Handball
Protest nach Aufstiegs-Drama im Aargauer Handball: Entscheid fällt frühestens am Freitag

Ob der TV Endingen oder der HSC Suhr Aarau direkt in die Handball-NLA aufsteigt, entscheidet sich nicht vor Freitag. Frühestens dann will die Nationale Disziplinarkommission des Verbandes über den Protest der Endinger entscheiden - diese fühlen sich um einige Sekunden betrogen.

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Die Enttäuschung ist gross: Der TV Endingen verpasst den Aufstieg in die NLA

Die Enttäuschung ist gross: Der TV Endingen verpasst den Aufstieg in die NLA

Alexander Wagner

Der TV Endingen hat seinen Protest gegen die Wertung des entscheidenden Spiels - nach dem 29:29 gegen den HSC Suhr Aarau verpassten die Surbtaler den direkten Aufstieg in die NLA - am Dienstag fristgerecht bestätigt. «Das Geschäft liegt nun zur Beurteilung bei der Nationalen Disziplinarkommission, welche die verschiedenen Stellungnahmen so rasch wie möglich einholt und danach einen Entscheid fällt», sagt Marco Ellenberger, der Medienchef des Schweizerischen Handballverbandes, auf Anfrage. Obwohl die Kommission den Prozess beschleunige, sei wohl nicht vor Freitag mit einem Entscheid zu rechnen.

Endingens Sportchef Marco Eggenschwiler hatte am Samstag unmittelbar nach Spielschluss bei den Verbands-Offiziellen einen Protest gegen die Wertung angekündigt. Der Ausgang des juristischen Nachspiels könnte das Meisterschaftsfinale auf den Kopf stellen: Mit dem 29:29-Unentschieden hatte der HSC Suhr Aarau den direkten Aufstieg in die NLA realisiert. Endingen dagegen muss den Umweg über die Barrage gegen den A-Ligisten Fortitudo Gossau antreten. Falls das Spiel aber wiederholt würde und Endingen gewinnt, wären die Surbtaler nächste Saison definitiv in der NLA und der HSC in der Barrage.

Die Uhr lief, das Spiel nicht

Streitpunkt sind die letzten Sekunden des Spiels. Sechs Sekunden waren noch auf der Uhr, als die Endinger beim Stand von 29:29 einen Freiwurf ausführen wollten. HSC-Spieler Martin Prachar stürmte auf den Endinger los, der auf 9 Metern den Ball hielt, um den Freiwurf auszuführen. Wegen groben Vergehens erhielt er dafür die rote Karte.

Als das Spiel wieder aufgenommen wurde, waren nur noch zwei statt sechs Sekunden auf der Matchuhr. Am Zeitnehmertisch ging man wohl davon aus, dass zum Zeitpunkt, in dem Prachar losstürmte, der Schiedsrichter das Spiel wieder angepfiffen hatte und dieses wieder freigegeben war. Doch war dem wirklich so? Wegen des ohrenbetäubenden Lärms in der mit 2136 Zuschauern gefüllten GoEasy-Halle war es jedoch kaum möglich zu beurteilen, ob der Schiedsrichter angepfiffen hatte oder eben nicht.

«Wir hätten während sechs Sekunden mit sieben gegen vier Feldspielern agieren können. Das bedeutet auf diesem Niveau im Normalfall eine Grosschance», sagt Endingens Sportchef Eggenschwiler. Doch in nur zwei Sekunden sei nicht viel mehr als ein einziger Pass und der Torschuss möglich gewesen.

Fall für Disziplinarkommission

Die Nationale Disziplinarkommission muss nun über den Fall befinden. Doch die Zeit drängt. Bald stehen die Barrage-Spiele auf dem Programm. Laut Marco Ellenberger, Medienbeauftragter des Schweizerischen Handballverbands, stellen sich drei Fragen. «Die Nationale Disziplinarkommission wird zuerst prüfen, ob bei der Eingabe des Protest alles korrekt abgelaufen ist und ob sie auf den Protest eintritt.»

Die zweite Frage: «Gibt es die Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens?» In der NLA gibt es ein sogenanntes «Schnellgericht», in der NLB nicht. Die letzte Frage: «Kann gegen einen allfälligen Entscheid der Nationalen Disziplinarkommission Rekurs eingelegt werden oder nicht?» Ein Rekurs würde erneut wertvolle Zeit kosten. Falls der Protest gutgeheissen wird, «ist davon auszugehen, dass das Spiel wiederholt wird», sagt Ellenberger. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass nur die sechs letzten Sekunden nachgeholt werden.»

Endingens Geschäftsführer Christian Villiger ist skeptisch, was die Erfolgschancen des Protests betrifft: «Rein logistisch wäre es fast nicht möglich, dieses Spiel nachzuholen.» Dennoch sei der TV Endingen gegenüber seinen Spielern und Partnern gewissermassen verpflichtet, die juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen. «Aus unserer Sicht sind die letzen sechs Sekunden nicht korrekt abgelaufen», betont Villiger.

Wie sehr man in Endingen allerdings davon ausgeht, dass das 29:29 Bestand haben wird, zeigt der Umstand, dass die Barrage-Termine gemeinsam mit Fortitudo Gossau bereits fixiert worden sind. So soll das Heimspiel der Endinger am 14. Mai (18 Uhr) stattfinden, das Rückspiel am 21. Mai (17.30 Uhr). «Unsere Vorbereitung für die Barrage läuft», sagt Villiger, «wir machen vorerst so weiter, als gäbe es den Protest nicht.»

Impressionen vom ersten Aufstiegsdrama zwischen Endingen und Suhr (29:29) Der Endinger Simon Huwyler lässt den Kopf hängen. Im Hintergrund feiern die Suhrer.
17 Bilder
Die Enttäuschung bei Endingen ist kurz nach dem Abpfiff gross. Suhr Aarau steigt dank dem 29:29 auf, Endingen fehlte nur ein Tor.
Endinger Anhänger in der mit 2136 Zuschauern gefüllten Halle
Ljubormir Josic (Suhr) vor toller Kulisse in der GoEasy-Arena.
Karlo Ladan (links, Endingen) gegen Stevan Kurbalija (rechts, Suhr).
Beau Kägi (links, Suhr) gegen Goalie Andre Willimann (rechts, Endingen).
Christian Riechsteiner (links, Endingen) gewinnt ein Penaltyduell gegen Martin Pramuk (rechts, Suhr): Riechsteiner trifft 10 Mal in diesem Match, 5 Mal von der Siebenmeterlinie.
Tim Aufdenblatten (Mitte, Suhr) gegen Lukas Riechsteiner (links) und Karlo Ladan (rechts, beide Endingen).
Die Fans des TV Endingen gaben alles.
Endingens Captain Christian Riechsteiner (links, Endingen) gegen Patrick Romann (rechts, Suhr).
Der Endinger Lukas Riechsteiner beim Abschluss - er erzielte drei Tore in der Nervenschlacht.
Der Zurzibieter Patrick Romann von Suhr Aarau (Mitte) erzielt den letzten und entscheidenden Treffer für sein Team. Im Bild ist gegen Karlo Ladan (links) und Christian Riechsteiner (rechts) vom TV Endingen.
Letztes Time-Out. Und alle stehen in der Halle - Endingen gelingt kein Tor mehr, es bleibt beim 29:29.
Suhr Aarau steigt nicht nur auf, sondern holt sich auch den NLB-Meister-Pokal.
Der Jubel bei Suhr Aarau ist gross.
So jubelt Suhr Aarau mit den Fans nach der Nervenschlacht gegen Endingen.
Der in Bad Zurzach aufgewachsene Patrick Romann (links) feiert mit Lukas Strebel (rechts, beide Suhr) den Aufstieg.

Impressionen vom ersten Aufstiegsdrama zwischen Endingen und Suhr (29:29) Der Endinger Simon Huwyler lässt den Kopf hängen. Im Hintergrund feiern die Suhrer.

Alexander Wagner