Handball
HSC-Star João Ferraz spielt für Portugal an den Olympischen Spielen: «Es ist ein Traum, hier zu sein»

In Tokio kämpfen die portugiesischen Handballer um eine Medaille. Mittendrin: João Ferraz, der Rückraumspieler des HSC Suhr Aarau.
Ein Anruf ins olympische Dorf.

Frederic Härri
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Am olympischen Handballturnier steht João Ferraz mit Portugal kurz vor der Viertelfinalqualifikation.

Am olympischen Handballturnier steht João Ferraz mit Portugal kurz vor der Viertelfinalqualifikation.

Alexander Wagner / FOTO Wagner

Das Grinsen breit, die Arme ausgestreckt, das Poloshirt grün, die Trainingshosen rot. Die Nationalfarben Portugals. So präsentiert sich João Ferraz jüngst auf einem Foto in den sozialen Medien. Der 31-Jährige Rückraumspieler des HSC Suhr Aarau ist der einzige Handballer aus der Schweizer Liga, der derzeit an den Olympischen Spielen weilt. Und gar nicht mehr weiss wohin mit dem Stolz, sein Land vertreten zu dürfen.

Ein Anruf ins 10’000 Kilometer entfernte Tokio. In der Hauptstadt Japans ist es früher Abend, unserer Zeit ist sie sieben Stunden voraus. Die Teambesprechung ist vorbei, Ferraz ist zurück im Zimmer. Dieses liegt in einem Gebäude, das neben den portugiesischen Athleten auch die olympischen Delegationen Griechenlands und Kroatiens beherbergt.

Den Sportlern dieser Länder läuft Ferraz häufig über den Weg, zu einem spontanen Schwatz kommt es selten. «Wir tragen eben die ganze Zeit über Masken», sagt Ferraz. Die Pandemie erschwert die Kommunikation, es ist eine Erfahrung, die nach über einem Jahr fast jeder gemacht haben dürfte.

Schöne Aussicht und nette Zimmerkollegen

Von den Sicherheitsvorkehrungen im olympischen Dorf wird in diesen Tagen viel geschrieben und berichtet. Ferraz erzählt von regelmässigen Temperaturchecks, täglichen Coronatests und Identitätskontrollen bei jeder Busfahrt zu den Spielen. Eingeengt oder eingesperrt aber fühlt sich Ferraz nie. «Innerhalb des Dorfes dürfen wir uns frei bewegen», sagt er. Höhepunkt seien die Spaziergänge zum nahe gelegenen Fluss, auch die Aussicht auf die Skyline Tokios muss Ferraz zufolge überwältigend sein.

Sein Zimmer teilt sich Ferraz mit den Teamkollegen Rui Silva und Pedro Portela. Zu Zankereien infolge des Lagerkollers auf den wenigen Quadratmetern sei es noch nicht gekommen, sagt Ferraz. «Ich kenne die beiden schon lange, sie sind zwei meiner besten Freunde. Wir verstehen uns gut.»

Harter Kampf: Gegen Bahrain setzten sich Ferraz' Portugiesen mit einem Tor Vorsprung durch.

Harter Kampf: Gegen Bahrain setzten sich Ferraz' Portugiesen mit einem Tor Vorsprung durch.

Kimimasa Mayama / EPA

Natürlich kommt man in einer Unterhaltung mit Ferraz auch auf den Sport zu sprechen. Und in dieser Hinsicht läuft es für die portugiesischen Handballer bislang durchaus passabel. Auf die 31:37-Niederlage zum Start gegen Geheimfavorit Ägypten folgte der 26:25-Erfolg gegen Bahrain, danach mussten sich die Portugiesen am Mittwoch gegen die Topmannschaft Schwedens knapp mit 28:29 geschlagen geben.

«In den letzten Sekunden hätten wir ausgleichen können», sagt Ferraz am Telefon, die Erinnerungen noch ganz frisch. «Doch es hat leider nicht geklappt.» Noch immer liegt für Ferraz und seine Mannschaft ein Weiterkommen in Reichweite, ein Sieg aus den abschliessenden Gruppenspielen gegen Dänemark und Japan würde sehr wahrscheinlich genügen, um sich für die Viertelfinals zu qualifizieren.

Für die Nationalmannschaft Portugals ist es die erste Olympiateilnahme

So oder so: Mit der allerersten Teilnahme an Olympischen Spielen hat die portugiesische Handballauswahl schon jetzt Historisches erreicht. Für das handballverrückte Land am westlichsten Ende Europas ist es eine besondere Freude, wenn eine Nationalmannschaft am grössten Sportevent der Welt vertreten ist. Auch João Ferraz ist noch immer voll des Glücks:

«Wenn mir vor drei Jahren jemand gesagt hätte, dass ich mit Portugal einmal bei Olympia dabei sein werde, hätte ich das niemals geglaubt. Es ist ein Traum, hier zu sein.»

Gewiss hätte er sich zu dieser Gelegenheit volle Hallen mit begeisterten Anhängern gewünscht, was aus bekannten Gründen nicht möglich geworden ist. Doch will Ferraz auch den Zuspruch erwähnt haben, den er und die Seleção Tag für Tag aus der Heimat erfahren. «Mein Handy ist voll mit Nachrichten von zu Hause», sagt er.

Und wer weiss, vielleicht ist es ja gar diese Euphorie, welche die portugiesischen Handballer am Ende überraschend zu einer Medaille trägt.