Nach der erfolgreichen letzten Saison werden beim HSC Suhr Aarau die Weichen neu gestellt. Fünf Spieler verlassen den Verein, Nachwuchskräfte kommen nach. Sportchef Michael Conde muss das Kader neu justieren – im Interview verrät er, wie das klappen soll.
Sie haben als Sportchef ein Team zusammengestellt, das die Hauptrunde als Vierter abgeschlossen hat und erst im Halbfinal ausgeschieden ist. Hat Ihr Kader wunschgemäss funktioniert?
Michael Conde: Auf jeden Fall. Das zeigen auch die Zahlen: Wir hatten die beste Abwehr, in der regulären Saison bekamen wir die wenigsten Gegentore (615 Gegentreffer, Anm. d. Red.). Die gegnerischen Teams hatten oftmals grosse Mühe mit unserem Deckungssystem.
Bei der Zahl der erzielten Tore lag die Mannschaft aber nur im Mittelmass. Ist das Teil der Strategie: Hinten stabil zu stehen, damit es vorne nicht so viele Tore braucht?
Im Handball ist es allgemein so, dass du die Spiele vor allem in der Verteidigung gewinnst. Weil unser Trainer sehr viel Wert auf die Abwehr legt, ist das Kader auch so konzipiert worden.
Der HSC hat mit dem Halbfinaleinzug Historisches geschafft. Glauben Sie, dass trotzdem mehr möglich gewesen wäre?
Erst einmal bin ich mächtig stolz darauf, was die Mannschaft erreicht hat. Gleichzeitig bin ich der Meinung: Wenn unser Torhüter Dragan Marjanac nicht ausgefallen wäre, wären wir in den Final gekommen.
Wie meinen Sie das?
Wir haben unsere Spiele gegen Pfadi mit fünf, drei und nochmals drei Toren Differenz verloren. Das ist genau jener Unterschied, den Dragan mit seinen Paraden für uns ausgemacht hätte. Immerhin hatte er in der ganzen Saison eine durchschnittliche Fangquote von 30 bis 40 Prozent. Das ist aber keineswegs als Kritik gegen Leo Grazioli gemeint, der seine Sache sehr gut, wenn nicht sogar hervorragend gemacht hat.
Der Erfolg in der abgelaufenen Saison hat einiges an Geld gekostet. Das Kader war mit über einer Million Franken an Personalaufwand eines der teuersten in der jüngeren Vergangenheit des HSC Suhr Aarau.
Das ist richtig. Dennoch hatten wir von den ersten sechs Mannschaften am wenigsten Mittel zur Verfügung. Umso höher ist unsere Leistung zu bewerten.
Mit welchem Budget gehen Sie in die kommende Saison?
Mit 930'000 Franken, also genau genommen 140'000 Franken weniger als im letzten Jahr. Das ist ein Einschnitt. Mit diesem Betrag könnten wir einen zusätzlichen guten Spieler holen.
Ist die Coronakrise daran schuld, dass Sie weniger ausgeben können?
Natürlich. Ein Verein wie wir lebt von den Zuschauereinnahmen. Im Schnitt kommen 1000 Personen an unsere Heimspiele, was für Schweizer Verhältnisse sehr viel ist. In der vergangenen Saison haben wir durch Catering leider auch nichts eingenommen. Das hat uns getroffen.
Haben Sie auch Sponsoren verloren?
Einige haben sich zurückgezogen, ja. Viele Sponsoren wissen nach wie vor nicht, ob und wie viel sie beisteuern können. Wir müssen abwarten, wie es in den nächsten Monaten läuft. Ich denke aber, wir sind auf einem guten Weg.
Im Kader wird es in diesem Sommer zu Veränderungen kommen. Rechtsaussen David Poloz verlässt den Verein. Konnten Sie ihn sich nicht mehr leisten?
David hatte einen auslaufenden Vertrag. Wir haben versucht, ihn zu halten. Seine Lohnforderungen konnten wir aber nicht erfüllen.
Wie schwer wiegt sein Abgang?
Er tut uns weh. Ich würde behaupten, dass David der beste Rechtsaussen in der Schweizer Liga ist, was Spielintelligenz und Torquote betrifft.
Waren bei Diogo Oliveira ebenfalls die zu hohen Lohnforderungen ausschlaggebend, dass er nun zum FC Porto wechselt?
Diogo hatte eine Klausel in seinem Vertrag, die es ihm ermöglicht, zu einem Champions-League-Teilnehmer zu wechseln, wenn ein entsprechendes Angebot vorliegt. An Weihnachten war Diogo in seiner Heimat und hat sich mit den Verantwortlichen des FC Porto geeinigt. Von da an war klar, dass er uns verlassen wird.
Auch wenn die Abgänge schmerzen, müssten Sie aus finanzieller Sicht doch froh sein, dass nun Geld eingespart werden kann.
Viel Geld können wir nicht einsparen, weil andere Spieler im Kader teurer geworden sind. Wir haben einige auslaufende Verträge (mit Patrick Strebel, Sergio Muggli, Martin Slaninka, Manuel Zehnder und Lars Hofer) zu besseren Konditionen verlängert.
Wie wollen Sie David Poloz und Diogo Oliveira sportlich ersetzen?
Ein Ersatz für David Poloz ist mit Gian Attenhofer bereits da. Gian ist ein Riesentalent, das hat er in der abgelaufenen Saison bereits mehrfach bewiesen. Diogo Oliveiras Platz wird Dylan Brandt übernehmen. Im letzten Jahr spielte er bei unserem Partnerverein TV Solothurn, nun steht er definitiv bei uns im Kader. Dylan wird behutsam an die Spielmacherposition herangeführt und mehr und mehr zum Einsatz kommen.
Mit Joël Willecke, Ornelio Gomboso und Nikos Sarlos ziehen Sie weitere Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft nach. Sind Sie jetzt umso mehr dazu gezwungen, auf Junioren zu vertrauen?
Unsere Philosophie war es schon immer, die eigenen Junioren weiterzubringen. Wir sind und bleiben ein Ausbildungsverein.
Das neue Kader wird jünger und unerfahrener sein. Müssen die Ziele entsprechend angepasst werden?
Unser Ziel ist es in jeder Saison, in den Playoffs möglichst weit zu kommen. Daran ändert sich auch dieses Mal nichts.