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Sport (AZ, BT)
Schweizer Meister und Europameister ist Joel Roth 2017 bereits. Nächste Woche hat der 18-Jährige aus Kölliken zwei Chancen, sein Traumjahr mit einem WM-Titel zu krönen. An den Titelkämpfen im australischen Cairns gehört er sowohl mit der Schweizer Staffel wie auch im Juniorenrennen zu den Medaillenanwärtern.
Kölliken und Mountainbike – da war doch was? Der amtierende Europameister Florian Vogel ist ein Aargauer Bikepionier. Der WM-Dritte von 2007 wohnt zwar seit Jahren nicht mehr in Kölliken, doch rechtzeitig zum nahenden Abschied von den grossen Wettkampfbühnen scheint in seinem Heimatdorf ein Nachfolger heranzuwachsen. Joel Roth erlebt gerade seine erste grosse Saison. Vielleicht hat ihn der Lehrabschluss als Koch derart beflügelt, auf jeden Fall liest sich die Menükarte des hageren Blondschopfs formidabel. Im Jura gewann er den Schweizer-Meister-Titel bei den Junioren, und an der EM in Italien gab es Gold mit der Schweizer Staffel.
Dieser Staffel aus je einer Juniorin und einem Junior sowie einer Elite-Fahrerin und einem Elite-Fahrer gehört er auch in Cairns an. Am nächsten Mittwoch eröffnet die «Mixed-Relay» das WM-Programm, und bereits am Donnerstag steht das Juniorenrennen an. An der EM stoppte ihn auf dem Weg zu einer Medaille ein Hitze-Einbruch auf der letzten Runde (8. Rang). In Down Under will es der Sohn des RC-Gränichen-Präsidenten nun besser machen. «Die Form stimmt», sagt er selbstbewusst.
Allerdings ist der Trip nach Australien gerade für ihn ein besonderes Abenteuer. «Ich war in meinem Leben noch nie ausserhalb von Europa, und die grösste Zeitumstellung, die ich bisher erlebt habe, war eine Stunde», sagt Roth. Dazu eine Landschaft mit Urwald-Charakter und steinigem Untergrund sowie ein tropisches Klima – mal sehen, wie der vom ehemaligen Nationaltrainer Beat Stirnemann trainierte Aargauer mit den vielen Unbekannten zurechtkommt.
Joel Roth wirkt schüchtern und unscheinbar, doch im Gespräch imponiert er als Sportler mit klaren Vorstellungen und hohen Zielen. In Zukunft will er primär aufs Mountainbike setzen. Daneben arbeitet er stundenweise für seinen Vater, der sich thematisch um die Arbeitssicherheit im Gerüstbau kümmert. «Im nächsten Jahr starte ich neu bei den U23. Ich habe nur eine Chance, den Weg an die Weltspitze zu finden, wenn ich mich auf den Sport konzentrieren kann. Alles andere geht nicht auf», sagt er bestimmt.
Die gewonnene Zeit will Roth in erster Linie für eine qualitativ bessere Erholung nutzen. Vorbei sind die Zeiten mit Arbeitsbeginn um 5.30 Uhr. Und das Talent bleibt geduldig. In der ersten Saison bei den U23 gehe es darum, Erfahrungen zu sammeln, und im zweiten Jahr «will ich vorne mitfahren».
Die Entschlossenheit, mit welcher Roth seine Karriere skizziert, verblüfft. Der Kölliker setzt dabei auf seine Stärke, die Leistungen akribisch zu analysieren. «Ich habe einen starken Drang, besser zu werden. Ich bin eigentlich nie zufrieden, denn ich sehe stets Verbesserungspotenzial», sagt er. Und weil er das perfekte Rennen im Kopf hat, stand ihm genau dieser in der Vergangenheit ab und zu im Weg.
Dass er den Kopf früh hängen lässt, wenn sich ein Wettkampf nicht nach seinem Gusto entwickelt, betrachtet er als grösste Schwäche. Auch hier sucht der 18-Jährige die besten Zutaten für eine Verbesserung. «Seit diesem Frühling arbeite ich regelmässig mit Sportpsychologin Romana Feldmann zusammen», sagt er. Joel Roths sportliches Menü soll definitiv kein Zufallstreffer werden.