Eishockey
«Wir spielen da ein bisschen Eishockey»: Wie Robin Grossmann die Corona-Krise erlebt

Robin Grossmann, 32, hat sich als Verteidiger des HC Lausanne mit dem abrupten Meisterschaftsabbruch im Schweizer Eishockey abgefunden. Nun geniesst der Dintiker die Zeit mit seiner Familie.

Silvan Hartmann
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Der Dintiker Robin Grossmann an der Scheibe im Dress des HC Lausanne.

Der Dintiker Robin Grossmann an der Scheibe im Dress des HC Lausanne.

Pascal Müller/freshfocus

Wenn Robin Grossmann aus Dintikon auf den 12. März und den damit verbundenen Meisterschaftsabbruch im Schweizer Eishockey wegen des Coronavirus zurückblickt, dann tut der Lausanne-Verteidiger dies mit einer gesunden Portion Distanz und viel Verständnis. «Natürlich, im ersten Moment ist eine grosse Enttäuschung da. Man hat so viel investiert über den ganzen Winter hinweg. Aber gerade jetzt ist klar: Auch wenn der Sport wunderbar ist, letztlich spielen wir da ein bisschen Eishockey – es gibt Wichtigeres im Leben, die Gesundheit der Bevölkerung geht vor», sagt Robin Grossmann im Telefongespräch mit der Aargauer Zeitung.

Der Aargauer Eishockeyprofi blickt auch sonst auf eine aufregende Saison zurück. Als Verteidiger des HC Lausanne war er Teil jener Mannschaft, die im vergangenen Herbst die neue prunkvolle Vaudoise-Arena einweihen durfte, dessen Baukosten sich auf rund 229 Millionen Franken beliefen.

Seltsamerweise konnten sich Grossmann und Co. zumindest resultatemässig aber nie damit anfreunden. Die Qualifikation schloss das Team in der Heimspiel-Tabelle auf dem letzten Rang ab, nur dank erfolgreichen Auswärtspartien sicherten sich die Waadtländer – nach dem Trainerwechsel von Peltonen zu MacTavish und der Entlassung von Sportchef Alston – dennoch das Playoffticket.

In der entscheidenden Saisonphase wäre Lausanne auf Davos getroffen. Doch all dies ist längst zur Makulatur verkommen, Grossmann winkt ab: «Wir haben uns trotz Unterbruch professionell verhalten, wir waren für die Playoffs gut vorbereitet. Aber es ist müssig, nun darüber zu diskutieren, was noch möglich gewesen wäre. Es war so ein komisches Saisonende, wie ich es noch nie erlebt habe.»

Bereits die letzten zwei Qualifikationsspiele vor leeren Rängen seien «sehr speziell» gewesen. «In Genf liessen sie in den Spielunterbrüchen nicht einmal mehr Musik laufen», erzählt Grossmann. In der Folge spitzte sich die Lage immer weiter zu, dennoch hatte Lausanne gegen Ambri noch ein Testspiel ausgetragen. «Da war kaum Intensität. Es war schwierig, die Spannung hochzuhalten. Es lag irgendwie in der Luft, dass es kaum weitergehen kann.»

Der Verband bestätigte daraufhin tatsächlich den Saisonabbruch. Weil Lausanne ein einberufenes Meeting mit der Mannschaft wieder absagte, konnte Robin Grossmann die Emotionen mit seinen Teamkollegen nicht einmal mehr teilen. «Wir konnten uns gar nicht gross verabschieden.»

Grosse Hilfsaktion – und mehr Zeit für die Familie

Was der Saisonabbruch insbesondere in finanzieller Hinsicht bedeutet, weiss Grossmann noch nicht. Er könne sich gut vorstellen, dass der eine oder andere KMU-Betrieb sein Klubsponsoring zukünftig nicht mehr stemmen könnte.

Zudem wird Kurzarbeit und Lohneinbussen auch bei Sportunternehmen thematisiert. Er sagt: «Wir besitzen Verträge über neun Monate. Und Lausanne budgetiert ohnehin ohne Playoffs, alles Zusätzliche läuft über Bonuszahlungen. Aber wird das Thema konkreter, so bin ich – und wohl auch alle anderen Spieler – natürlich dazu bereit, darüber zu reden.»

Bereits jetzt zeigen die Spieler grosse Solidarität, unterstützen Personen der Risikogruppe im Alltag, erledigen Einkäufe oder besorgen Medikamente. Grossmann machte zum Beispiel einen älteren Herrn glücklich, in dem er ihm Desinfektionsmittel organisierte.

Etwas Positives hat das verfrühte Saisonende auch für ihn: Robin Grossmann, Vater von einem zweijährigen und einem vier Monate alten Kind, hat plötzlich mehr Zeit für seine Familie. «Die Kinder halten mich auf Trab. Ich staune, wie meine Frau dies Tag für Tag macht.»

Der Sport, der rückt bei Robin Grossmann vorerst etwas in den Hintergrund. Jeden zweiten Tag absolviert er mit seiner Frau ein Workout. «Ich habe ein Airbike aufgetrieben und mache Übungen mit dem Körpergewicht.»

Während er sich fit hält, denkt er an jene Menschen, die nun besonders gefordert werden. Eishockey spielen, das sei schön und gut, «aber nun arbeiten Ärzte, Krankenschwestern oder Angestellte der Detailhändler am Limit – ihnen gebührt unser grosser Dank.»