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Bier aus Brotteig und gesponserte Gipfeli: Bäckereien im Kanton Solothurn müssen im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung immer kreativer werden – während die Ansprüche der Kundschaft steigen.
Frau Meier geht am Donnerstag um 17.05 Uhr in die Bäckerei und kauft ein Brügeli. Jeden Donnerstag. Früher war das zumindest so. Heutzutage kommt Frau Meier vielleicht am Freitag und möchte ein Solothurnerbrot. Vielleicht kommt sie aber auch gar nicht.
So beschreibt Samuel Lanz, Geschäftsleiter des Cafés Knaus in Oensingen, das veränderte Verhalten der Kunden. Man müsse als Bäckereibetrieb heutzutage viel flexibler sein als noch vor zehn Jahren – «als man noch ziemlich genau wusste, was einem am nächsten Tag erwartet». Der Kunde sei anspruchsvoller geworden. Und unberechenbarer.
Ähnliches berichtet Andreas Schaad, Geschäftsleiter der Solothurner «Kaffeehalle». Auch dort macht sich der anspruchsvolle Kunde bemerkbar: «Viele Kunden kaufen ihr Brot fürs Nachtessen am liebsten nicht schon am Morgen, sondern am Abend frisch vom Bäcker.»
Nebst den Launen der Kunden sind die Bäckereien in der Region aber auch anderen Schwankungen ausgesetzt, die sich auf die Verkaufszahlen ihrer Ware auswirken. Und am Schluss auch darauf, ob und wie viel Ware übrig bleibt. Um nicht Unmengen noch essbarer Brötchen in den Abfallsack werfen zu müssen, sind die Bäckereien gezwungen, vorausplanen.
«Bei schlechtem Wetter ist die Stadt belebter, dann brauchen wir auch deutlich mehr Backwaren», so Schaad. In der «Kaffeehalle» wird deshalb je nach Nachfrage über den Tag hinweg nachgebacken.
Auch in Oensingen herrscht 20 Stunden-Betrieb in der Backstube. Laut Lanz werden die erwarteten Verkäufe jeweils am Vortag mithilfe eines Programms, Erfahrungswerten und Wettervorhersagen berechnet. Etwa während der jetzigen «Sommerhitze» sei die Nachfrage um bis zu 20 Prozent tiefer als sonst – also backe man auch weniger. So versuchen auch etwa das Grenchner «Back-Caffee» oder der Felber-Beck mit Solothurner Standorten in Gerlafingen, Deitingen und Olten den Überschuss nach Ladenschluss tief zu halten.
Trotz dieser Vorarbeit: Nicht verkaufte Ware bleibt regelmässig liegen. Die befragten Betriebe – wobei es sich lediglich um einzelne Beispiele des Bäckereigewerbes in der Region handelt – machen Angaben, die sich zwischen zwei und zehn Prozent bewegen. Der Anteil, der in der Mülltonne landet, soll deutlich kleiner sein:
Wegschmeissen, was in der eigenen Backstube produziert wurde, tut den Bäckerei-Betreibern weh: «Wir lieben Lebensmittel» heisst es bei den angefragten Betrieben. Gleichzeitig sagen sie auch, man könne es sich nicht leisten, Ware vom Vortag zu verkaufen. Als Betrieb müsse man den «Spagat» schaffen; das sei aber kein Problem, sondern eine Chance sich gegen Lebensmittelverschwendung einzusetzen, so der Tenor. Was sich schliesslich auch finanziell lohne.
Und ganz so anspruchsvoll ist man auch nicht überall: «Unsere Kunden wissen, dass wir uns gegen Lebensmittelverschwendung einsetzen und verstehen, wenn unsere Regale um 17 Uhr nicht mehr proppenvoll sind», heisst es etwa in Grenchen. Auch in Selzach halte sich die Anzahl Kunden in Grenzen, die am Abend noch eine riesige Auswahl erwarte, so Geschäftsleiter Dubach. Wohl auch, weil das Hauptgeschäft auf dem Lande sei. Wo vielleicht noch mehr Kunden wie Frau Meier regelmässig ihr Brügeli einkaufen gehen.
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