Startseite
Sport
Sport (AZ, BT)
126 Turnerinnen und Turner machen das Eidgenössische Turnfest für den Freiämter Verein zu einer logistischen Meisterleistung. Vereinsjacken können Spitzel enttarnen. Einheitliche Kleidung hilft aber auch, sich nicht aus den Augen zu verlieren. Beides spielt in dieser Geschichte eine Rolle, die um 8 Uhr am Freitagmorgen am Bahnhof Sins beginnt.
126 Turnerinnen und Turner haben sich versammelt, um gemeinsam den Vereinswettkampf Jugend am Eidgenössischen Turnfest in Aarau zu bestreiten. Damit ist die Delegation des STV Sins die grösste aus dem Kanton Aargau. Das macht die Reise nicht nur zu einem einmaligen Erlebnis für die Kinder, sondern auch zu einer Herausforderung für die Leiter, die damit beginnt, 126 Streckenbillette für die Zugfahrt abzustempeln.
Doch Hauptleiter Hans Bachmann und seine 21 Kolleginnen und Kollegen sind bestens organisiert. Alle haben ein Dossier, das erklärt, wer wann wo und mit wem sein muss und was zu tun ist, wenn etwas nicht klappt. Das Wichtigste dabei? «Niemanden zu verlieren», sagt Bachmann.
Später am Tag, als sich eine Gruppe zum Hindernislauf aufmacht, geht tatsächlich jemand verloren – die beiden Journalisten, die das Tempo nicht mitgehen können, als die Turnerinnern und Turner zu rennen beginnen. Es bleibt das einzige Intermezzo des ganzen Tages.
Damit zurück zum Anfang. In Aarau angekommen, marschiert die Gruppe zügig Richtung Wettkampfgelände im Schachen. Eine Kolonne in Grün, Rot und Schwarz zieht durch die Stadt, ein hellgrüner Regenschirm und die Vereinsfahne weisen den Weg. So einfach geht also das Nicht-aus-den-Augen-Verlieren.
Grün ist das Turnshirt der Jugendturn-Riege «JuTu» Sins, Rot ist das Dress der Geräteturnen-Riege «GeTu» Sins-Oberrüti und Schwarz ist das T-Shirt der «Jumpers» Sins, die getreu nach ihrem Namen vom Mini-Trampolin aus Saltos schlagen. Sie alle gemeinsam vertreten den STV Sins.
Beim obligatorischen Gruppenfoto auf dem Wettkampfgelände verdecken die 126 Turnerinnen und Turner locker die grossen Holzbuchstaben des Worts «AARAU». «Wir wollten alle, die Lust haben, mitnehmen. Unabhängig von der Leistung», sagt Bachmann. Vor sechs Jahren war das in Biel anders. Die Delegation am Eidgenössischen war nur halb so gross, dafür leistungsorientierter. Das Resultat: Rang drei im Vereinswettkampf. «Dieses Mal wäre ein Spitzenrang eine faustdicke Überraschung», sagt Bachmann.
Nur verstecken müssen sich die Freiämter nicht. Im Gegenteil. Die GeTu-Riege ist amtierender Schweizer Meister am Schulstufenbarren. In der Gerätekombination ist sie ebenfalls aktueller nationaler Titelträger und die von Hans Bachmann trainierte Gymnastikgruppe ist auf dem Kleinfeld immerhin Aargauer Meister. Nur werden im Vereinswettkampf eben alle geturnten Disziplinen gemeinsam für die Schlusswertung gezählt.
«Der Schweizer-Meister-Titel ist darum vom Stellenwert viel wichtiger», sagt Ursi Wyder. Sie hat die Geräteturnen-Riege 2004 gegründet. Vor dem Titelgewinn im vergangenen Jahr wurden ihre Schützlinge dreimal in Folge Zweite. «Ein Eidgenössisches ist trotzdem ein tolles Erlebnis, weil wir für einmal als grosse Gruppe den STV Sins vertreten können.»
Und doch: Die Konkurrenz schaut zu und will besser sein. Zumindest innerhalb der vergleichbaren Disziplinen. So filmt eine Frau die ganze Übung am Schulstufenbaren. Die Buchstaben auf ihrer Trainerjacke enttarnen sie als Spion: TV Merenschwand. Dieser war an den Aargauer Meisterschaften zuletzt vor Sins-Oberrüti klassiert und ist am Eidgenössischen erst am Samstag im Einsatz. Das gibt die Möglichkeit, zu spionieren.
Beim Hindernislauf hat es zwar keine Spione, dafür sehr strenge Regelhüter. Während andere Vereine die Elemente auf der Besichtigungsrunde bereits ausprobieren dürfen, heisst es für den STV Sins: nicht erlaubt! «Das steht ganz klar in den Regeln», sagt die Hüterin der Gesetze deutlich. «Unfair», nennt es Jonas, der inoffizielle Handstandkönig der JuTu Sins.
Weil der STV Sins bereits um 10 Uhr im Schachen ist, die Wettkämpfe aber erst nach dem Mittagessen beginnen, versuchen sich die Vereinsmitglieder im Handstandduell. Jonas kann seine Beine 49,69 Sekunden in der Luft halten und ist damit der Beste. Zum Ärger der Geräteturnerinnen. Doch der Groll ist nur gespielt. Die Stimmung im Verein ist toll. «Weil das Eidgenössische Turnfest nur alle sechs Jahre stattfindet, ist der Vereinswettkampf Jugend für die meisten ein einmaliges Erlebnis. Darum ist es wichtig, es zu geniessen», sagt Bachmann. Und so endet die Reise, wie sie begonnen hat: glücklich in Sins – ohne Vermisste.