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Ehrenpräsident Heinz Gassmann (66) steigt zum zweiten Mal als Präsident ein – diesmal als Helfer in der Not. Im Spätherbst des laufenden Jahres erhofft sich Gassmann, dass der Klub wieder Boden unter den Füssen hat.
Von seiner Ferienwohnung in Orselina kann Heinz Gassmann auf das kleine, alt-ehrwürdige Stadio Lido hinunterschauen. Auf die kleine, schmucke Sportstätte des einst erfolgreichen FC Locarno. Das war einmal. Mit der Herrlichkeit ist es vorbei: Der FC Locarno ging in diesem Frühjahr pleite, musste Konkurs anmelden und verschwand von der Bildfläche.
Gassmann erinnert sich und sagt: «Wenn ich am Abend jeweils zum Fenster hinausschaute, habe ich als Erstes die Lichter vom Stadio Lido gesehen. Heute sehe ich keine Lichter mehr. Es ist nur noch dunkel, nur noch schwarz. Diese Bilder sind sinnbildlich für den Untergang des FC Locarno. Mir tut es weh, dass ein traditioneller Fussballverein einfach so verschwindet. Aber es ist für mich auch eine Motivation. Ich will verhindern, dass dem FC Baden das gleiche Schicksal widerfährt wie den Tessinern. Und», fügt Gassmann hinzu, «ich denke auch an den einst so stolzen FC Wettingen, der 1993 aus finanziellen Gründen in die 5. Liga absteigen musste.»
Lichterlöschen beim FC Wettingen und beim FC Locarno! Kein Lichterlöschen beim FC Baden – trotz eines Schuldenbergs in sechsstelliger Höhe. Dass es nicht zum finanziellen Kollaps kam, ist Heinz Gassmann zu verdanken, der es sich zusammen mit seinem Freund Bruno Burkhart zum Ziel gesetzt hat, den Traditionsverein wieder auf Kurs zu bringen.
Der 66-jährige Gassmann ist also zurück im Geschäft und wird am Donnerstag, 7. Juni, an der 121. Generalversammlung des FC Baden im Grand Casino zum Präsidenten gewählt. Für Gassmann, der den langjährigen Präsidenten Thomi Bräm ablöst, ist es ein Comeback als Vereinsverantwortlicher. Er war schon zwischen 2003 und 2010 an der Spitze des FC Baden und kennt den Verein wie kaum ein anderer.
Gassmann hat sein Comeback nicht gesucht. Als der FC Baden in jüngster Vergangenheit mehr und mehr in Schieflage geriet und der vorgesehene Kandidat für den Posten des Präsidenten einen Rückzieher machte, musste Gassmann einfach reagieren. «Ich konnte den Verein in dieserschwierigen Situation nicht im Stich lassen», sagt er rückblickend.
«Es musste etwas geschehen. Kam hinzu, dass der Druck auf meine Person immer stärker wurde. Irgendwann ist mir klargeworden, dass ich Verantwortung übernehmen muss. Aber ohne die Unterstützung von Burkhart, einem Geschäftsmann aus der Region (Sportworld Baregg) und erster Präsident des FC Wettingen nach dem damaligen Konkurs, ohne die Mithilfe von Funktionären und Mitgliedern und ohne das Einverständnis meiner langjährigen Partnerin Elisabeth würde ich das Amt nie annehmen.»
In der aktuellen Phase ist Gassmann als Nothelfer gefragt. Es geht darum, in sportlicher und finanzieller Hinsicht das Schlimmste zu verhindern. Langsam, aber sicher gibt es Lichter am Ende des Tunnels. Ein sportliches Ziel hat Gassmann schon erreicht.
Der FC Baden konnte dank einer kämpferischen Schlussphase den Abstieg verhindern, spielt also auch in der kommenden Saison in der 1. Liga. Und der Schuldenberg wird nach und nach abgetragen. Oder, um es mit den Worten von Gassmann zu sagen: «Ich gehe davon aus, dass wir im Spätherbst dieses Jahres wieder Boden unter den Füssen haben.»
Gassmann hat zum Wohl des FC Baden einen Dreijahresplan aufgestellt. Im ersten Jahr geht es um die Reorganisation und Konstitution des neuen Vorstands und um die Sicherstellung der Liquidation.
Parallel zur Sanierung steht der sportliche Erfolg mit der Verpflichtung von Trainer Ranko Jakovljevic im Fokus. Im zweiten Jahr geht es um den Ausbau des Sponsorings und um die Nachfolgeregelung. Im dritten Jahr soll der FC Baden finanziell solide aufgestellt sein und attraktiven Fussball spielen.
Um das dringend benötigte Geld hereinzuholen, wirbelt Gassmann zusammen mit seinem engsten Vertrauten Bruno Burkhart an allen Ecken und Enden. Fürs Erste gründete er den Verein «Freunde des FC Baden» und motivierte Persönlichkeiten aus dem Gewerbe und der Industrie, einen einmaligen Sanierungsbetrag zu bezahlen.
Sie helfen mit, die Nummer drei im Aargauer Fussball am Leben zu erhalten. Nun geht es darum, Partner zu finden, die den FC Baden langfristig unterstützen. Der 1897 gegründete Traditionsverein darf nicht untergehen.
Gassmann ist in Zürich geboren. Aufgewachsen ist er in Wettingen und Baden. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre in einem internationalen Handelsunternehmen und machte Sprachaufenthalte im Ausland. In jungen Jahren bildete er sich in den Bereichen Marketing und Verkauf weiter.
1995 machte sich Gassmann selbstständig und gründete eine Firma für Goldschmuck und Trauringe. 2015 verkaufte er die Firma und wollte kürzertreten. Weil sein Herz seit mehr als 50 Jahren für den FC Baden schlägt, setzt er sich nun erneut zum Wohl des Vereins ein.
«Ich spüre den Rückhalt in der Region und nehme diese Herausforderung gerne an», sagt er. «Schliesslich geht es um einen Verein mit mehr als 700 Mitgliedern, 27 Mannschaften und 490 Aktiven. Davon sind 350 Junioren. Wir sind ein starkes Team in einer starken Region. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.»
Apropos kämpfen: Gassmann spielt heute noch für den FC Baden. Der Vater von zwei Töchtern und zweifache Grossvater ist Torhüter des Teams 50+ und geniesst dabei vor allem die Geselligkeit mit seinen Kameraden.