Startseite
Sport
Sport (AZ, BT)
Sechs lange Jahre mussten die Aargauer Turnerinnen und Turner warten. Nun sind die Wettkampftage des Aargauer Kantonalturnfestes Geschichte. Mittlerweile ist die Rangliste definitiv, der STV Wettingen ist Turnfestsieger.
Der STV Wettingen gewinnt den 3-teiligen Vereinswettkampf am Aargauer Kantonalturnfest zum fünften Mal in Folge. Da das Kantonalturnfest nur alle sechs Jahre stattfindet, ist es also bereits 30 Jahre her, seit ein anderer Verein Turnfestsieger wurde. Die Wettinger zeigten am Samstag eine bestechende Leistung in ihren drei Paradedisziplinen Boden, Ringe und Sprung. Sie kamen so auf die Gesamtnote 29,82. «Wir sind überglücklich, dass wir für unsere harte Arbeit und unser hartes Training erneut belohnt werden», sagt Fabio Moser, Oberturner der Wettinger direkt nach dem Triumph. «Unser Ziel war schliesslich, das Kantonalturnfest erneut zu gewinnen.»
Dabei wäre alles andere als der Turnfestsieg von Wettingen eine Sensation gewesen. Schliesslich dominiert der Verein nicht nur den Aargauer, sondern gleich den ganzen Schweizer Turnsport. Wettingen holte sich an den letzten beiden Eidgenössischen Turnfesten (2007 und 2013) zweimal hintereinander den Sieg und ist auch bei den Schweizermeisterschaften immer ganz vorne mit dabei. Ausserdem ist der STV Wettingen bei internationalen Turn-Shows ein gern gesehener Gast.
So ist es kein Wunder, dass sich vor dem Turnfest die Diskussion kaum darum drehte, ob Wettingen erneut gewinnen würde. Vielmehr wurde gemutmasst, wer wohl die beiden anderen Podestplätze belegen würde. Das Resultat dürfte die lärmgeplagten Anwohner des Turnfestes in Muri etwas milder stimmen. Es sind nämlich zwei Freiämter Vereine. Auf dem zweiten Platz landet der STV Beinwil (Freiamt), auf dem dritten der TV Wohlen.
Für die Beinwiler ist der zweite Platz ein grosser Erfolg: «Wir sind extrem zufrieden. Wir hätten gar nie gedacht, dass wir so gut sind», sagt Domink Brun, technischer Leiter des STV Beinwil. Wettingen ist für sie komplett ausser Reichweite: «Die turnen einfach in einer anderen Liga. Wir messen uns gar nicht mit ihnen.»
Obwohl der STV Wettingen mindestens nationale Spitzenklasse ist, hingen nach dem ersten Wettkampfteil einige Fragezeichen in der Luft. Vanessa Strebel, die in allen drei Wettkampfteilen hätte dabei sein sollen, verletzte sich beim Bodenturnen und musste ersetzt werden. Dabei kam Wettingens grosses Kader zum Zug. «Wir konnten Vanessa mit zwei jungen Turnern ersetzen, die ihre Sache bravourös meisterten», sagt Oberturner Moser.
Dieses grosse Kader ist eine Folge der guten Nachwuchsarbeit, die Wettingen leistet. Anders als bei Spitzenvereinen in anderen Sportarten ist der weit überwiegende Teil der Turner bei Wettingen in der Jugendgruppe gewesen. «Wir ziehen die Jungen nach und nehmen sie in einzelnen Disziplinen mit an die Wettkämpfe. So integrieren wir sie irgendwann in alle Disziplinen.»
Langeweile ob der vielen Siege gebe es auch durch diese Nachwuchsintegration und die dadurch bedingte hohe Fluktuation nicht. Nur gerade ein Turner war bei allen fünf Wettingen-Turnfestsiegen seit 1993 mit dabei, also kämen immer wieder hungrige Turner nach.
Trotz der sportlichen Brillanz sorgte Wettingen für Unmut. Vanessa Strebel wurde Turnfestsiegerin im Geräteturn-Einzel, erschien aber nicht zum Rangverlesen. Stattdessen ging sie ins Vereinstraining des STV Wettingen. Der Moderator gratulierte ihr per Mikrofon, 800 Leute warteten auf ihr Erscheinen, doch sie war nicht da.
Einige sahen ihre Vorurteile bestätigt, Wettingen verhalte sich arrogant und legten das als Geringschätzung des Turnfestes aus. Moser erklärt das Verhalten: «Sie wusste gar nicht, dass sie Turnfestsiegerin geworden ist. Ansonsten wäre sie natürlich hingegangen.» Ausserdem sei die Vollzähligkeit bei einem Training so kurz vor dem Kantonalturnfest äusserst wichtig.
Was bleiben den Wettinger Turnern überhaupt noch für Ziele? «Wir wollen uns nun auf die Schweizermeisterschaften konzentrieren», sagt Moser. 2019 steht ein Highlight für alle Aargauer Turner, aber vor allem für Wettingen an: das Eidgenössische Turnfest in Aarau. Moser sagt: «Da wollen wir unbedingt unseren Titel verteidigen.»