Von Tunesien über Italien bis nach Kölliken hat Mittelstürmer Rafed Bayazi in einigen Ligen seine Tore verbucht. Zwischenzeitlich verdiente der Amateurfussballer gar sein Lebensunterhalt damit.
Drei Vereine in drei Monaten, Rafed Bayazi hat in den letzten Wochen gefühlt den halben Kanton Aargau kennen gelernt. Doch mit Blick auf die beeindruckende Karriere des 36-jährigen Amateurfussballers wird schnell klar, dass regelmässige Wechsel bei ihm keine Seltenheit sind.
FC Gränichen, FC Windisch und nun FC Kölliken: Das sind nur die letzten drei von insgesamt 13 Stationen seiner Laufbahn. Getroffen hat er für alle Mannschaften, denn Rafed Bayazi (Vorbild: Zlatan Ibrahimovic) steht für Ehrgeiz und Tore.
Entsprechend weiss der Mittelstürmer inzwischen genau, was er möchte. Mit 36 Jahren gehört er zu den ältesten und erfahrensten Spielern in der Liga. «Ich entschied mich, im Juli beim FC Gränichen nach zwei Saisons einen Schlussstrich zu ziehen. Die taktische Ausrichtung war mir zu defensiv. Und ich vermutete auch, dass es mit der Qualität eng wird.»
So schloss er sich auf diese Saison dem FC Windisch an. Doch es sollte keine lange Beziehung werden. Nach drei Spieltagen verliess Bayazi den Verein wieder: «Windisch gehört von der Qualität her zu den Topteams der Liga, aber es sind zu viele Spieler dort. Die Mannschaft wird Zeit brauchen, bis sie eingespielt ist. Deshalb entschied ich mich für den Wechsel. Ich will in einem klaren System spielen, das auf mich abgestimmt ist. Und ich wollte auch nicht meine Freundschaft zu Trainer Angelo Ponte aufs Spiel setzen. Wir haben einst gemeinsam für diesen Klub gespielt.»
Nun also Kölliken, Verein Nummer 13 in Bayazis Laufbahn. Im ersten Spiel gegen den FC Küttigen traf er bereits doppelt. Der Hunger des Mittelstürmers ist immer noch unbestritten gross: «Ich möchte Pokale gewinnen, am besten das Double. Auch Torschützenkönig würde ich gerne werden.»
Erreicht hat er diese Erfolge fast alle schon. Mit Lenzburg und dem Schöftland gewann er die 2. Liga. Beim Aufstieg mit Lenzburg ergatterte er sich nebenbei auch die Krone des Torschützenkönigs. Nur den Aargauer Cup gewann er noch nie.
Woher kommt dieser Hunger? Warum steht der frischgebackene Vater noch immer mindestens dreimal pro Woche auf dem Platz?
Bayazi zögert. «Das ist eine Frage, die ich mir auch oft stelle. Wahrscheinlich ist es die Liebe zum Fussball. Andererseits fühle ich mich auch noch sehr fit. Ich achte auf Körper und Ernährung, trinke keinen Alkohol und trainiere auch in den Ferien. Ich opfere viel für den Sport, aber das war für mich schon immer selbstverständlich.»
Diese Disziplin kommt nicht von ungefähr. Einst schien Bayazis Laufbahn Richtung Profigeschäft zu gehen. Ein Grossteil seiner Juniorenzeit verbrachte er bei Espérance Tunis, einem der grössten und erfolgreichsten Vereine Afrikas. «Als ich neun Jahre alt war, zog meine Familie von der Schweiz nach Tunesien um, mein Vater hat dort seine Wurzeln. Ich schloss mich früh dem Verein an, absolvierte sämtliche Junioren-Stufen und schaffte es sogar bis zum Début für die 1. Mannschaft.»
Ein Erlebnis, das Bayazi nicht mehr vergisst: «Es war zwar nur ein Einsatz für drei Minuten, aber dieser hatte es in sich. Das Stadion war voll. 50'000 Fans und ich stand da plötzlich auf dem Feld und war noch nicht einmal 18 Jahre alt. Das war schon beeindruckend.»
Ein erfolgreicher nächster Karriereschritt wollte ihm danach jedoch nicht gelingen. Rückblickend meint Bayazi: «Ich hätte bei Espérance bleiben sollen, aber ich war zu ungeduldig. Und ich hatte auch einen Agenten, der sich nicht wirklich um mein Wohl kümmerte. Mir fehlte in dieser Phase das Umfeld, das mich weiterbringen hätte können.» So führte sein Weg über die fünfthöchste Liga Italiens (Casarano Calcio) und die fünfthöchste Liga Frankreichs (FC Saint-Louis Neuweg) zurück in die Schweiz.
Im Jahr 2007 heuerte er beim Erstligisten FC Wangen bei Olten an. «Meine Eltern hatten sich in der Zwischenzeit getrennt, ich wollte wieder zu meiner Mutter nach Suhr zurückkehren. Ich hatte auch keine abgeschlossene Schule und wusste, dass ich mich auch um meine Zukunft sorgen muss.»
Tatsächlich musste sich Bayazi erst in der Schweiz um einen Job neben dem Fussball bemühen: «Bei meinen vorherigen Stationen im Ausland liess es sich mit den ungefähr 3000 Euro, die ich bekam, ganz gut leben. Es waren keine Nebenjobs nötig. Ich verdiente danach zwar auch hier im Amateurfussball, doch um ein reduziertes Pensum kam ich nicht herum.»
Geld spielt für Bayazi inzwischen beim Fussball keine Rolle mehr. «Die Ambitionen sind mir wichtiger geworden, ich habe mit 36 Jahren nicht mehr viele Saisons als aktiver Fussballer vor mir und ich möchte noch so viel gewinnen wie möglich.»
Dass er nun seit mittlerweile gut fünf Jahren sein Haupteinkommen in der Versicherungsbranche verdient, ist für Rafed Bayazi kein Anlass zur Trauer. «Klar, ich wäre gerne Profi geworden. Aber ich liebe meinen Job, und ich denke, ich bin auch gut darin, weil ich durch den Fussball viele Kontakte, Disziplin und Ehrgeiz bekommen habe. Entsprechend hat mir meine Karriere viel gegeben, auch wenn sie vielleicht nicht ganz so erfolgreich verlaufen ist, wie ich es mir gewünscht hätte.»