Handball-EM
HSC-Portugiese Joao Ferraz zum Exploit seines Teams an der EM: «Wir haben unser Land auf der Handball-Weltkarte positioniert»

Während die grossen Handball-Nationen Frankreich und Dänemark längst von der Europameisterschaft abgereist sind, sorgt mit Portugal eine Nation für Furore, die wie die Schweiz letztmals vor 14 Jahren an einer EM-Endrunde mit dabei war. Mittendrin statt nur dabei ist auch HSC-Suhr-Aarau-Leihspieler Joao Ferraz, der sich zwischen der täglichen Routine aus Training, Verpflegung, Pflege, Spiel, Erholung und Bettruhe Zeit für ein kurzes Interview genommen hat.

Lukas Wernli
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Joao Ferraz kämpft mit Portugal derzeit um den Einzug in den EM-Halbfinal.

Joao Ferraz kämpft mit Portugal derzeit um den Einzug in den EM-Halbfinal.

Alexander Wagner

Wie geht es Ihnen und wo erwischen wir Sie?

Joao Ferraz: Mir geht es super – danke der Nachfrage. Klar, ich bin ein bisschen müde, aber das ist an einem solch intensiven Turnier wohl ganz normal. Wir sind noch etwas enttäuscht über unsere gestrige Niederlage gegen Island, aber vor allem glücklich, noch immer dabei zu sein und uns so teuer zu verkaufen. Momentan bin ich im Teamhotel, hatte vorher Training und danach haben wir gegessen.

Wie sehr können Sie diese Tage mit der Nationalmannschaft und diese EM-Endrunde geniessen?

Wir sind da, wo wir immer hin wollten und nun gar noch viel weiter, als wir uns dies je erträumt hätten. Wir repräsentieren dabei eine ganze Nation, das macht uns alle extrem stolz. Nach 14 Jahren endlich wieder dabei zu sein und einen solchen Eindruck zu hinterlassen ist schlicht grandios. Wir haben zudem eine fantastische Stimmung innerhalb des Teams und ich kann dieses ganze Abenteuer dementsprechend extrem geniessen.

Ist es gar die wohl schönste und wichtigste Zeit für Sie in Ihrer bisherigen Karriere als Profihandballer?

Ich habe lange darauf gewartet und viel dafür gegeben, hier zu sein. Alleine deswegen ist es schön, dies nun erleben zu dürfen und für meine Zukunft ist es von ebenso grosser Bedeutung. Jeder will an einem grossen Turnier für sein Land spielen – wir sind hier um zu gewinnen und sind daran, Geschichte zu schreiben. Diese wollen wir möglichst lange fortsetzen.

Sind Sie selbst überrascht, wie Ihnen dies gelingt?

Wir haben uns sehr gut auf die EM vorbereitet, haben sehr hart trainiert und in der Vorbereitung gute Resultate erzielt. Spätestens nach dem Startspiel haben wir dann gemerkt, dass wir zu grossem fähig sind und haben diesen Glauben stets mit uns getragen. Wir haben uns dadurch ein Selbstvertrauen erarbeitet und aufgebaut, jeden Gegner schlagen zu können.

Was ist Ihnen bisher vom Turnier und Ihrem Weg besonders in Erinnerung geblieben?

Da gibt es so vieles – das Wichtigste ist aber, dass wir das Land Portugal auf der Handball-Weltkarte positioniert haben. In Zukunft darauf aufzubauen ist eine grosse Chance für die Sportart Handball in unserem Land. Erfahrungen wie das regelrechte Auswärtsspiel gegen Co-Gastgeber Norwegen sind für unser junges Team von grosser Bedeutung. Wir alle vollbringen hier gemeinsam wirklich Grossartiges.

Sie sind noch immer im Rennen um den Halbfinal-Einzug – wie schätzen Sie Ihre Chancen dafür ein?

Wir müssen unsere beiden abschliessenden Hauptrundenspiele gegen Ungarn und Slowenien gewinnen und auf eine Niederlage der Isländer hoffen. Diese Ausgangslage ist verheissungsvoll für uns, gleichzeitig müssen wir dafür aber wohl die beiden besten Spiele der portugiesischen Handballgeschichte abliefern. Gelingt uns dies, bin ich mir sicher, dass wir belohnt werden. Es ist alles möglich!

Haben Ihre Auftritte in Portugal einen Handball-Boom und -Hype ausgelöst?

Portugal ist ein Land des Fussballs, daran ändert leider auch unsere erfolgreiche EM-Kampagne nichts. Wir erhalten aber viel Zuspruch und Aufmerksamkeit aus unseren persönlichen Umfeldern und auch das mediale Interesse ist gestiegen – das geniessen wir natürlich sehr und motiviert uns zusätzlich. Es ist leider traurig, dass unsere Spiele nicht im portugiesischen Fernsehen übertragen werden, aber wenn wir so weiterspielen, ändert sich dies bestimmt bald.

Welche Träume und Ziele verfolgen Sie in der abschliessenden EM-Woche?

Es wäre vorab wirklich unglaublich, die nächsten beiden Spiele zu gewinnen. Wenn dann Island noch verlieren würde, wäre dies gleichbedeutend mit der Qualifikation für die Halbfinals. Das wäre für mich persönlich, für uns alle und den Handball in Portugal das Allergrösste!