg: 106'000 Dollar
Viertelfinal-Sieg: 55'100 Dollar
Sieg im Gruppenspiel: 27'600 Dollar
Final-Sieg: 61'800 Dollar
Halbfinal-Sieg: 32'150 Dollar
Viertelfinal-Sieg: 16'700 Dollar
Sieg im Gruppenspiel: 8'375 Dollar
Halbfinal-Sieg: 29'280 Dollar
Viertelfinal-Sieg: 17'620 Dollar
Sieg im Gruppenspiel: 9'850 Dollar
* Preisgeld pro Spieler