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Sport (AZ, BT)
Ist es eine optische Täuschung? Oder steht Marinko Jurendic tatsächlich auf dem Spielfeld, wirkt aufgeregt und aufgewühlt?
Der Trainer des FC Aarau verwirft die Hände, eilt in Richtung Charles André Doudin und verpasst dem Mittelfeldspieler von Xamax einen leichten Stoss vor die Brust.
Es ist keine optische Täuschung. Jurendic hat sich eine knappe Viertelstunde vor Schluss für einige Sekunden nicht mehr unter Kontrolle. Ausgerechnet der Mann, der sonst die Ruhe in Person ist, zeigt Gefühle, Emotionen. Mehr noch. Er ist ausser sich. Die logische Folge: Schiedsrichter Pascal Erlachner verweist Jurendic nach der Handgreiflichkeit auf die Tribüne.
«Es war ein Reflex, also alles andere als eine böswillige Aktion», blickt Jurendic zurück. «Unser Verteidiger Mehidic lag auf dem Boden. Trotzdem trat ihm Xamax-Spieler Doudin mit Absicht auf den Fuss. Nach dieser Szene ist es mit mir durchgegangen. Ich bin Trainer des FC Aarau und will meine Spieler vor solchen Aktionen schützen.»
Es ist schön und gut, dass sich Jurendic für seine Spieler einsetzt. Aber das Betreten des Spielfelds, die «Streicheleinheit» an Doudin und die Verbannung auf die Tribüne wird für den FC Aarau Folgen haben: Jurendic wird mit Sicherheit gebüsst.
Ob die Sache damit erledigt ist, steht in den Sternen. Es käme nicht überraschend, wenn der Nachfolger von Marco Schällibaum von der Swiss Football League wegen des Aussetzers für das eine oder andere Spiel gesperrt würde.
Apropos Sperren: Es war nicht Xamax-Spieler Pietro Di Nardo, der kurz vor Schluss von der Ersatzbank eine Wasserflasche aufs Spielfeld geworfen hat. Nach Angabe von Xamax-Präsident Christian Binggeli war Raphael Nuzzolo der Übeltäter. Spielleiter Erlachner hat also dem falschen Spieler die rote Karte gezeigt.
Zurück zu Jurendic, dem unmittelbar nach dem 2:0-Sieg gegen Xamax die Folgen seines unüberlegten Handelns sicherlich noch nicht bewusst waren. Erst einmal wurde gefeiert: Der Sieg gegen die Neuenburger ist für den Trainer ein Befreiungsschlag. Der Druck auf seiner Person bleibt zwar nach wie vor gross, aber der Sieg gegen den Aufstiegsfavoriten Nummer eins ist Gold wert.
Logisch, dass Jurendic mit der Leistung zufrieden war. «Die Mannschaft hat überzeugt und vor allem defensiv nicht viel zugelassen», sagt er. «Dass wir in den vergangenen vier Spielen nur einen Treffer kassierten, ist ein Zeichen für Stabilität. Zudem hatten wir viele offensive Aktionen und waren effizient.»
Marinko Jurendic ist der eine Sieger des FC Aarau, Varol Tasar der andere. Der Deutsche mit türkischen Wurzeln stand gegen Xamax erstmals in der Startformation, war beim Treffer zum 1:0 beteiligt und schoss das 2:0 selbst.
Tasar gibt sich damit aber nicht zufrieden. «Das Erfolgserlebnis tut gut, aber es ist erst ein Anfang», sagt er. «Wenn ich den Platz in der Startelf verteidigen will, dann muss ich weiter Vollgas geben.»
Tasar ist zwar erst 20 Jahre alt, hat als Fussballer aber schon eine turbulente Zeit hinter sich. Er lancierte seine Karriere beim Nachwuchs vom VfB Waldshut und dem SV Laufenburg 08. Dann wechselte er zu den Junioren des FC Basel und in die Promotion League zu den Old Boys Basel.
Nach einem viermonatigen Abenteuer beim türkischen Klub Aydinspor 1923 kehrte er in die Schweiz zurück und nahm beim 2.-Ligisten FC Klingnau einen neuen Anlauf. Mit Klingnau wurde er Aargauer Cupsieger 2016 und schoss beim 2:1-Sieg im Final gegen Eagles Aarau den entscheidenden Treffer in der Nachspielzeit.
In der vergangenen Saison erzielte Tasar fürs Team Aargau U21 in 21 Spielen 22 Treffer und wurde deshalb von seinen Teamkollegen nur noch Tormaschine genannt. Ob sein Höhenflug beim FC Aarau weitergehen wird?