Corona-Krise
Liquidität vorerst gesichert - aber: Der Führungswechsel beim FC Aarau ist wohl vertagt

Noch vor zwei Wochen grübelten sie im Brügglifeld, wie in der nächsten Saison der Aufstieg in die Super League zu realisieren sei. Ein Luxusproblem verglichen mit den Fragen, die den FC Aarau mittlerweile beschäftigen: Wann geht das Geld aus? Und droht wegen der Corona-Krise ein Führungsvakuum?

Sebastian Wendel
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Der designierte FCA-Präsident Philipp Bonorand (links) mit Noch-Klubboss Alfred Schmid

Der designierte FCA-Präsident Philipp Bonorand (links) mit Noch-Klubboss Alfred Schmid

Colin Frei

Philipp Bonorand, Verwaltungsrat der FC Aarau AG und designierter Nachfolger von Präsident Alfred Schmid, kann in finanzieller Hinsicht Entwarnung geben, zumindest für den Zeithorizont der laufenden Saison, die administrativ am 30. Juni endet: „Bis dahin können wir die Liquidität sicherstellen. Der FC Aarau wird alle Löhne bezahlen.“ Das gilt auch für den längst nicht mehr unwahrscheinlichen Fall, dass in dieser Saison keine Partien mehr stattfinden.

Während anderen Klubs ohne Einnahmen, aber mit weiterlaufenden Ausgaben in naher Zukunft der Kollaps droht, profitiert der FCA von der Vorarbeit der im Sommer abtretenden Klubführung. Oft wurden Schmid, Geissberger und Co. kritisiert für ihre Sparpolitik, nun zahlt sich diese in Form von Reserven aus, die vergangenen Geschäftsjahre beendete die FC Aarau AG stets mit einem Plus.

Aber – und das ist schon jetzt klar: Die Reserven im mittleren sechsstelligen Bereich werden bis im Sommer aufgebraucht sein. Mit welchem Budget es danach weitergeht (aktuell knapp 6 Millionen Franken), ist unklar. Das „Gute“ mit Blick auf die nächste Saison: Auch die anderen Klubs werden den Gürtel enger schnallen müssen, die Konkurrenzfähigkeit dürfte der FCA behalten. Mehr noch: Der Fakt, dass der FCA nicht von Einzelpersonen abhängig, sondern auf die breite Abstützung durch Sponsoren und Gönner zählen kann, könnte sich sogar als Vorteil herausstellen.

Vorausgesetzt jedoch, Mitte Juli wird wieder vor Zuschauern Fussball gespielt. Denn Robert Breiter, Generalsekretär des Schweizerischen Fussballverbandes, zieht sogar in Betracht, dass je nach Dauer des Ausnahmezustandes 2020 kein Liga- oder Länderspiel mehr stattfindet. Was dieses - neben den schon reellen - schlimmste aller Corona-Szenarien für den FC Aarau bedeuten würde, steht in den Sternen, von daher sind Prognosen schwierig.

"Spieler haben ihre Sorgen geäussert"

Doch Philipp Bonorand gibt zu verstehen, dass in der FCA-Familie keiner im Stich gelassen werde: „Auch bei uns haben Spieler ihre Sorgen geäussert. Im Gegensatz zu den grossen Ligen reichen in der Challenge League die meisten Löhne nicht für mehr als für den Lebensunterhalt. Die Klubführung hat allen Angestellten versichert, sich in dieser schwierigen Situation um sie zu kümmern.“ Für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle hat die FC Aarau AG Kurzarbeit angemeldet. Sobald das auch für Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag möglich ist, wird der FCA auch für Spieler und Trainerstab Kurzarbeit beantragen. Der Schweizerische Fussballverband arbeitet diesbezüglich mit den Behörden an einer für alle Profiklubs gültigen Lösung.

Für alle im Zusammenhang mit der Corona-Krise aufgestellten Szenarien gilt: Sie sind hypothetisch, weil niemand weiss, wie die Situation und behördlichen Massnahmen morgen, in einer Woche oder in einem Monat aussehen. Ziemlich reell ist beim FCA jedoch die Verschiebung der Generalversammlung der FC Aarau AG. Diese ist am 26. Mai terminiert und sollte eigentlich zur feierlichen Verabschiedung von Präsident Alfred Schmid und seinem Stellvertreter Roger Geissberger sowie zur Inthronisation von Philipp Bonorand an der Klubspitze werden. Schmid sagt: „Es ist zu früh, um bezüglich Generalversammlung eine definitive Entscheidung bekannt zu geben. Aber wir müssen schnellstmöglich Klarheit schaffen und Aktionäre sowie Fans informieren. Persönlich gehe ich angesichts der täglich schlimmer werdenden Corona-Krise davon aus, dass die Generalversammlung nicht am 26. Mai stattfindet.“

"Werde wohl länger Präsident sein als geplant"

Seit 13 Jahren steht der Gränicher dem FCA vor, er wollte eigentlich schon 2019 abtreten, hat sich von Nachfolger Bonorand dann aber für ein weiteres Jahr überreden lassen. Nun wahrscheinlich die erneute, unfreiwillige Verlängerung im Amt – und angesichts der Corona-Turbulenzen „droht“ ein Abgang still und leise. Schmid: „Ich bin mir im Klaren, dass ich allenfalls länger als geplant Präsident sein werde. Diese Verantwortung nehme ich selbstverständlich wahr.“

Ein Führungsvakuum droht also nicht, da ausserdem mit Bonorand Schmids Nachfolger bereits im Verwaltungsrat ist und laufend mehr Kompetenzen als Entscheidungsträger erhält. Entscheidungen, die sich je länger je mehr nicht mehr um die mittelfristige sportliche Zukunft, sondern um das Überleben des Profifussballs beim FC Aarau drehen.