Challenge League
Marvin Spielmann auf der Achterbahn: In Thun sucht der frühere Aarauer eine neue Herausforderung

Der frühere Flügelstürmer des FC Aarau stürzt mit dem FC Wil ab. In Thun findet er eine neue Herausforderung, wo wieder voll und ganz der Fussball in Zentrums steht. Beim FC Aarau wäre Marvin Spielmann aber durchaus ein Thema gewesen.

Ruedi Kuhn
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Marvin Spielmann gefällt es am Thunersee: «Hier ist es wunderschön», sagt er.

Marvin Spielmann gefällt es am Thunersee: «Hier ist es wunderschön», sagt er.

Mario Heller

Marvin Spielmann schlendert am Ufer des Thunersees entlang, lässt den kleinen Hafen und das schmucke Strandbad links liegen, blickt aufs Wasser und sagt: «Hier ist es wunderschön. Nach Wochen der Ungewissheit beim FC Wil schätze ich die Ruhe und Idylle im Berner Oberland besonders. Es ist für mich so etwas wie ein Neuanfang. Jetzt kann ich mich wieder voll und ganz auf meine Leidenschaft Fussball konzentrieren.»

Spielmann fühlt sich wohl. Die Unterschrift unter einen langfristigen Vertrag beim FC Thun gibt dem 21-jährigen Berufsfussballer Selbstvertrauen und Sicherheit zurück. Er braucht nach eigener Aussage eine Wohlfühloase, um als Profi das volle Leistungspotenzial abrufen zu können. Spielmann ist aber vor allem eines: dankbar.

Glücklich, den FC Wil zu verlassen

Dankbar dafür, dass sich sein emsiger Berater Steven Semeraro und Thuns Sportchef Andres Gerber schnell und unkompliziert auf einen Vertrag bis 2020 mit Option auf ein weiteres Jahr einigen konnten.

Und dankbar ist der trickreiche, antrittsschnelle Flügelstürmer auch dafür, dass er in der Nähe der Stockhorn Arena eine kleine, möblierte Wohnung gefunden hat. Einfach deshalb, weil so der Weg zu den Trainingseinheiten nicht allzu weit ist.

Marvin Spielmann möchte nicht mehr über die Zeit beim FC Wil sprechen.

Marvin Spielmann möchte nicht mehr über die Zeit beim FC Wil sprechen.

Mario Heller

Der FC Thun ist also der neue Arbeitgeber von Spielmann. Gut so! Aber wie hat der junge Mann die vergangenen Wochen und Monate beim finanziell arg gebeutelten FC Wil erlebt? «Ich möchte eigentlich nicht mehr über diese Zeit sprechen», sagt er.

«Ich bin glücklich, dass mir die Wiler Anfang dieser Woche den vollen Januar-Lohn auf mein Konto überwiesen haben. Damit ist dieses Kapitel für mich zu Ende. Endgültig! Ich will nicht mehr länger in der Vergangenheit herumwühlen. Ich freue mich auf die Zeit in Thun und bin froh, dass ich wieder sorgenfrei Fussball spielen kann.»

Der Pleitegeier kreist

Verständlich! Spielmann hat beim FC Wil turbulente Zeiten hinter sich. Details erfährt man von ihm aber nicht. Spielmann schweigt hartnäckig. Dann bringen wir Licht ins Dunkel: Das Unheil begann Ende Januar, als Wils Klubverantwortlicher Roger Bigger plötzlich in der Spielerkabine auftauchte und vom Ausstieg der türkischen Investoren um den steinreichen Unternehmer Mehmet Nazif Günal berichtete. Der Mäzen nahm also Reissaus. Damit endete das Fussball-Märchen mit dem Goldesel abrupt.

Spielmann war frustriert, konsterniert und schockiert zugleich. Statt Aufstieg in die Super League, statt Spiele auf internationalem Parkett, statt einem neuen Stadion mit modernstem Trainingszentrum und statt einem Vergnügungspark kreist der Pleitegeier über dem FC Wil.

Präsident Bigger bat Spielmann um eine Lohnreduktion von sage und schreibe 75 Prozent. Das konnte, das wollte Spielmann nicht akzeptieren. Für den Flügelstürmer war klar: Vertragsauflösung! Weg vom FC Wil! Und zwar möglichst schnell!

Geld nicht Hauptgrund

Dabei hatte während der Winterpause der Saison 2015/16 alles noch vielversprechend ausgesehen. Der FC Wil bot Spielmann einen lukrativen Vertrag bis 2020 und dem FC Aarau eine Ablösesumme von 825 000 Franken. Für Spielmann war es sportlich und vor allem finanziell ein Aufstieg.

Marvin Spielmann (hier im Aarauer Dress) wechselte nicht wegen dem Geld zum FC Wil.

Marvin Spielmann (hier im Aarauer Dress) wechselte nicht wegen dem Geld zum FC Wil.

KEYSTONE/URS FLUEELER

«Der Hauptgrund für den Wechsel von Aarau zu Wil war nicht das Geld», sagt Spielmann. «Der Hauptgrund war das hohe sportliche Ziel des Klubs. Ich sah die Möglichkeit, mit einer starken Mannschaft im Spitzenfussball in der Schweiz mitzumischen. Diese Chance musste ich packen. Wer konnte vor einem Jahr schon wissen, dass das Ganze kein gutes Ende nimmt.»

Warum nicht zurück zu Aarau?

Bleibt die Frage, warum Spielmann zum FC Thun wechselte und nicht zum FC Aarau zurückkehrte? Aufseiten der Aarauer war Spielmann nämlich durchaus ein Thema: «Wir dachten tatsächlich an Marvin», sagt FCA-Vizepräsident Roger Geissberger. «Aber eine Verpflichtung kam erst auf die neue Saison hin infrage. Kurzfristig haben wir unseren Fokus auf die Verpflichtung von Igor Nganga gelegt. Wir sind froh, dass uns dieser Transfer gelungen ist.»

Und was sagt Spielmann zu einer Rückkehr zum FC Aarau? «Aarau ist und bleibt meine Heimat», erklärt er. «Aber jetzt freue ich mich auf den FC Thun. Dieser Herausforderung will ich mich stellen.»