Challenge League
Wie lange hält beim FC Aarau der Burgfrieden zwischen Sandro Burki und Marinko Jurendic?

Die Indizien deuteten auf eine Trennung hin, doch nun hält der Verwaltungsrat des FC Aarau doch am Cheftrainer fest – eine Entscheidung, die Fragen hinterlässt.

Sebastian Wendel
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Aaraus Sportchef Sandro Burki (links) und sein Trainer Marinko Jurendic.

Aaraus Sportchef Sandro Burki (links) und sein Trainer Marinko Jurendic.

Urs Lindt/freshfocus

Am frühen Dienstagabend lässt der FC Aarau die Katze aus dem Sack. Und das, was da in der kurzen Medienmitteilung geschrieben steht, ist eine Überraschung. Im Wortlaut: «Unter der Leitung von Sportchef Sandro Burki haben dieser und der Verwaltungsrat des FC Aarau die erste Hälfte der Saison 2017/2018 aus sportlicher Sicht analysiert. Es wurde entschieden, dass dem Cheftrainer Marinko Jurendic weiterhin das Vertrauen ausgesprochen und die Zusammenarbeit fortgesetzt wird.»

Der 40-jährige Jurendic ist seit Juni beim FC Aarau und besitzt einen Vertrag bis Ende Saison. Dieser verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn der FCA nach 36 Spieltagen einen der ersten vier Ränge belegt.

Zwischenbilanz: Nach 17 Spielen überwintert Aarau mit 18 Punkten auf Rang 7 – acht Punkte und ein Spiel weniger als das viertklassierte Vaduz. Das sportlich enttäuschende Gesamtbild der Vorrunde war nicht der einzige, aber der Hauptgrund, warum das Fass «Trainerfrage» überhaupt aufgemacht wurde. Und nun ohne Konsequenzen wieder zugeht.

Aaraus Sportchef Sandro Burki (links) und sein Trainer Marinko Jurendic.

Aaraus Sportchef Sandro Burki (links) und sein Trainer Marinko Jurendic.

Urs Lindt/freshfocus

Kein Bekenntnis zu Jurendic

Warum der Status quo eine Überraschung ist? In erster Linie, weil in den vergangenen Wochen sowohl Sportchef Sandro Burki als auch der Verwaltungsrat auf ein Bekenntnis zu Jurendic verzichteten. Erfahrungsgemäss ein deutlicher Hinweis darauf, dass im Hintergrund der Trainerwechsel eingefädelt wird. Andererseits, weil gemäss «AZ»-Recherchen Teile der Mannschaft und der Sportchef nicht überzeugt davon sind, dass Jurendic der richtige Trainer für die sportliche Trendwende ist.

Ob Jurendic auch dann noch im Amt wäre, wenn beim FC Aarau der Sportchef das letzte Wort in der Trainerfrage hätte? Das muss zumindest stark angezweifelt werden. Doch beim FC Aarau richtet nun mal nicht der direkte Vorgesetzte über die Akte «Cheftrainer», sondern der Verwaltungsrat.

Aarau-Coach Marinko Jurendic.

Aarau-Coach Marinko Jurendic.

KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI

Und dieser hat aus folgenden Gründen pro Jurendic entschieden: Die Ungewissheit in der Stadionfrage und darüber, wie es mit dem Profifussball beim FC Aarau weitergeht; jetzt einen teuren Trainerwechsel vorzunehmen, wäre eventuell Geldverschwendung.

Dazu die ordentliche Bilanz seit der Entlassung von Raimondo Ponte und der Installation von Burki als Sportchef (16 Punkte aus 11 Spielen). Und nicht zuletzt die Angst davor, dass der FCA mit dem sechsten Trainerwechsel seit 2014 zum «FC Sion der Deutschschweiz» wird.

Der gleiche Fehler wie im April?

Rückblende: Am 6. April 2017 gab der FC Aarau die Vertragsverlängerung mit Marco Schällibaum bekannt. Dies, obwohl im Hintergrund ein Machtkampf zwischen Cheftrainer Schällibaum und dem Sportchef Ponte tobte. Ein dilettantischer Fehler, der zwei Monate später mit der Entlassung Schällibaums korrigiert wurde: Einer der beiden Streithähne musste einfach weg.

Acht Monate später stellt sich die Situation auf den ersten Blick ähnlich dar. Doch so irreparabel wie damals zwischen Ponte und Schällibaum ist das Verhältnis zwischen Burki und Jurendic nicht. Es gibt Vorbehalte, doch diese betreffen nicht die menschliche, sondern beschränken sich auf die fachliche Ebene.

Trotzdem hinterlässt die Entscheidung Fragen. Hat der FCA-Verwaltungsrat den gleichen Fehler wieder gemacht und ein uneiniges Duo zur Zweckgemeinschaft verdonnert? Und ist damit nicht der Einfluss von Burki, der vor vier Monaten zum neuen starken Mann gemacht wurde, massiv relativiert?

Sportchef Sandro Burki.     

Sportchef Sandro Burki.     

Fabio Baranzini | Baranzini Fotografie und Texte | www.baranzini.ch

«Nein», sagt Burki, «dass ich mich nie öffentlich zum Trainer bekannt habe, heisst nicht, dass ich gegen ihn bin. Nach den vielen Gesprächen stehe ich hinter dem Entscheid des Verwaltungsrats, dass der Trainer mehr Zeit bekommt. Wir alle zusammen sind jetzt gefordert, dass es mit dem FC Aarau aufwärtsgeht.»

Und wie soll die Zusammenarbeit mit dem Trainer harmonieren, wenn der Sportchef Vorbehalte gegen ihn hat? Wenn es nicht sein Trainer ist? Burki: «Unser Verhältnis ist professionell und wir sprechen auch Meinungsverschiedenheiten an.»

An einem Strang ziehen

Wie reagiert Marinko Jurendic? Er sagt: «Ich freue mich, dass der Weg, den mein Staff und ich im Sommer eingeschlagen haben, vom Verwaltungsrat und vom Sportchef getragen wird. Wir alle – inklusive Sandro Burki – sind erst seit Kurzem in unserem Ämtern beim FC Aarau. Ich habe die Unterstützung von Sandro seit dem ersten Tag gespürt. Wenn wir weiterhin alle an einem Strang ziehen, bin ich überzeugt, stellt sich langfristig beim FC Aarau wieder der Erfolg ein.»

Vor den Festtagen ist beim FC Aarau der Burgfrieden eingekehrt. Wie lange er hält, wird sich zeigen.