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Sport (AZ, BT)
Das 19. Kantonsderby hat einen Sieger gefunden: Der FC Aarau besiegt den FC Wohlen nach lange Zeit ausgeglichenem Spiel 4:2. Die überragende Figur auf dem Platz war Aaraus Spielmacher Gianluca Frontino heraus, der drei Tore erzielte.
Optimisten sagen: Gianluca Frontino ist auf bestem Weg zum dominanten Spieler des FC Aarau. Zum Spiritus Rector, der seine Teamkollegen besser macht. Nach den zwei Toren vor zwei Wochen im Heimspiel gegen Chiasso (4:1) legt Frontino gestern im Derby noch einen drauf: Drei Treffer, einer schöner als der andere, der direkt verwandelte Freistoss zum 4:2 ist gar eine Augenweide. Frontino ist mit Abstand der beste Akteur auf dem Platz.
Pessimisten fragen: Wo war Frontino in den zwei Auswärtsspielen dieses Jahres gegen Xamax (1:3) und Servette (0:4)? In den Duellen gegen die beiden Spitzenteams der Challenge League bleibt Frontino wie die ganze Mannschaft blass – ein bisschen «mittschutten», mehr nicht. Seine Kritiker sagen, Frontino sei ein Schönwetterspieler, der nur dann brilliere, wenn es auch der Mannschaft läuft.
Nach den bisher fünf Spielen seit Beginn der Rückrunde lässt sich festhalten: Beide Seiten haben recht. Den Beweis, unabhängig von seinen Mitspielern gut zu spielen, konnte Frontino im FCA-Dress noch nicht liefern. Den Nachweis indes, dass er es könnte, hat er im Derby gegen Wohlen nicht das erste Mal erbracht.
Was sagt der Mann des Spiels zum Sieg im vorerst letzten Kantonsderby im Brügglifeld? «Mir persönlich ist es super gelaufen, das freut mich natürlich schon. Es war mein erster Hattrick als Profi. Dass das im Derby gelang, in dem für uns verlieren verboten galt, macht das Ganze besonders schön.»
Das «Aber» zwischen den Zeilen ist offensichtlich, etwas passt Frontino trotz seiner Galavorstellung und des klaren Schlussresultats nicht. Er sagt: «Ich ärgere mich, dass wir nicht dominanter gespielt haben und Wohlen so lange die Chance auf einen Punktgewinn hatte. Das wurmt mich fast mehr, als dass ich mich über den Sieg freue.» Selbstkritisch fügt er an: «Gegen Mannschaften wie Wohlen, Chiasso oder Schaffhausen reicht das. Aber wo wir wirklich stehen, haben die Spiele in Neuenburg und Genf gezeigt. Diese Klubs sind eine Klasse besser als wir. Mir ist lieber, haben wir beide Spiele deutlich verloren, nicht dass wir uns noch einbilden, wir seien schon auf Augenhöhe mit Xamax und Servette.»
Frontino ist im vergangenen September von Winterthur ins Brügglifeld gewechselt, um mit dem FC Aarau mittelfristig um den Aufstieg in die Super League mitzuspielen. Er sagt: «Von diesem Ziel rücke ich nicht ab. In der nächsten Saison soll der FC Aarau wieder Erfolg haben.»
Dafür braucht es im Sommer von Beginn an einen Frontino in Hochform. Das Zeug, die Mannschaft zu Höhenflügen zu führen, attestiert ihm auch Trainer Marinko Jurendic: «Ich bin froh, dass Gianluca nun die entscheidenden Dinge tut. In einem längeren Gespräch in der Winterpause habe ich ihm klargemacht, dass ich diese dominante Rolle von ihm erwarte. Spieler wie er brauchen Vertrauen und Freiheiten auf dem Platz.»
Zum Spiel: Auch für dessen Analyse passt die Betrachtungsweise aus der Warte des Optimisten und des Pessimisten.
Das Kommen hatte sich für die 2680 Zuschauer gelohnt. Sechs Tore – die Partie zwischen den Kantonsrivalen wurde zum erwarteten Torfestival. Der FC Aarau spielte die vier Tore ansehnlich heraus, war effizient und brach nach den zwei Nackenschlägen, den jeweils postwendenden Wohler Toren zum 1:1 und zum 2:2, nicht auseinander. Das wäre in der Vorrunde ziemlich sicher anders gewesen. Auch für die Statistik war dieses 4:2 Gold wert: Die Dauer der Ungeschlagenheit im Brügglifeld konnte auf neun Spiele ausgebaut werden, was innerhalb einer Saison Rekord bedeutet.
Aber nach dem Spiel gab es selbst aus dem Aarauer Lager etliche kritische Stimmen. Hauptpunkt: Die beiden Gegentore, beide zwei Minuten nach dem 1:0 und dem 2:1, bei beiden sah Goalie Steven Deana schlecht aus: Tadics Kopfball zum 1:1 war haltbar. Zu allem Unglück prallte Deana bei dieser Szene in den Torpfosten und erlitt eine Prellung im Oberschenkel. Statt sich auswechseln zu lassen, blieb er im Tor und patzte prompt vor Pagliucas 2:2. Dann aber ging Deana raus, für ihn stand fortan der hochgelobte Lars Hunn im Tor. Die Aarauer mussten sich beim 18-Jährigen bedanken, dass er mit zwei starken Reflexen eine Wohler Führung verhinderte. Guter Goalie oder schlechte Abwehr? Alles Ansichtssache, wie so vieles in diesem Derby.