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Sport (AZ, BT)
Nach einem schrecklichen Herbst will der FC Wohlen die Winterpause nutzen, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Kein einfaches Unterfangen, denn bereits besteht wieder Erklärungsbedarf. Diesmal wegen einer Unterschrift.
Heute Sonntag wartet als letzte Hauptmahlzeit vor der kurzen Winterpause in der Challenge League ein schwer verdaulicher Brocken auf den FC Wohlen. Der klare Leader Vaduz macht seine Aufwartung auf der Niedermatten (Spielbeginn 14 Uhr).
Danach folgt quasi als Dessert am Donnerstag die mit Spannung erwartete Medienkonferenz zu den Vorkommnissen der letzten Wochen.
Und zeitlich irgendwann dazwischen wird auch noch die Disziplinarkommission der Swiss Football League entscheiden, ob und wie sie den Klub und deren Funktionäre für den Doppelvertrag mit dem brasilianischen Spieler Wellington bestrafen will.
Zeigt die Mannschaft Charakter?
Die Vereinsspitze spricht also bald wieder. Aber holt die Mannschaft in absehbarer Zeit auch wieder Punkte? Zumindest für den Abschluss der Hinrunde gegen Vaduz käme dies einem kleinen Wohler Wunder gleich.
Für den glück- und erfolglosen Trainer David Sesa geht es nicht nur um einen möglichen zweiten Saisonsieg im 18. Spiel.
Es geht auch darum, dass seine Mannschaft den Vereinsverantwortlichen und den Zuschauern nach zuletzt fürchterlichen Auftritten und einer ungesunden Leistungskurve beweist, dass sie lebt, dass Hoffnung auf Besserung besteht.
Ein engagierter, kämpferischer Auftritt könnte unabhängig des Resultats darüber entscheiden, ob Sesa bei Wiederaufnahme des Meisterschaftsbetriebs am 1. Februar noch immer Trainer des FCW ist.
Zwar will die Klubleitung wenn immer möglich an Sesa festhalten, da sie von den menschlichen Vorzügen und den beruflichen Fähigkeiten ihres wichtigsten Angestellten nach wie vor überzeugt ist.
Aber noch mehr will sie in der Challenge League bleiben. Und der FCW befindet sich sportlich in einer Situation, in welcher das Abwägen zwischen Kontinuität und Veränderung in der Teamführung längst begonnen hat.
Angesichts des imposanten Lazaretts von verletzten Spielern, welches die missliche Lage mitbegründet, kann es aber durchaus auch eine Strategie sein, das Sprichwort «Zeit heilt Wunden» wörtlich zu nehmen und weiter abzuwarten.
Der Presseboykott brachte negative Presse
Allerdings hat sich dieselbe Taktik im Fall Wellington eher als Rohrkrepierer erwiesen. Das wochenlange Stilschweigen der FCW-Führung zum Doppelvertrag hat vielerorts Kopfschütteln und Unverständnis ausgelöst.
Sich zu erklären, ist bisweilen der geeignetere Weg, um für Ruhe zu sorgen. Zumindest darf der Vereinsspitze attestiert werden, dass sie dies erkannt hat und sich nach dem Auftauchen des nächsten schwer erklärlichen Puzzleteils im Ping-Pong zwischen Klub, Spieler und Beraterfirma – das wegen der Informationssperre des FCW in der jüngsten Vergangenheit oft zum reinen «Ping» verkam – erklärt.
René Meiers Unterschrift auf Wellingtons Vertrag
Dieses Puzzleteil betrifft ein Exemplar mit der Unterschrift von René Meier. Eine Fälschung? Denn auf den bisher bekannten Spielerverträgen mit dem Brasilianer – wovon drei Originale mit der Lohnsumme von 3000 Franken und ein Exemplar mit der Summe von 3800 Franken existieren – unterschrieb neben dem (nicht unterschriftsberechtigten) Berater Reiner Hertrampf und Wellington selber für den FC Wohlen lediglich Andy Wyder.
Die mögliche Zweitunterschrift blieb leer. Bei anderen Spielern des FC Wohlen stand dort jeweils der Name von Verwaltungsratspräsident René Meier. Dass diese beim «Last-Minute-Transfer» Wellington fehlt, kann Meier plausibel erklären: «Als die Verträge mit Wellington gemacht wurden, war ich ferienabwesend. Ich habe auch an keinerlei Vertragsverhandlungen mit dem Spieler Wellington teilgenommen», erklärt der Verwaltungsratspräsident auf Anfrage der Aargauer Zeitung.
Doch ausgerechnet der Anwalt der Spielervermittlungsagentur Sports Core, welche in diesem Sommer Wellington und einen weiteren Spieler zum FCW transferierte, zauberte eine Version mit Meiers Unterschrift hervor. Steckt hier ein weiterer persönlicher Angriff auf den polarisierenden FCW-Chef dahinter?
Ein internes Dokument wird durch Urs Bächer öffentlich
Meier selber entkräftet diese Theorie. «Es gibt ein Exemplar, welches ich zuhanden der Finanzbuchhaltung nach meiner Rückkehr aus den Ferien intern visiert habe», beantwortet er die entsprechende Frage.
«Andreas Wyder hat mir nach meinen Ferien eine Anzahl Spielerverträge zur internen Unterzeichnung vorgelegt. Darunter wird wohl auch das der AZ vorliegende interne Exemplar des Vertrages mit dem Spieler Wellington gewesen sein», fährt Meier fort.
Will man Davide Persico, General Manager von Sports Core, glauben, hat ausgerechnet Wohlens Geschäftsführer Urs Bächer dieses Dokument an die Beraterfirma geliefert, wogegen die Staatsanwaltschaft vom FCW nur Exemplare ohne Meiers Unterschrift erhalten hat.
Es wäre nicht die erste unglückliche Aktion von Geschäftsführer Bächer in den letzten Monaten. Der ehemalige Topspieler zahlt in seinem neuen Job derzeit beträchtliches Lehrgeld. Vielleicht gelingt der Vereinsführung mit der Pressekonferenz am Donnerstag ja auch im Fall Wellington der Turnaround. Wie auch immer ein solcher aussehen soll.