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Sport (AZ, BT)
EHCO-Präsident Benvenuto Savoldelli spricht im grossen Interview über die Entlassung von Sportchef Köbi Kölliker, das Sportchef-Wunschprofil, Geld, Lippenbekenntnisse und eigene Fehler.
Benvenuto Savoldelli, Sportchef Köbi Kölliker wurde entlassen. Was ist seit dem Ausscheiden am letzten Sonntag beim EHC Olten passiert?
Benvenuto Savoldelli: Wir hatten am Montag eine lange Verwaltungsratssitzung geführt und dabei versucht, den sportlichen Misserfolg zu analysieren. Am Dienstag hatten wir dann mit Köbi Kölliker gesprochen und ihn dabei gefragt, ob er der richtige ist, um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen.
Und dann?
Dann hatten wir die Saison analysiert und besprochen, wie es vorwärts gehen soll. Dabei haben wir gemerkt, dass der gemeinsame Nenner nicht mehr gefunden werden konnte.
Was waren die Streitpunkte?
Streitpunkte ist sicher das falsche Wort. Die Chemie in der Mannschaft hat nicht mehr gepasst. Köbi hat auch die Trainerwahl getroffen, natürlich hat der Verwaltungsrat schlussendlich zugestimmt, aber der Vorschlag kam von ihm. Und was wir bei ihm bemängelt haben, ist auch die Kommunikation, sei es nach aussen, aber auch als Bindeglied zwischen Mannschaft, Trainer und Verwaltungsrat. Und die Ausstrahlungskraft, er wirkt halt schon nicht gerade positiv. Aber man muss auch sagen, dass er es von Anfang an nicht einfach hatte in Olten. Kaum wurde bekannt, dass Köbi zu uns kommt, war die Opposition riesig. Und das hatte sich dann in der Folge immer mehr angestaut. Im Prinzip hatte er fast keine Chance, sich zu beweisen.
Warum war er chancenlos?
Ich weiss es nicht. Vielleicht wirkte er den Leuten gegen aussen zu verdrückt, oder vielleicht war es wegen seiner Vergangenheit, ich kann das zu wenig beurteilen. Sein Manko war auch, dass er die Streitigkeiten nicht gerne hatte und ihnen aus dem Weg ging.
Schwierig als Sportchef.
Gerade in diesem Hinblick muss man als Sportchef auch einmal harte Entscheidungen treffen. Da hatte er sich schwer getan, auch mal Klartext zu sprechen und einem Spieler mitzuteilen: hör zu, wir planen nächste Saison nicht mit dir. Da hatte er unglaublich Mühe, begriff der Spieler dann, dass es so war, kam es verständlicherweise zu Reibereien.
Wurde der Entscheid, sich von Kölliker zu trennen, einstimmig gefällt?
Da muss ich auf den Stadtrat zurückgreifen: Man sagt, der Stadtrat habe entschieden, aber wer dafür und dagegen stimmte, sagt man nicht. Wir waren uns ziemlich einig.
Wie hat Kölliker auf die Entlassung reagiert?
Er war enttäuscht, frustriert – das begreife ich. Aber er war auch kritikresistent. Er war immer noch der Meinung, nichts falsch gemacht zu haben. Wobei es nie darum ging, jemandem die Schuld zuzuweisen. Es ging darum, ob man die Vision, die man vorgibt, mit ihm umsetzen kann. Die Vergangenheit lässt sich nicht korrigieren, die letzten zwei Saisons sind gespielt, es ging darum, wie man die Zukunft gestalten will.
Aber es heisst auch, dass Kölliker einen schweren Stand hatte, weil er für die hohen Ziele schlicht zu wenig Geld zur Verfügung hatte und an eine Wand hinauflief.
Das möchte ich in Abrede stellen. Er hatte praktisch eine freie Hand. Wir hatten in den letzten zwei Jahren die teuerste Mannschaft aller Zeiten. Vom Geld her, hatte er also grosse Freiheiten. Aber es ist immer das Gleiche: Wenn man mit 200 Franken in einen Laden geht und für 180 Franken ein paar Schuhe kauft, obwohl man noch Hosen, Jacke und ein Hemd haben sollte, dann wird es schwierig.
Wie hatte die Mannschaft auf die Entlassung Köllikers reagiert?
Wir waren in der Kabine und haben es den Spielern mitgeteilt. Ich glaube, sie haben es verstanden.
Alle?
Das kann ich zu wenig beurteilen. Wir liessen Kölliker 20 Minuten seine Standpunkte darlegen, dann ging er raus und für uns war es erledigt. Es war uns wichtig, dass er dies machen darf. Es ist nicht einfach: Immerhin geht es bei der Trennung um einen Mitarbeiter, der 63 Jahre alt ist. Das war auch ein grosser Punkt, weshalb wir uns überlegten, ob wir es mit ihm noch einmal versuchen sollten.
Wie geht es nun weiter?
Ich muss sagen, dass wir uns bis zum Gespräch mit Köbi nicht nach einem Nachfolger umgesehen haben, das wäre auch nicht fair gewesen. Das wird sich nun sicher ergeben. Es wurden ja bereits Namen genannt.
Haben Sie ein Wunschprofil?
Wie dieses konkret aussieht, wird sich in den persönlichen Gesprächen zeigen. Aber er muss natürlich sportliches Fachwissen aufweisen, kommunikativ sein, eine gewisse Ausstrahlung nach aussen tragen und bereit sein, die Führungskompetenzen wahrzunehmen, die es für diesen Posten braucht.
Wie lange geben Sie sich im Verwaltungsrat Zeit?
Es wäre der falsche Ansatz, zu sagen, bis in zwei Wochen wollen wir den neuen Mann vorstellen, aber umso schneller desto besser ist sicher das Motto. Nun werden Geschäftsführer Peter Rötheli und ich einspringen und die anstehenden Gespräche führen. Kölliker hatte ja bereits mit einigen Spielern Verträge unterschrieben, es liegen Zusagen von anderen Spielern vor, die wir nun kontaktieren müssen. Zum Thema werden auch die bisherigen Spieler, deren Verträge auslaufen. Da werden wir nächste Woche sehen, wie es weitergeht.
Es besteht Handlungsbedarf – auch bei Spielern mit fortlaufenden Verträgen.
Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft eine Negativstimmung auf sich trug, woher die kam, ist schwierig zu sagen. Der Sportchef trug sicher seinen Teil dazu bei, wie auch die Führung im Allgemeinen. Wir sitzen nächste Woche mit dem Team zusammen und werden die Spieler fragen, was sie dazu sagen. Wenn man Jiri Polansky fragt, ist dieser sehr direkt, was er von gewissen Spielern hält. Aber es ist nicht einfach: Wir haben auch noch Spieler, die arbeiten. Es wird sicher Veränderungen geben.
Wo steht der EHC Olten in der Saisonanalyse? Hinterfragt sich auch der Verwaltungsrat?
Jeder Einzelne muss den Spiegel vor sein Gesicht halten.
Das sind nette Lippenbekenntnisse.
Nein, man muss auch mal sagen, dass wir in den letzten 14 Jahren viel Gutes getan haben. Es gibt immer wieder Vorfälle, in denen man sich selber an der Nase nehmen muss. Ich könnte mich heute noch ohrfeigen, dass wir Beattie einen Fünfjahresvertrag gegeben haben oder Kelly und Campbell ziehen lassen haben. Fehler können immer wieder passieren und es wird auch immer wieder Rückschläge geben.
Nun ist dieses Macht-Vakuum entstanden. Helfen Sie als abtretender Präsident noch bei Ihrer Nachfolgeregelung?
Ich probiere es. Ich muss von diesen 20, die anstehen, einen aussuchen. (schmunzelt)
Die Suche gestaltet sich schwierig.
Im Ernst: Es ist so, dass man sehr viel Zeit opfert. Ein Verwaltungsrat sollte meiner Meinung nach beim EHC Olten immer noch ehrenamtlich arbeiten, das gehört dazu. Es gibt auch andere Vereine, in denen ein Verwaltungsrat Millionen hineinsteckt, das ist hier nicht der Fall.
Was ist denn das Schöne an diesem ehrenamtlichen Job?
Sehr viel, sonst hätte ich es nicht so lange gemacht. Man hat den Austausch mit vielen Leuten und kann mit wenig relativ viel bewegen. Der Sport ist sehr schnelllebig und unberechenbar, man weiss nie, wie es rauskommt. Das macht es spannend.