NLA-Handball
Der wahre Wert des Sergio Muggli: Der Spielmacher vom HSC Suhr Aarau überzeugt mit Übersicht statt mit vielen Toren

Sergio Muggli wurde am letzten Spieltag als bester Spieler des HSC Suhr Aarau ausgezeichnet. Zu sehen, was er für die Mannschaft leistet, ist auf den ersten Blick gar nicht so einfach. Der erfahrene Akteur ist für die Statistiker schwer auszumachen.

Frederic Härri
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Mit den Fingern zeigt er es an: Sergio Muggli gibt seinen Teamkollegen Spielzüge mit auf den Weg.

Mit den Fingern zeigt er es an: Sergio Muggli gibt seinen Teamkollegen Spielzüge mit auf den Weg.

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Sergio Muggli ist keiner für die Bestenlisten. Wenn er Handball spielt, lässt er sich kaum einmal zu vielen Würfen hinreissen. Zwei bis drei Versuche sind es pro Spiel im Schnitt, manchmal steht in der Statistik aber auch schlichtweg eine Null. Zuerst liest man andere Namen, bevor man Sergio Muggli unter den besten Skorern findet. Das ist, seit er beim HSC Suhr Aarau unter Vertrag steht, zur Gewohnheit geworden.

Und es war auch am ver­gangenen Sonntag wieder so, beim Sieg gegen Wacker Thun. ­Muggli traf vier Mal – eine gute Marke, wenn auch nicht der Topwert. Dieses Mal aber geschah etwas, das nicht in die
Kategorie des Alltäglichen fällt. Muggli stand nach Schlusspfiff ganz vorne, aufgerufen vom Hallenspeaker, beklatscht von den Kollegen, und hielt die Trophäe für den besten Spieler in der Hand. «Mich hat das sehr gefreut», sagt Muggli Tage danach. «Aber ganz ehrlich: Jeder im Team hätte das an jenem Tag verdient gehabt.»

Sergio Muggli bekommt beim Sieg gegen Wacker Thun von HSC-Präsident René Zehnder die Auszeichnung als bester Spieler überreicht

Sergio Muggli bekommt beim Sieg gegen Wacker Thun von HSC-Präsident René Zehnder die Auszeichnung als bester Spieler überreicht

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Damit man versteht, was der 27-Jährige einer Mannschaft geben kann, lohnt es sich kaum, nur auf Zahlen zu fokussieren. Der Wert eines Sergio Muggli erschliesst sich nicht durch Tore. Es ist der Blick aufs grosse Ganze, der von Interesse ist. Mugglis Rolle ist die des ­Gestalters, er dosiert das Tempo und taktet die Angriffe.

Einst spielte er bei den Besten im Land

Sitzt er auf der Bank, dann spielt er in Gedanken die Abläufe durch, wieder und wieder. Zeigt er Spielzüge an, streckt er die Finger in die Luft, sein Blick sucht den Kontakt zu den Mitspielern, sodass auch wirklich jeder verstanden hat, wie er sich bewegen muss. Den Gegenstoss läuft er im Sprint mit dem Kopf nach vorne gerichtet, statt auf den Ball fixiert. Oftmals ist es neben dem finalen auch der vorletzte Pass, mit dem Mugglis Spiel Blüten trägt.

Vor gut einem Jahr schloss sich Muggli dem HSC Suhr Aarau an. Der Verein eiste ihn von GC Amicitia los, um Tim Aufdenblatten als Spielmacher Entlastung zu bieten. Mugglis Verpflichtung versprach Er­fahrung, die er sich zu Beginn seiner Profikarriere auch bei den Kadetten Schaffhausen holte, den Besten im Land.

Gar zu Einsätzen in der ­Nationalmannschaft hatte es ­einmal gereicht, im Schweizer Dress bestritt Muggli acht Einsätze. Muggli kann sich eine Rückkehr als Nationalspieler vorstellen, «wenn die Leistung stimmt». Klar ist ihm aber auch: «Die Konkurrenz ist gross.»

Einer, der Präsenz nicht mit Spielminuten verwechselt

Spielen, und zwar möglichst von Beginn weg, das wollen sie auch im Kader des HSC alle. Mit Aufdenblatten teilt sich Muggli die Spielanteile, daneben machen auf der Position junge Kräfte wie Manuel Zehnder Druck. Muggli versteht sich als «Leader», als einer, der führt und vorangeht. Doch er verwechselt Präsenz nicht mit dem Anhäufen von Spielminuten. «Wenn es einem gut läuft, spielt er mehr und ich weniger, das ist ganz logisch», sagt Muggli. «Die Mannschaft steht im Vordergrund.»

Es sind Sätze, wie sie beim HSC Suhr Aarau dieser Tage häufig fallen, übermittelt von den Spielern,
den Trainern, den Menschen im und um den Klub. Das Kollektiv, das grösser ist als die Summe der Einzelnen. Man könnte derlei Wortmeldungen auch als Bausteine verstanden wissen, zu einem Weg, der am Ende der Spielzeit womöglich zu Titeln führt.

Den Supercup haben sie ja schon, der Cup und die Meisterschaft sind noch zu vergeben. Wen interessieren bei solchen Aussichten individuelle Auszeichnungen? Sergio Muggli wohl am allerwenigsten.

Der HSC spielt auswärts in Bern

In der vierten Runde der NLA-Saison trifft der HSC Suhr Aarau auswärts auf den noch punktlosen BSV Bern. Verfolgen Sie die Partie auf unserer Website im Livestream, am Donnerstag, 17. September, ab 19.45 Uhr.