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Franziska Inauen aus Windisch ist Schweizermeisterin im Marathon. Die 31-Jährige hat Erfolg, weil sie auf ihren Körper hört.
Was für eine Geschichte: Franziska Inauen konnte fast zwei Jahre lang nicht an ihrer Leistungsgrenze trainieren und nun ist sie seit vergangenem Wochenende Schweizermeisterin im Marathon. Für die 31-Jährige ist der Titel über die 42,195 Kilometer darum besonders wertvoll.
«Fränzi», wie sie sich selbst nennt, hatte gesundheitliche Probleme. Inauen liess darum in den vergangenen fast zwei Jahren die Vernunft walten, reduzierte ihr Training und gab ihrem Körper Zeit, wieder komplett zu Kräften zu kommen.
Es war eine typische Handlung für Franziska Inauen. Sie vertraut auf ihren Körper und lässt sich von ihm leiten. Sie trainiert weder mit einem strikten Trainingsplan noch mit einem Coach. «Mein Körper sagt mir, zu welchem Training er imstande ist. Ob das nun ein langer Lauf oder nur eine Wanderung ist, entscheide ich spontan», erklärt Inauen.
Das Lauf-Training ergänzt die 31-Jährige durch polysportive Einheiten wie Schwimmen, Langlauf, Inlineskaten oder Velofahren. Auch bei der Ernährung sieht sie es nicht so strikt. Vor einem Rennen achtet sie darauf, dass sie genügend Kohlenhydrate zu sich nimmt, ansonsten lautet die Devise von Inauen gleich wie beim Trainingsplan: «Mein Körper sagt mir, was er braucht.»
Inauen arbeitet als Ergotherapeutin jeweils vier Tage die Woche in einer Schule für körperbehinderte Kinder in Baden. «Ich schätze diesen Ausgleich neben dem Sport sehr», sagt die gebürtige Luzernerin, die seit März 2016 im Aargau wohnt. Trainieren tut sie, wer hätte es gedacht, dann, wenn es sich ergibt.
Doch nicht nur im Beruf ist Inauen sozial engagiert. Bereits zweimal reiste sie in ärmere Länder, um Menschen zu helfen. Ihr letzter Einsatz führte sie an die griechisch-mazedonische Grenze. «Diese Wochen waren sehr intensiv», sagt sie. Sie lebte mit Jesiden, einer religiösen Minderheit, in den Bergen.
«Wir spielten oft mit Kindern aus dem Dorf. Die Atmosphäre war entspannt und man konnte schon fast glauben, alles sei in Ordnung. Doch sobald wir uns ins Innere der Zeltstadt begaben, trafen wir auf Menschen, denen es sehr schlecht ging und die nicht wussten, was ihnen die Zukunft bringt», erzählt Inauen.
Aus dieser Erfahrung und einem dreimonatigen Einsatz in Uganda kann «Fränzi» vor allem eines mitnehmen: «Aus einer Mücke keinen Elefanten zu machen. Viel zu oft stören wir uns an Belanglosigkeiten und machen ein riesen Trara draus. Wir sollten schätzen, was wir haben.»
Die soziale Ader kommt nicht von ungefähr. Die 31-Jährige wuchs in einem Pfarrhaus auf. Ihre Eltern waren beide sehr engagiert. «Das hat mich sicher geprägt», sagt Inauen. Auch die Liebe zur Natur wurde ihre als Kind in die Wiege gelegt.
«Ich lernte die Natur von klein auf schätzen und ihr mit Respekt zu begegnen.» Das ist mit ein Grund, weshalb sich Inauen in den Laufsport verliebt hat. Für sie gibt es nichts Schöneres, als neue Strecken zu erkunden und die Natur zu geniessen.
Das Laufen ist für Franziska Inauen ein Ausgleich zum Alltag. Dies weiss auch ihr Partner. «Wenn er merkt, dass ich etwas missmutig bin, streckt er mir meine Laufschuhe entgegen und sagt, ich solle laufen gehen», erzählt Inauen und lacht dabei.
Inauen trainiert am liebsten allein. «Ich brauche die Zeit beim Sport, damit ich meine Gedanken ordnen und abschalten kann.» Sie ist jedoch auch Familienmensch. Schliesslich ist sie der Liebe wegen von Luzern in den Aargau gezogen.
«Die Zeit mit meinen Liebsten zu verbringen ist mir sehr wichtig», sagt die Ergotherapeutin. Auf die Unterstützung der Familie und ihres Lebenspartners darf Inauen auch im Sport zählen. «Sie sind bei vielen Läufen dabei und feuern mich an», erzählt die Schweizermeisterin.
Leistungsorientierte Ziele setzt sich Inauen nach ihrem Titel jedoch keine. «Mein primäres Ziel ist es, gesund zu bleiben. Wenn ich mich unter Druck setzten würde, würde ich die Freude am Sport verlieren und mich selbst ausbremsen.» Es ist genau diese Lockerheit, die Franziska Inauen ausmacht und ihr den Erfolg bringt.