Analyse
Zum Ableben der Super-League: Die Uefa ist heuchlerisch, denn sie hat die Pläne erst ermöglicht

Heftig war der Aufschrei, rasch scheint es schon vorbei zu sein mit den riesigen Plänen einer europäischen Superliga. Wie konnte es soweit kommen? Eine Analyse.

Raphael Gutzwiller
Raphael Gutzwiller
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Ein Chelsea-Fan mit einem Protestplakat gegen die Super League.

Ein Chelsea-Fan mit einem Protestplakat gegen die Super League.

Matt Dunham / AP

Er kam einem Erdbeben gleich: Der Aufschrei von Fussballfans aller Welt nach der Ankündigung einer europäischen Super League. Zwölf Vereine hatten in der Nacht auf Montag angekündigt, eine neue Eliteliga zu gründen, wofür sie selber immer qualifiziert gewesen wären. Dabei ging es um sehr viel Geld.

Doch nur gerade zwei Tage nach der Ankündigung muss Juventus-Boss Andrea Agnelli bereits den Tod der ursprünglichen Plänen eingestehen.

Was ist geschehen? Sowohl der europäische Fussballverband Uefa, mehrere aktive und ehemalige Spieler, Trainer oder die Verantwortlichen von anderen Vereinen hatten die Pläne scharf kritisiert. Laut war auch der Aufschrei der Fans: Vor den Stadien ist es zu heftigen Protesten gekommen. Die sechs englischen Klubs hatten sich daraufhin von den Plänen verabschiedet und in den Sozialen Medien den Rückzug angekündigt. Lediglich Arsenal und Liverpool gingen allerdings soweit und entschuldigten sich bei ihren Anhängern.

Liverpool-Owner John W Henry entschuldigt sich bei den Fans:

Zum Umschwung sollen die Proteste der Fans geführt haben, heisst es vordergründig. Doch sollte dies wirklich der Grund gewesen sein, würde das lediglich aufzeigen, wie weit entfernt die Klubbosse von der Basis sind. Schon seit über 30 Jahren steht die Drohung einer Superliga im Raum. Genau so lange sprechen sich Fans aller Vereine klar dagegen aus. Dass der Aufstand nach Bekanntmachung der Pläne gross sein würde, sollte die Klubs also nicht überrascht haben.

So sind es wohl andere Gründe, die zum Tod der Super League geführt haben. Solche, die für die Klubs dieser Grössenordnung wichtiger sind. Denn um die Fans geht es diesen schon lange nicht mehr, es geht vor allem ums Geld. So haben der europäische Fussballverband Uefa und die englische FA angekündigt, die betroffenen Vereine zu sanktionieren. Von einem Ausschluss der Klubs war die Rede, vom Ausschluss ihrer Stars von den grossen Turnieren. Dabei haben gerade die englischen Klubs durchaus grosses Interesse weiterhin in ihrer Premier League spielen zu dürfen. Natürlich nicht nur wegen der Fans: Auch in der englischen Liga gibt es viel Geld zu verdienen.

Auch in der Premier League gibt es viel Geld zu verdienen.

Auch in der Premier League gibt es viel Geld zu verdienen.

Adam Davy / AP

Es kursieren zudem Gerüchte, dass die englischen Klubs eine Zahlung der Uefa erhalten haben sollen, um sich von den Plänen einer Super League zu verabschieden. Da die Information aus spanischen Medien kommt, die den spanischen Klubs nahe stehen, dürfen sie hinterfragt werden. Doch die Uefa dürfte auch andere finanzielle Argumente haben – spätestens seit bekannt wurde, dass die britische Firma Centricus 6,6 Milliarden Franken für die Champions League bieten soll.

Dass sich nun die Uefa als Retterin des Fussballs darstellt, ist heuchlerisch. Sie war es, die den Plänen für eine Super League den Weg geebnet hat. Jahrzehntelang hat sie den Fussball so umgestaltet, dass die grössten und reichsten Klubs Europas noch mehr Kohle machen konnten– auf Kosten der kleineren Klubs und Ligen. Just am Tag der Bekanntmachung der Super League hat das Uefa-Exekutivkomitee einer Reform zugestimmt, die wie jede vorangegangene nur den Topklubs hilft. Die kleinen Ligen, wie die Schweizer Super League, schauen nur zu – oder können mit dem europäischen Trostpreis, der neu geschaffenen Conference League, Vorlieb nehmen.

Uefa-Präsident Aleksander Ceferin.

Uefa-Präsident Aleksander Ceferin.

Fabio Frustaci / EPA

Waren die Pläne einer Super League gar ein Ablenkungsmanöver, dass die Öffentlichkeit nun beruhigt darüber ist, dass es nicht ganz so schlimm kommt für den Fussball? Fakt ist, schon die neue Reform der Champions League ist aus Sicht der kleineren Ligen ein No-Go. Nicht nur, weil sie erneut aufgeblasen wird, sondern auch, weil Topklubs trotz schlechtem Abschneiden in der Liga ein garantiertes Auffangnetz bekommen. Würde sich Real Madrid für einmal nicht über die Liga qualifizieren – der Klub wäre trotzdem in der Königsklasse. Das widerspricht dem sportlichen Leistungsgedanken.

Als Fussballfan kann man kurz aufschnaufen, dass diese Eliteliga wohl nicht zustande kommt. Doch Illusionen muss man sich keine machen: Auch unter der Leitung der Uefa wird sich im Fussball nach wie vor alles um das eine drehen: um das liebe Geld.