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Den 19-jährigen Nicholas Ammeter ohne jegliche Profierfahrung zur Nummer 1 zu befördern, war mutig. Nach dem zweiten Patzer innert drei Spielen mehren sich intern die Zweifel, ob Ammeter der richtige auf dieser Schlüsselposition ist.
Es gibt viele Gründe für die Heimpleite des FC Aarau gegen Schaffhausen: Die mangelnde Chancenverwertung in der ersten Halbzeit, in der das 1:0 durch Liridon Balaj (16. Minute) ein viel zu kleiner Lohn für starke 45 Minuten ist. Oder das lasche Abwehrverhalten vor dem 1:1 (50. Minute), erst am linken Flügel, dann auf Höhe des Fünfmeterraums gegen Torschütze Zé Turbo. Oder die Ideenlosigkeit im Angriff nach der Pause, als Aarau den 17 Torschüssen aus der ersten Halbzeit nur noch zwei folgen lässt. Bezeichnend für die Harmlosigkeit: Markus Neumayr verschiesst in der 87. Minute erstmals im FCA-Dress einen Penalty.
Hängen bleibt in der Nachbetrachtung jedoch vor allem die 79. Minute: Zwei grobe Fehler von Rechtsverteidiger Raoul Giger und Goalie Nicholas Ammeter führen zum 1:2 durch Sessolo und letztlich zur ersten Niederlage gegen das vorletzte Schaffhausen seit knapp zwei Jahren.
Es ist Ammeters zweiter folgenschwerer Patzer innert drei Partien, entsprechend stellt sich nach dem Schlusspfiff im Brügglifeld die Goaliefrage. Einmal mehr. Sie begleitet den FC Aarau seit Beginn der Saison.
Ursprünglich wollten Trainer Patrick Rahmen und Sportchef Sandro Burki am letztjährigen Duo Nikolic/Deana festhalten. Vergeblich: Ersterer wurde von Stammklub Basel zurückbeordert, für Deana war, so die offizielle Begründung, kein Geld mehr übrig. Geld, das stattdessen unter anderem in die Vertragsverlängerungen von Stefan Maierhofer (inzwischen weg), Damir Mehidic und Nicolas Schindelholz floss. Spieler, die dem FCA in dieser Saison noch keine Hilfe waren.
Im Tor entschieden sich Burki und Rahmen danach für einen mutigen, schweizweit sicherlich einzigarten, aber vor allem auch risikobehafteten Weg: Mit Nicholas Ammeter (19) und Marvin Hübel (16) setzten sie auf zwei Teenager, die ihr Talent bewiesen haben, aber ohne jegliche Profierfahrung in die Kränze kamen. Damit Hübel nicht auf der Ersatzbank versauert und an den Wochenenden in der U18 Spielpraxis holen kann, erhielt zudem Anthony von Arx (18) einen Vertrag als Trainingsgoalie und «Bänkliwärmer» – ohne Perspektive auf Einsätze.
In den bisher 20 Saisonspielen kassierte der FC Aarau 37 Gegentore, der zweitschlechteste Wert hinter Schlusslicht Chiasso. Dies allein an Ammeters Jugend und Unerfahrenheit festzumachen, wäre unfair. Obwohl sich immer wieder Wackler einschlichen, wuchs er an der Aufgabe und stellte sich als Goalie mit viel Ballgefühl im Fuss heraus.
Aber: Wenn im Tor schon ein Greenhorn steht, sollte zumindest die Abwehr davor stabil sein. Das ist sie nicht, weil ein Patron fehlt und weil die Verteidiger – wie zuletzt Giger am Sonntag – en masse individuelle Fehler begehen. Stellt sich also die Frage: Haben Burki und Rahmen Ammeter einen Gefallen getan, indem sie ihn bei diesem ungenügenden Personalbestand in der Defensive zur Nummer 1 beförderten?
Wer im Brügglifeld das Thema Ammeter anspricht, merkt sofort: Achtung, Verbrennungsgefahr! Niemand stellt sein Talent in Frage, aber es sagt auch niemand, er sei auf dieser Schlüsselposition der richtige. Eigengewächse wie der waschechte Aarauer Ammeter geniessen naturgemäss eine längere Schonfrist – und diese wird scheinbar auch von den Medien verlangt: So tadelte einst Ammeters Umfeld, in der Stadt und beim FCA gut vernetzt, die in seinen Augen zu kritische Berichterstattung der AZ über den 19-Jährigen.
Fakt ist: Nachdem gegen Schaffhausen ein Ammeter-Fehler zum zweiten Mal in den vergangenen drei Spielen Punkte kostete, hat der Wind gedreht. Intern wachsen die Zweifel an Ammeters Gesamtpaket, nicht mehr wenige finden: Der FCA hat ein Goalieproblem.
Wäre die Mannschaft nicht im Niemandsland der Tabelle gefangen, wären ein Wechsel oder eine Neuverpflichtung ernsthafte Optionen. Kommt dazu, dass Ersatzgoalie Hübel zuletzt an einer Muskelverletzung litt. Und: In der aktuellen Situation den drei Jahre jüngeren Hübel ins kalte Wasser zu werfen, wäre das noch grössere Risiko, als es dies zu Saisonbeginn mit Ammeter war.
Vorerst dürfte er also den Status als Nummer 1 behalten. Ammeters Chancen aber, auch in der nächsten Saison das Tor des aufstiegswilligen FC Aarau zu hüten, sind im Heimspiel gegen Schaffhausen gesunken.