Ein in Holderbank mit 86 km/h geblitzter Geschäftsmann stellte bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Thal-Gäu die Arbeit der Polizei infrage.
Armin P.* scheute vor Amtsgericht Thal-Gäu weder Mühe noch Kosten, um Amtsgerichtsstatthalterin Barbara Steiner von seiner Unschuld zu überzeugen. Vorgeworfen wurde dem 74-jährigen Geschäftsmann eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln wegen massiver Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Der Mann war am 4. September 2015 um 19.38 Uhr mit seinem Auto auf der Hauptstrasse ausgangs von Holderbank Richtung Langenbruck unterwegs, als er von einem Radar-Gerät mit Tempo 86 km/h geblitzt wurde.
Nach Abzug der Toleranz resultierte eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h. Für die Staatsanwaltschaft steht damit fest, dass Armin P. mit seinem Verhalten eineernstliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellte und dies zumindest unbewusst grobfahrlässig in Kauf genommen hatte.
Der Angeklagte erklärte der Amtsgerichtsstatthalterin, dass er an besagtem Tag keine Radar-Anlage am Strassenrad gesehen habe. Auch dass er geblitzt worden sei, habe er nicht bemerkt. Die Strecke sei ihm bestens bekannt, weil er sie mehrmals in der Woche abfahre.
Dass er offenbar von einer Radar-Anlage geblitzt worden sei, habe er später auf dem Polizeiposten in Waldenburg erfahren, sagte der im Kanton Basel-Landschaft wohnhafte Mann. Dort sei er von diesem für ihn nicht erklärbaren Ereignis in Kenntnis gesetzt worden. Bei einem umgehend in Holderbank durchgeführten Augenschein habe er kein Radar-Gerät mehr vorgefunden. Ein solches habe er dort aber ein paar Tage später entdeckt. Als er die fest auf einem Anhänger verbaute Radar-Anlage näher begutachtet habe, sei ihm aufgefallen, dass diese nicht im Lot gestanden sei. Um das zu dokumentieren, habe er einen Architekten mit der Ausmessung der Radaranlage beauftragt.
Diese Dokumentation mit Fotos zeige deutlich, dass die Anlage, weil einseitig im Morast eingesunken, nicht mehr im Lot gewesen sei, erwähnte der Angeklagte. Deshalb müssten nicht nur die von diesem Gerät gemachten Radar-Messungen infrage gestellt werden, sondern auch jene des bei ihm verwendeten mobilen Radargeräts. Dieses sei nämlich am selben Standort aufgestellt worden und dürfte wohl auch schräg gestanden sein, folgerte Armin P. zu seinen Gunsten.
In dieselbe Kerbe schlug Verteidiger Reto Gantner. Er hatte sich offenbar die Bedienungsanleitung für das mobile Radargerät zu Gemüte geführt. Das Gerät müsse vor der Verwendung ins Lot gestellt, justiert und auch getestet werden, so Gantner. Mit Blick auf Schieflage der erwähnten festen Radar-Anlage auf dem Anhänger stelle er dies infrage.
Gantner dürfte entgangen sein, dass sich das mobile Gerät, um das es im konkreten Fall ging, mittels eines Selbsttestes automatisch in den Betriebszustand setzt. Erklärt wurde dies vom als Zeugen geladenen Mitarbeiter der Verkehrstechnik der Kapo. Auch das Argument, die Messungen seien ungenau, wenn das Gerät schräg stehe, stellte der Zeuge in Abrede. Viel wichtiger sei, dass das Gerät parallel zur Strasse ausgerichtet werde. Das damals von ihm persönlich am besagten Ort aufgestellte Radar-Gerät habe alle Kriterien erfüllt und deshalb ordnungsgemäss funktioniert. Auch sei das Gerät auf festen Untergrund gestanden.
Der Verteidiger hatte sein Pulver aber noch längst nicht verschossen. Er verlangte vom Gericht einen Freispruch für seinen Mandanten, weil die Polizei auf seine Nachfrage hin nicht in der Lage gewesen sei, einen schriftlichen Beleg der Zulassung für das verwendete Radargerät vorzulegen. Dass dies nicht möglich war, sei verdächtig, zumal sich sogar der Polizeikommandant in die Sache eingeschaltet habe. «Da ist doch etwas schiefgelaufen», stellte Gantner in den Raum.
Das Gericht liess sich von den Ausführungen nicht beindrucken und verurteilte Armin P. wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer auf zwei Jahre bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 3000 Franken. Weiter muss er eine Busse von 2000 Franken bezahlen oder ersatzweise eine Freiheitsstrafe von zehn Tagen absitzen. Ferner wurden ihm die Verfahrenskosten von 2250 Franken auferlegt. Es sei davon auszugehen, dass die Polizei zugelassene Radar-Geräte ordnungsgemäss einsetze, erklärt das Gericht in der Urteilsbegründung. Zum angeblich nicht im Lot stehenden Radargerät hält das Gericht fest, dass der Angeklagte nicht von diesem Gerät geblitzt wurde. Der Angeklagte wurde im Weiteren wegen Beschimpfung verurteilt. Er hatte seinen Nachbarn als Psychopathen bezeichnet.
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