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Sport (AZ, BT)
Chris Räber aus Muri ist ein verrückter Kerl – im positiven Sinne. Seine Berufung hat er beim Mountainbike-Slopestyle gefunden. Schritt für Schritt nähert sich der Murianer der internationalen Spitze. Adrenalin und Leidenschaft sind seine Motivation.
Es braucht schon ein gehörige Portion Überzeugung und positives Denken, wenn einer im Spital liegt, die Beine zwar fühlen, aber kaum bewegen kann und später von sich gibt, dass das Erlebnis zwar einschneidend gewesen sei, er aber keine Sekunde daran gezweifelt habe, wieder auf das Bike zu steigen.
«Crashen gehört einfach zu unserem Sport dazu», ergänzte der Murianer «Slopestyler» Chris Räber.
Vorausgegangen war 2013 ein Sturz bei der Eröffnung des Hammer-Parks in Lenzburg, der einen einwöchigen Spitalaufenthalt zur Folge gehabt hatte.
Mitten in der Weltelite
Mit derselben Überzeugung stand er vor wenigen Wochen beim «Rocket Air Slopestyle» in Thun erstmals bei einem internationalen Contest der World Tour am Start.
Der inoffizielle Schweizer Meister begab sich im Berner Oberland mitten unter die 40 besten Cracks der Welt.
Dass er dabei um Haaresbreite den Einzug ins Haupttableau der 26 Besten verpasste, zeigt auf, dass er sich vor der scheinbar übermächtigen Internationalen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht.
«Ich bin mit meinem Auftritt extrem zufrieden. Noch vor wenigen Jahren habe ich als Zuschauer beobachtet, was es braucht, um dort dabei zu sein. Jetzt brachte ich meine beiden Runs exakt so herunter, wie ich es geplant habe», meinte Räber.
Die Mountainbike-Disziplin Slopestyle ist nichts für schwache Nerven. Saltos, Sprünge und Drehungen in grosser Höhe gehören zur Tagesordnung. Gestartet wird in Parks auf bis zu zehn Meter hohen Rampen.
«Wenn du da oben stehst, verspürst du Adrenalin pur», so Räber. Eigentlich habe in solchen Momenten jeder Angst.
Sein grosser Trainingsaufwand, wo die Sprünge immer wieder geübt werden, gebe ihm aber die Sicherheit, dass nichts passiere.
Anschauungsunterricht dieser spektakulären Sportart kriegt man im Internet, wenn man den Begriff «Slopestyle» googelt.
30 Stunden Training wöchentlich
Seiner Leidenschaft widmet der 25-Jährige bis zu 30 Stunden Training in der Woche – meist beim Brunaupark in Zürich oder in Trails am Üetliberg. Dazu kommen Wettkämpfe und Showanlässe im In- und Ausland. Dies ist auch der Grund, warum der gelernte Velomechaniker einer temporären Anstellung nachgeht. Neben dem beruflichen Einkommen sind Showanlässe eine weitere Einnahmequelle. Materielle Unterstützung erhält Räber von einem Sponsor.
Kein Zufall ist, dass sich Räber regelmässig in die Staaten begibt. Swiss Chris, wie er in der Amerikanischen Szene genannt wird, wurde dort geboren. Seine Mutter ist Amerikanerin. Er besitzt dadurch die Doppelbürgerschaft.
2012 begab er sich von New Jersey, dem Wohnort seiner Grossmutter, zum Bundesstaat New Hampshire, um einen Slopestyle-Park, den er vom Fernsehen her kannte, zu begutachten. Eigentlich war nur ein Weekend geplant.
Dass daraus vier Wochen wurden, verdankte er dem Hurrikan «Sandy». Dieser sorgte mit seiner Zerstörungsgewalt dafür, dass alle Zugangsstrassen zum Park gesperrt werden mussten.
«Als mich der Park-Chef schlafend im Auto entdeckte, bot er mir an, in seinem Haus gratis zu wohnen. Als Gegenleistung half ich ihm beim Aufräumen», erinnert sich Räber.
Im folgenden Jahr sei er dann dort für die ganze Saison als Instruktor angestellt gewesen. 2014 habe er noch einmal drei Monate dort verbracht. «Zum Trainieren war das eine perfekte Konstellation», sagt Räber.
Leben ohne Biken: «Unvorstellbar»
Dass der Freiämter in dieser Szene als Späteinsteiger schon zur älteren Garde gehört, stört ihn nicht. Seinen Ausführungen ist die Leidenschaft, mit welcher er diesen Sport betreibt, herauszuhören.
«Ich kann mir ein Leben ohne Biken nicht vorstellen. Mein Antrieb sind nicht grosse Ziele. Ich betreibe einen enormen Aufwand und will mich einfach Schritt für Schritt verbessern.»
Die mentale Stärke und Lockerheit, mit der er die Sache angehe, seien sein Erfolgsrezept. Diese lasse er sich durch hohe Zielsetzungen nicht nehmen, so Räber.