Abwehrchefin Michelle Stierli steigt mit dem FCA Frauen nach 2017 zum zweiten Mal in die höchste Liga auf – doch diesmal hat sie dabei ein besseres Gefühl. Sie vertraut auf den neuen Trainer und den eingeschweissten Kern.
In den vergangenen acht Jahren hat Michelle Stierli mit den FC Aarau Frauen so einiges erlebt, doch die Rückrunde 2021 in der NLB war selbst für die 24-jährige Innenverteidigerin eine verrückte Geschichte. «Wir mussten uns schon ein paar Mal kneifen, plötzlich lief alles für uns, wir reihten Sieg an Sieg und spielten uns regelrecht in einen Rausch. Dass das so kommen würde, hätte im Winter noch niemand im Team gedacht», erklärt Stierli, die das Team gemeinsam mit Siria Berli als Co-Captain anführt.
Einen grossen Anteil am unglaublichen Lauf von zehn Siegen und einem Unentschieden, der den FCA Frauen am Ende den verdienten Aufstieg in die Super League bescherte, schreibt Stierli Trainer Guerino Luongo zu. «Er hat uns mental gestärkt, unter ihm entwickelten wir als Team einen grossartigen Zusammenhalt. Er hat uns fussballerisch und menschlich weitergebracht. Plötzlich gewannen wir auch die Partien, die lange auf der Kippe standen, weil einfach das Selbstvertrauen da war.»
Entsprechend ist nun nach dem furiosen Aufstieg der Red Boots eine gewisse Enttäuschung da, dass der Erfolgstrainer seinen Vertrag aus privaten Gründen nicht verlängert hat. «Wir hätten liebend gerne mit ihm weitergearbeitet, aber wir kennen seine Gründe und können seinen Entscheid auch nachvollziehen.»
Nun gilt es für Stierli und ihr Team nach vorne zu schauen, denn bis zum ersten Spiel in der Super League am 21. August bleibt nicht mehr viel Zeit. Wenns darum geht, mit Druck umzugehen, so haben die Aarauer Frauen mit ihrem neuen Trainer Selver Hodzic (ehemaliger Champions-League-Teilnehmer mit dem FC Thun) genau den richtigen Transfer gelandet.
Stierli ist entsprechend guten Mutes: «Wir waren fast ein wenig überrascht, dass ein Trainer mit seiner Vita bei uns landet. Die ersten Trainings waren vielversprechend. Ich glaube, dass er gut zu uns passt.»
Dass der Trainer alleine keinen Ligaerhalt sichert, ist sich Stierli jedoch bewusst. Bereits in der Saison 2017/18 spielte sie mit dem FCA Frauen in der damaligen NLA und musste nach einer Saison wieder die Segel streichen.
Angst davor, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, hat Stierli aber keine: «Wir sind als Verein komplett an einem anderen Punkt als damals. Die Strukturen sind professioneller geworden. Wir arbeiten mit einem sehr engagierten Staff zusammen, der Vorstand involviert uns in die Prozesse, und zudem verfügen wir über ein eingespieltes Team, dessen eingeschweisster Kern auch nach der Sommerpause gleich bleibt. Ich denke, so können wir von unserem Lauf, den wir zuletzt hatten, profitieren.»
Ein wichtiger Erfolgsfaktor war in den vergangenen Monaten die stabile Defensive. Nur zwei Gegentore liessen Innenverteidigerin Stierli und ihre Mitspielerinnen zu. Dabei konnten sie sich stets auf den Rückhalt von Rafaela Borggräfe verlassen. Umso stärker schmerzt der Abgang der Torhüterin nach Freiburg. Doch halb so wild, mit Nationaltorhüterin Seraina Friedli konnten die Aarauerinnen einen Transfercoup landen.
Für Stierli ist dies eine Erleichterung. «In der Super League ist das Tempo höher, Fehler werden schneller bestraft. Eine souveräne Defensive wird entscheidend sein.»
Entsprechend gibt sie sich kämpferisch: «Wir haben das Zeug zum Klassenerhalt. Physisch werden wir mit den Gegnerinnen mithalten können, das haben wir in den Cupspielen gemerkt. Wir müssen uns nicht verstecken in dieser Liga.»
Stellt sich noch die Frage, wie lange die FCA Frauen noch auf Stierli zählen dürfen. Immerhin hat sie mit 24 Jahren als Leaderin bei einem jungen, ambitionierten Team bestimmt auch andere Interessen geweckt.
Doch davon will sie nichts wissen. «Mein Medizinstudium ist sehr intensiv, daher habe ich keine grösseren Ambitionen. Meine Ziele sind die gleichen wie die des Klubs. Ich möchte einfach Spass am Fussball haben und eine Stammkraft im Team sein. Wenn am Schluss auch noch der Klassenerhalt gelingt, dann bin ich mehr als zufrieden.»