Challenge League
Ein Bekenntnis zum Trainer: Challenge-League-Schlusslicht Aarau bezwingt Leader Wil mit 2:0

Der FC Aarau gewinnt sein Heimspiel gegen den FC Wil, aktueller Leader in der Challenge League, dank Toren von Stefan Maierhofer und Varol Tasar mit 2:0. Erstmals in dieser Saison bleiben die Schützlinge von Cheftrainer Patrick Rahmen ohne Gegentreffer.

Sebastian Wendel
Drucken
Der Torschütze zum 2:0 Varol Tasar (Aarau) jubelt nach dem Tor.
24 Bilder
FC Aarau - FC Wil (26.10.18)
Der Torschütze zum 2:0 Varol Tasar und Olivier Jaeckle (Aarau) jubeln nach dem Tor.
Varol Tasar (Aarau) schiesst gegen Torhüter Zivko Kostadinovic (Wil) das Tor zum 2:0.
Marco Schneuwly (Aarau) gegen Cedric Gasser (Wil)
Marco Schneuwly (Aarau) gegen Ze Eduardo (Wil)
Der Torschütze zum 1:0 Stefan Maierhofer (Aarau) und das Team jubeln nach dem Tor.
Mats Hammerich, Giuseppe Leo und der Torschütze zum 1:0 Stefan Maierhofer (Aarau) jubeln nach dem Tor.
Der Torschütze zum 1:0 Stefan Maierhofer und Giuseppe Leo (Aarau) jubeln nach dem Tor.
Petar Misic (Aarau) gegen Ze Eduardo (Wil)
Carlos Silvio (Wil) gegen Nicolas Bürgy (Aarau)
Stefan Maierhofer (Aarau)
Martin Liechti (Aarau) gegen Cedric Gasser (Wil)
Fuad Rahimi (Wil) gegen Michael Perrier (Aarau)
Fuad Rahimi (Wil) gegen Petar Misic (Aarau)
Nick von Niederhäusern (Wil) blutet im Gesicht
Stefan Maierhofer (Aarau) entschuldigt sich bei Nick von Niederhäusern (Wil)
Martin Liechti und Miguel Peralta (Aarau) gegen Cedric Gasser (Wil)
Fuad Rahimi (Wil) gegen Stefan Maierhofer (Aarau)
Elsad Zverotic (Aarau) gegen Ivan Audino und Carlos Silvio (Wil)
Silvano Schäppi (Wil) gegen Petar Misic (Aarau)
Silvano Schäppi (Wil) gegen Miguel Peralta (Aarau)
Nikki Havenaar (Wil) gegen Petar Misic (Aarau)
Das Brügglifeld zählt eine Viertelstunde vor Anpfiff noch einige freie Plätze.

Der Torschütze zum 2:0 Varol Tasar (Aarau) jubelt nach dem Tor.

Marc Schumacher/freshfocus

Er braucht ihn. Diesen Moment ganz für sich alleine. Wie schwer muss der Druck gewesen sein, der vor dem Anpfiff auf ihm lastete. Und jetzt, Sekunden nach dem Abpfiff, muss er sich so leicht fühlen wie ein Schmetterling.

Patrick Rahmen löst sich aus der Aarauer Jubeltraube, blickt in den Nachthimmel, atmet tief durch, ballt die Fäuste. Sieg. 2:0. Gegen Wil. Gegen den Tabellenführer. Der Moment der Ruhe ist kurz. Die Pflicht ruft. Interviews, Gespräche mit den Vorgesetzten und der Gang zu den Fans. Endlich fallen diese Dinge einmal leicht, endlich darf Rahmen sich feiern lassen.

Die Schlussphase ist nichts für Fussball-Feinschmecker. Doch sie ist randvoll mit Spannung, mit Zittern, Bibbern und Bangen. Und dann ein Konter für den FC Aarau. Wie eine Kugel im Flipperkasten fällt der Ball dem eingewechselten Varol Tasar vor die Füsse, der einen Gegenspieler umkurvt.

Der Schuss dann ist nicht präzis, doch das Glück ist nicht das erste Mal an diesem Abend auf Aarauer Seite: Via Hüfte eines Wilers springt er an den Innenpfosten und von dort hinter die Torlinie. 2:0. Die Entscheidung. Emotionen pur vor der Aarauer Spielerbank, auf der Haupttribüne und auf der Gegengeraden.

Verwirrung pur

Ja, das Glück. Oder nennen wir es: das Schicksal. Wie schonungslos hat es den FC Aarau in dieser Saison schon gegeisselt. Doch an diesem Abend hat es sich mit Patrick Rahmen und seinen Spielern verbrüdert.

Die 34. Minute: Aarau-Verteidiger Bürgy verlängert den Ball an den hinteren Pfosten. Dort steht der Wiler Silvio und trifft. Doch noch jubelt Silvio nicht, denn der Linienrichter wedelt mit der Fahne. Zu unrecht. Das weiss auch Schiedsrichter Nicolas Jancevski, der zu seinem Assistenten rennt, diesem den Sachverhalt erklärt, ihn überstimmt und mit der Hand anzeigt: Tor für Wil. Die Gäste jubeln.

Doch Jancevski diskutiert weiter an der Seitenlinie. Und dann, als die Mannschaften fast schon wieder zum Weiterspielen bereitstehen, hebt Jancevski die Hand und zeigt an: Abseits – kein Tor! Wie bitte? Kein Tor – Tor – kein Tor! Verwirrung pur! Doch dabei bleibts. Später macht die Erklärung die Runde: Jancevski und sein Assistent wurden sich nicht einig. Darum der Entscheid, das Tor zu annullieren.

Drei, die herausragen

Die Wiler fühlen sich betrogen. Verständlich. Und die Aarauer? Sie nehmen den Steilpass der Fussballgötter auf und legen eine zweite Halbzeit auf den Rasen, die vielleicht nicht für alles, aber für vieles entschädigt, was sie bislang im Brügglifeld geboten haben. Am Ende wird Patrick Rahmen sagen: «Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, wie sie gekämpft hat und wie solidarisch sie aufgetreten ist.»

Herauszuheben aus dem Kollektiv sind drei Spieler. Beginnen wir bei Linus Obexer und Stefan Maierhofer. Ihr Doppelpass führt zum 1:0. Doch nicht nur wegen dieser Szene verdienen sie ein Extralob.

Obexer rennt sich am linken Flügel sprichwörtlich die Lunge aus dem Leib. Die YB-Leihgabe ist punkto Einsatz schon in allen bisherigen Spielen ein Vorbild, gegen Wil setzt er sich die Krone auf. Das honoriert auch die Experten-Jury und wählt Obexer zum «Mann des Spiels».

Die Zeichen der Zeit erkannt

Dann Maierhofer: Er trifft zum zweiten Mal in Folge. Der 36-Jährige hat sich in den wenigen Wochen, in denen er beim FC Aarau ist, zum Anführer auf und neben dem Platz entwickelt. Er versorgt die Mitspieler mit Kopfhörern, Regenerationsgetränken und Stromgeräten, die er bei seinen Sponsoren ordert.

Und er ist gegen Wil der Mann fürs Grobe, den jede Mannschaft braucht. Auch wenn keine Absicht dahinter steckt und sich Maierhofer direkt um seinen Gegenspieler kümmert: Doch die Szene in der ersten Halbzeit, in der er im Laufduell dem Wiler von Niederhäusern aufs Gesicht steht, schüchtert die Gäste ein.

Das letzte Lob geht an Djordje Nikolic. Im Jubel nach dem Schlusspfiff geht beinahe vergessen, dass ohne die zwei sensationellen Paraden des Serben im Tor der Sieg kaum zustande gekommen wäre.

Der Abend liefert zwei Erkenntnisse: Angesichts des biederen Auftritts der Wiler scheint es in dieser Saison wenig zu brauchen, um Tabellenführer in der Challenge League zu sein. Und die Spieler des FC Aarau scheinen die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Der leidenschaftliche Auftritt ist auch ein Bekenntnis zu Trainer Patrick Rahmen. Doch der Sieg ist nur etwas wert, wenn in einer Woche in Chiasso das Aarauer Punktekonto weiteren Zuwachs erhält.

Matchtelegramm

FC Aarau – FC Wil 2:0 (0:0)

Brügglifeld. – 2’345 Zuschauer. – SR: Jancevski. – Tore: 60. Maierhofer (Obexer) 1:0. 95. Tasar 2:0.

Aarau: Nikolic; Peralta, Leo, Bürgy, Obexer; Zverotic (86. Hammerich); Liechti (63. Tasar), Jäckle, Perrier, Misic (68. Peyretti); Maierhofer (75. Schneuwly).

Wil: Kostadinovic; Rahimi, Havenaar, von Niederhäusern (15. Gasser); Herrmann, Zé Eduardo (86. Cortelezzi), Breitenmoser (56. Savic), Schäppi; Lombardi; Audino (63. Hefti), Silvio.

Bemerkungen: Aarau ohne Deana, Fillion, Frontino, Karanovic, Rossini, Schindelholz, Thaler (alle verletzt), Mehidic, Pepsi und Ramadani (alle nicht im Aufgebot). Wil ohne Gonçalves (gesperrt), Herter (verletzt), Beka, Chande, Djordjevic, Gülünay, Hoxha, Sadiku, Scholz und Seijdija (alle nicht im Aufgebot). – Verwarnungen: 18. Audino, 37. Ze Eduardo, 45.(+4) Havenaar, 47. Jäckle, 53. Peralta (alle Foulspiel).