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Sport (AZ, BT)
Die Schweizer Sportlerinnen und Sportler haben aufregende Monate hinter sich. Was bleibt von Olympischen Spielen oder Fussball-Weltmeisterschaft? Und welche Geschichten waren prägend für die Region und darüber hinaus?
Er hatte es ja geahnt, dass es so kommen würde. Dass er sich an einem Vorbild wird messen lassen müssen, dem keiner gerecht werden kann: an sich selber, an der Saison 2017, in der zu Gold wurde, was er anfasste. Umso überraschender war, dass Roger Federer es tatsächlich schaffte, neue Superlative zu provozieren. Er gewann in Melbourne sein 20. Grand-Slam-Turnier und wurde im Februar mit 36 Jahren und 195 Tagen und nach über fünf Jahren Unterbruch noch einmal die Nummer eins der Welt.
Seine Saison war auch danach gut: es gab Titel in Stuttgart und Basel, den Halbfinal in London. Aber eben: Der Schatten des Vorjahrs lag manchmal in der Luft. «Jenes Monster, das ich erschaffen habe», wie es Federer, von dem nur Siege erwartet werden, einmal sagte. Es wird ihn auch 2019 verfolgen. Vielleicht ein letztes Mal. (sih)
Die Olympischen Winterspiele in Südkorea gehen in die Geschichte ein. Pyeongchang ist der Ort, an dem sich Langläufer Dario Cologna mit dem Gewinn der vierten Goldmedaille zum erfolgreichsten Schweizer Wintersportler krönt. Es ist der Ort, an dem die Schweizer Delegation so gross wie noch nie (167 Athletinnen und Athleten) und so erfolgreich wie selten zuvor (15 Medaillen) ist.
Sieben Podestplätze holen alleine die alpinen Skifahrer. Und es gibt neue goldene Schweizer Gesichter, etwa Freestyle-Skifahrerin Sarah Höfflin. Der karge und bitterkalte Ort im koreanischen Hinterland ist auch der Ort, wo die Annäherung des geteilten Koreas mit einer gemeinsamen Delegation ihren Lauf nimmt. Unvergessen die Auftritte der nordkoreanischen Cheerleader, dieser unwirklichen «Army of Beauty». (rs)
Beat Feuz gelingt, was er selbst nicht mehr für möglich hielt: Der 31-Jährige gewinnt im März die kleine Kristallkugel für den besten Abfahrer der Saison 2017/18. Dabei war er sich sicher: Mit seinem von zahlreichen Operationen und einem Infekt lädierten Knie wird er nie mehr eine Saison lang zu den Besten gehören – sehr wohl aber in den wichtigen Rennen.
Er irrt – und ist bei den Saisonhighlights trotzdem am besten: Im Januar siegt er am Lauberhorn in Wengen in der Abfahrt.
Er ist der erste Schweizer, der den Klassiker zweimal gewinnen kann. Schon 2012, bevor die Kniesorgen begannen, hatte er gewonnen. Eine Woche nach seinem zweiten Lauberhornsieg belegt Feuz in Kitzbühel auf der Streif Rang zwei und an den Olympischen Spielen im Februar gewinnt er Bronze in der Abfahrt und Silber im Super-G. (mpr)
Was bleibt in Erinnerung nach dieser aufwühlenden WM? Die feiernden Franzosen? Die fliegenden Kroaten? Die frischen Engländer? Die faszinierenden Belgier? Oder eben doch das frustrierende Ende der Schweiz? Die Chance war einmalig. Ein Achtelfinal gegen keinesfalls übermächtige Schweden. Zudem ein offenes Tableau, das Träume zugelassen hätte. Doch dann: Wieder nichts.
Eine uninspirierte, blutleere Leistung zur Unzeit. Die bittere Wahrheit ist, dass die Schweiz im entscheidenden Moment weiterhin nicht fähig ist, ihre Topleistung abzurufen. So, wie das später beispielsweise in der Nations League beim 5:2 gegen Belgien gelang. Zum dritten Mal in Serie ist sie an einem grossen Turnier nun im Achtelfinal ausgeschieden. Der Höhenflug war anderen vorbehalten. Russland, Kroatien, Uruguay, Schweden.
Die Gründe sind vielfältig. Und teilweise hausgemacht. Die Doppeladler-Gesten von Xhaka, Shaqiri und Lichtsteiner beim 2:1 gegen Serbien entfachten derart viele Nebengeräusche, dass zu viel Energie abfloss.
Die Kräfte, die nötig gewesen wären gegen die robusten Schweden, waren schon aufgebraucht. Der ernüchternde Abschluss der WM mündete direkt ins Sommer-Desaster rund um die Nati. Ein Generalsekretär, der Doppelbürger infrage stellt. Ein Nationaltrainer, der sich mit seinem Leitwolf verkracht (offiziell: missversteht) und sich plötzlich in einer Debatte um seine Person wiederfindet. Ein Verband, der sich darum von ehemaligen FCB-Erfolgsgaranten durchleuchten lässt. Mehr Aufregung war selten. Schade nur, dass die Gründe kaum sportlicher Natur waren. (ewu)
Blickt man auf das Eishockey-Jahr zurück, werden die Schweizer Silber-Helden von Kopenhagen allenthalben gerühmt. Mannschaft des Jahres wurde unsere Hockey-Nati. Patrick Fischer wurde als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Das sind alles schöne Erinnerungen. Unmittelbar nach der 2:3-Finalniederlage gegen Schweden nach Penaltyschiessen herrschte im Lager der Schweizer jedoch Weltuntergangsstimmung. Von Freude über die Silbermedaille war da nichts zu spüren. Viel mehr herrschte da das Gefühl, den ganz grossen Exploit, den Gewinn des WM-Titels, verpasst zu haben. In der Tat war noch nie eine Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft näher dran gewesen, Gold zu gewinnen. Kevin Fialas vergebene Chance in der Verlängerung taucht noch jetzt vor dem geistigen Auge auf. (ku)
Es waren 32 lange Jahre des Wartens. Am 28. April 2018 wird Bern erlöst. YB ist wieder Fussball-Schweizer-Meister. Nsame trifft gegen Luzern in der 93. Minute zum 2:1, es ist das Tor zum Triumph. Zuvor hält Marco Wölfli einen Penalty. Für den Oldie – in seiner Karriere häufig zweiter Sieger – ist die Genugtuung besonders gross.
Dass YB den FC Basel als Liga-Krösus ablöst, hat viele Gründe. Der Baumeister des Erfolgs heisst Christoph Spycher. Dem Sportchef gelingt es, eine homogene Mannschaft zusammenzustellen und zu halten. Trainer Adi Hütter impft dem Team eine Winner-Mentalität ein. Er hinterlässt beim Abgang nach Frankfurt ein solides Fundament. Mit Nachfolger Gerardo Seoane qualifiziert sich YB gar erstmals für die Champions League. Dazu scheint der nächste Meistertitel Formsache. (ewu)
Die grosse Schweizer Delegation (52 Sportlerinnen und Sportler) bietet an den Europameisterschaften in Berlin tolle Leichtathletik-Kost. Allen voran die Westschweizer Hürdenläuferin Lea Sprunger. Sie behält die Nerven und wird ihrer Favoritenrolle gerecht. Neben Sprungers Sturmlauf zu Gold werden auch die Leistungen von Steeplerin Fabienne Schlumpf und Marathonmann Tadesse Abraham mit Silber sowie von Sprinter Alex Wilson mit Bronze belohnt.
Mit gemischten Gefühlen an Berlin erinnert sich hingegen Mujinga Kambundji. Sie durchbricht 2018 über 100 m die Schallmauer von 11 Sekunden (10,95), geht an der EM mit drei vierten Plätzen, aber leer aus. Gar nicht dabei ist Sprinter Pascal Mancini. Der Freiburger wird wegen Facebook-Posts mit rechtsextremem Hintergrund aus dem Team verbannt. (rs)
Der Kanton Aargau ist im Februar an den Olympischen Spielen in Pyeongchang dreifach vertreten: Mit Freeskier Dimitri Isler (Fahrwangen), mit Bobfahrer Rico Peter (Zofingen) und mit dem Frauenteam vom Curlingclub Aarau (Skip Silvia Tirinzoni). Mit Rang 4 im Viererbob kommt Peter dem Edelmetall am nächsten. Drei Monate später gibt der 34-Jährige (2 EM-, 1 WM-Medaille) den Rücktritt bekannt. Die Curlerinnen machen die Enttäuschung in Südkorea (Rang 7) im November mit EM-Silber wett.
Eine Saison im Dauerhoch erlebt der Schwinger Nick Alpiger: Er holt sieben Kränze, einen davon auf dem Brünig, und er gewinnt das Aargauer Kantonalschwingfest in Aarau Rohr. Alpiger ist 2018 der sechstbeste Schwinger des Landes.
Eine Aargauer Erfolgsmeldung gibt es auch am Nordwestschweizer Schwingfest in Basel, das David Schmid (Wittnau) gewinnt. Im Orientierungslauf hat Matthias Kyburz (Möhlin) seinen Ruf als Podiumsdauergast zementiert: An der Heim-EM läuft er in allen vier Rennen in die Medaillenränge (2-mal Gold), den Gesamtweltcup entscheidet er ebenfalls für sich.
Kein Sieger auf dem Papier, aber ein Sieger der Herzen ist Radprofi Silvan Dillier (Baden): Sensationell, wie er im Klassiker aller Klassiker, bei Paris–Roubaix, auf den zweiten Rang fährt. Im Handball verläuft das Jahr durchwachsen: Im Frühling steigt Endingen aus der NLA ab, dafür etabliert sich der HSC Suhr Aarau mit einer jungen Mannschaft im Oberhaus. Kommen wir zum Profifussball, momentan das Sorgenkind des Aargauer Spitzensports: Im Aarauer Torfeld Süd weiterhin keine Spur des dringend benötigten neuen Stadions, gemäss aktuellem Stand kommt das Hochhaus- und Stadionprojekt Ende 2019 vors Aarauer Volk.
Auf dem Platz läuft es dem FC Aarau im Frühling durchwachsen, im Sommer blamiert er sich nach dem Trainerwechsel (Rahmen für Jurendic) mit sechs Pleiten in Serie, erst im Spätherbst kommt er in die Spur. Derweil geht im Freiamt ein Märchen zu Ende: 16 Jahre hielt sich der FC Wohlen in der Challenge League, im Sommer 2018 verabschiedet er sich freiwillig. (wen)
Man könnte meinen, dass der Gewinn eines siebten WM-Titels bei einem Athleten keine grosse Gefühlsregung mehr provoziert. Nino Schurter hat in seiner Karriere schon so viel gewonnen – neben besagten WM-Titeln auch noch Olympia-Gold –, dass man ihm eine gewissen Abgeklärtheit nicht übel nehmen würde.
In Lenzerheide war im September aber alles etwas anders. Er hatte praktisch vor seiner Haustüre mit 25 000 frenetischen Fans am Streckenrand triumphiert. Da konnte Schurter gar nicht anders, als nach seiner Zieldurchfahrt so zu jubeln, als hätte er eben seinen ersten WM-Titel errungen. Wie sehr dieser Triumph in der ganzen Schweiz nachhallte, zeigte sich zwei Monate später. Im Dezember wurde der Bündner verdientermassen als Schweizer Sportler des Jahres ausgezeichnet. (ku)
Am Königsgerät gelingt Oliver Hegi die beste Leistung seiner Karriere. An der EM im August in Glasgow holt der 25-Jährige Gold am Reck. Zudem gewinnt der Aargauer Bronze am Barren. Hegi ist erst der zweite Schweizer Kunstturner nach Ernst Fivian im Jahr 1959, der zwei Einzelmedaillen an einer EM gewinnt. Und erst zwei Schweizer vor ihm (Jack Günthardt 1957 und Pablo Brägger 2017) holten EM-Gold am Reck.
Während Hegi einen Höhepunkt erlebt, hat Giulia Steingruber Pech. Im Juli reisst sich die erfolgreichste Schweizer Kunstturnerin der Geschichte das Kreuzband. Aufgeben kommt für die 24-Jährige aber nicht infrage: «So will ich nicht zurücktreten», sagte sie und arbeitet am Comeback. Ihr Fernziel sind die Sommerspiele 2020. Den Traum von Tokio lebt sie gemeinsam mit Hegi. (mpr)
Für Aussenstehende ist schon so schwer vorstellbar, was es bedeutet, das zu tun, was Daniela Ryf tut: Ironman Hawaii, eine der härtesten Ausdauerprüfungen der Welt. 3,86 km Schwimmen, 180,2 Kilometer auf dem Fahrrad und 42,125 km Rennen.
Ryf hatte das Rennen die letzten drei Mal gewonnen. Doch es entbehrt jeglicher Vorstellungskraft, wie sie das ein viertes Mal schaffen konnte. Vor dem Start kommt sie mit einer Feuerqualle in Kontakt. Die Arme taub, die Schmerzen höllisch. Aufgeben? «Ist keine Option», sagt Ryf. Ihr Ziel: das Ziel. Die 31-Jährige verlässt das Wasser zwar mit Rückstand, doch ihre Beine sind stärker denn je. Ryf stellt auf dem Rad und im Laufen neue Bestzeiten auf, unterbietet ihren Streckenrekord um 18 Minuten und läuft in 8:26:16 Stunden im Ziel ein. Nicht einmal eine Qualle kann Ryf bremsen (sih)
«Null Punkte». Tom Lüthi, 32, ist beim Versuch gescheitert, sich in der «Königsklasse» unter den letzten wahren Kerlen dieser Welt zu behaupten. Der Spott ist statistisch berechtigt. Er ist der erste Neuling der MotoGP-Klasse, der in seiner ersten Saison ohne WM-Punkte (Klassierungen unter den ersten 15) geblieben ist. Logisch also, dass es seine einzige Saison bleibt. 2019 kehrt er in die Moto2-WM zurück. Das ist die polemische Analyse. Tatsächlich ist dieses Scheitern ein Lehrstück, wie zerbrechlich das Glück in diesem Sport ist. Es hängt von zu vielen Faktoren ab, die der talentierteste Pilot nicht beeinflussen kann: der Technik und dem Zusammenhalt des Teams. Als Lüthis Team vor Saison-Halbzeit durch Intrigen und Wirren um verschwundene Millionen auseinanderbrach, war er chancenlos. (kza)